Faszinierende Bilder einer Weltkarriere

Ein Prachtfoliant porträtiert den Tänzer und Staatsballett-Intendanten Vladimir Malakhov

Berlin, 05/10/2009

Exakt 2,7 Kilo wiegt der Prachtband im Folioformat, 28 x 35,5 Zentimeter, und hat doch zum Thema eine Kunst, die so leicht scheint. Er porträtiert auf ungewöhnliche Weise einen Tänzer, der jenes Klischee von der Schwerelosigkeit des Balletts wie kaum ein zweiter bedient, ja perfektioniert hat: der als Jahrhunderttänzer gefeierte Vladimir Malakhov. Konterfeit wurde er dabei in dem gebürtigen Esslinger Dieter Blum, Jahrgang 1936, von einem der namhaftesten, vielfach prämierten Kunstfotografen unserer Zeit. In 18 Jahren der Zusammenarbeit, ob bei Vorstellungen in aller Welt oder bei Sitzungen in Blums Esslinger Studio, entstanden rund 100.000 Fotos, aus denen jene 150 erwählt wurden, die nun Eingang in die exklusive, über 260 Seiten zählende Ausgabe fanden. Wer wen mehr inspiriert hat, ist bei einem solchen Gemeinschaftswerk kaum mehr auszumachen, und deshalb heißt der Band salomonisch „vladimir malakhov dieter blum“. Einzig „malakhov“ erscheint in größeren Lettern über den gesamten Titel. „Ein Gigant, er ist Peter Pan, hat Mut auch für schräge Bilder“, schwärmt Blum. Er sei bei Beginn jung und bei den Aktfotos scheu gewesen, erinnert sich der Gelobte: Immerhin sei Blum sehr kritisch und spontan. In sechs Kapiteln zeichnet der auch farblich brillante, auf feinem Baumwollpapier in modernster Technik gedruckte Band die Lebensgeschichte eines Ausnahmetalents nach.

Dass sich dabei nicht Bild an Bild reiht, sondern die Stationen zu einer fotografischen Inszenierung verschmelzen, macht einen der Vorzüge dieser Edeledition aus. Zweiseitig als Loge in Béjarts „Ring um den Ring“ kann Malakhov gleich am Anfang und nochmals zu Ende des Bildteils Ausdruckskraft beweisen. Dazwischen folgen der kurzen Moskauer Periode, die seine Anfänge als Eleve aufzeigt, Fotos vom steilen Aufstieg: von Wien ab 1993 zum Star in New York, Tokio, Stuttgart bis zur Präsenz, Malakhovs Intendanz in Berlin. Blum flicht indes immer wieder Beispiele für so delikaten wie attraktiven Nackttanz ein, wenn der Körper in letzter Enthüllung Farbe bekennen muss, wie er’s mit Linie, Sprungkraft, Emotion hält. Gefolgt sind dem Tänzer und seinem Fotografen auf diesem Weg internationale Solisten, deren Leiber sich unter Blums lenkender Hand zu höchst expressiven Kompositionen ballen. Dass nicht das erotische Detail über die tänzerische Emphase siegt, ist Verdienst einer allzeit wachen, ebenso sprungbereiten Kamera. Wenn dabei auch Sequenzen der Serie „WeiberTodTeufel“ von 1997 einfließen, die den Apoll Malakhov in faunischem Taumel zeigen, und Garderobenszenen nach dem Auftritt nicht ausgespart bleiben, dann spannt sich selbst für einen Tänzer der Superlative jener Kosmos zwischen idealer Hingabe und schweißüberströmter Erschöpfung auf.

Den umfangreichsten Teil des Bands macht mit beinah 60 Seiten Malakhovs Ära beim Staatsballett Berlin aus, das ihm seit 2004 Instrument für seine künstlerischen Ambitionen geworden ist und offenkundig seine Courage zur hüllenfreien Expressivität teilt. In Rollengestaltung, Studioimprovisation, Interviewtext stellt sich die weibliche Étoile-Equipe vor, gedenkt man Béjarts „Ring“-Einstudierung. Diesem Abschnitt tänzerischer Dynamik schließen sich, reich bebildert auch dies, ein biografischer Teil und die Übersetzungen der durchgängig englischsprachigen Texte sowie der Grußworte von Blum, Klaus Geitel und Malakhov ins Deutsche, Französische, Spanische an, ganz wie es dem Weltbürger Malakhov gebührt.

„vladimir malakhov dieter blum“, h.f.ullmann publishing, Königswinter 2009, Hardcover in Leinen, 264 S., ca. 150 Fotos, 49,95€ 
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