Gegen Diskriminierung und Gewalt
Das Programm „Experience: Dance!“ vereint junge Amateurtänzer aus Windhoek und Berlin
Eigentlich leisten wir keine sozialpädagogische Arbeit, sondern operieren mit Profis, sagt Oliver Schruoffeneger, Managing Director der in den Josetti Höfen angesiedelten p.art.ners berlin-windhoek gGmbH. Im Fall dieses Tanzprojekts sei das jedoch anders. Seit 2000 pflegt das Land Berlin eine Städtepartnerschaft mit dem namibischen Windhoek, rief dazu 2007 p.art.ners ins Leben, die den Kunstaustausch über alle Sparten hinweg organisieren. Grundfinanziert wird er von der Stiftung Klassenlotterie mit einer halben Million Euro, braucht jeweils zusätzlich Sponsoren. Das aktuelle Projekt „Experience: Dance!“ bringt zwei Gruppen aus dem zeitgenössischen Tanz zusammen, die in ihren Städten Anerkennung genießen. Elf Jahre schon lebt der Europäer Philippe Talavera in Namibia, möchte dort etwas mit aufbauen helfen. Bis 1990, so erzählt er, war das Land als Protektorat des angrenzenden Südafrika von dessen Apartheid-Gesetzen beherrscht. Zu 85 Prozent bewohnen es Farbige aus elf Ethnien. Integration ist daher eine zentrale Aufgabe.
Seit 2001 leitet Talavera in Windhoek ein Ensemble farbiger Jugendlicher zwischen 18 und 25, die meisten arbeitslos. Soziale Probleme stehen daher im Vordergrund, etwa der Appell gegen Diskriminierung und Gewalt. Gezeigt werden die Stücke in Spielstätten vom Nationaltheater bis zu Schulen, im Anschluss gibt es Gespräche mit den Zuschauern. Die Berliner Faster-Than-Light-Dance-Company existiert zwar bereits seit 1992, arbeitet jedoch ebenfalls mit Jugendlichen aller Couleurs in wechselnder Besetzung und hat seit der Gründung durch Volker Eisenach mit engagierten, anspruchsvollen Produktionen auf sich aufmerksam gemacht – über die Teilnahme an Royston Maldooms legendärem Projekt „Rhythm is it!“ hinaus.
Was Windhoek und Berlin verbindet: Beide erlebten zur selben Zeit den Kollaps des alten Systems, ob Apartheid oder DDR, beide sind Teil eines großen gesellschaftlichen Umbruchs und Aufbruchs. Jene Städtepartnerschaft macht jetzt die direkte Begegnung der zwei Gruppen möglich. Gemeinsam haben 26 Jugendliche zehn Tage lang Eisenachs halbstündige Choreografie „fallen“ einstudiert. Exzerpte aus Mozarts „Requiem“, musikalisch für alle eine neue Erfahrung, tragen mit ausdrucksstarken Bildern eine chorische Komposition um Bedrohung, Aggression, Leid. Sie endet mit einer so zärtlichen Versöhnung, wie man sie sich im Leben ebenfalls wünschte. Drei eigene Stücke von Talavera zeigt die Gruppe aus Namibia. So ist „Calypso“ ein Ausschnitt aus „Der namibische Odysseus“ und thematisiert AIDS: Bei seiner Heimkehr ist der Held infiziert. Soften Pop von Stars wie Dead Can Dance, Freddie Mercury, George Michael setzt der Choreograf ein, lässt in fantasievollen Kostümen namibischer Designer tanzen. Für 2009 ist ein nächstes Gemeinschaftsprojekt geplant, dann in Windhoek.
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