Glamour und Großmut

Fabulöse Gala zum Saisonauftakt beim Staatsballett Berlin

Berlin, 26/09/2009

Mag der rote Teppich vor der Lindenoper zur Gala des Staatsballetts den Promis gegolten haben, gebührte er doch wahrhaft der Equipe um Intendant Vladimir Malakhov. Höchstes Niveau und erlesenen Geschmack bewies das zweieinhalbstündige Defilee. Dass von jedem Billett zehn Euro der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe zufließen, verbindet Glamour und Großmut. Den künstlerischen Rahmen bot der 100. Geburtstag der Ballets Russes, die zum Rettungsanker einer maladen Kunstsparte wurden. Die Reminiszenz „Les Sylphides“ leitete die Gala ein. Ludmilla Kovalova hat den nächtlichen Traum zu Walzern und Mazurken von Chopin formklar einstudiert, sensibel in den jugendstilbewegten Formationen, fein in den Soli. Was Nadja Saidakova an Lyrik, Polina Semionova an Sprungkultur einbringen, grundiert edel die Damengruppe, partnert Malakhov mit Noblesse. Steht Michail Fokin, dessen Original sich Kovalova annähert, am Anfang jener Reformen, so wurde George Balanchine, letzter Choreograf der Ballets Russes, ihr Vollender. Sein „Allegro brillante“ zu einem Satz aus Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 3 ist ein Funkelwerk der typisch Balanchineschen Fassungen. Wie frisch und sprühend sich die vier Paare das Werk „überzogen“, mit welchem Standard Shoko Nakamura als Solistin auftrumpfte, bescherte dem Abend einen fabulösen Ausklang.

Überzeugte die Gruppe nach der Pause mit der Polonaise aus Crankos „Onegin“, so stellten alle übrigen Beiträge, darunter drei Berliner Erstaufführungen, Solisten heraus. „Fanfare XL“ von Douglas Lee zu Filmmusik von Michael Nyman erwies sich als originell erfundener Feuerwirbel für das schlangenhafte Paar Elisa Carrillo Cabrera und, nie zuvor so präsent, Mikhail Kaniskin. Auch Raimondo Rebecks wirbelreiches „Not any more“ zum Gesang von Lhasa de Sela um den langen Weg zueinander ist nicht nur für Iana Salenko und Marian Walter ein Gewinn. Den Lacher des Abends steuerte Itzik Galilis skurriles Trio „The Sofa“ bei. Martin Buczkó, Soraya Bruno und ihr Double Michael Banzhaf laufen darin zu auch artistischer Hochform auf. Letzte Verfeinerung rang Uliana Lopatkina, Star aus Petersburg, mit unvergleichlicher Armkultur Fokins „Sterbendem Schwan“ ab.

All diesem Furor zeigten sich im zweiten Teil nur Beatrice Knop und Leonard Jakovina in einem Duett aus „Caravaggio“ sowie, ebenfalls von Kovalova einstudiert, ein Pas de deux aus Fokins „Scheherazade“ gewachsen, in dem sich Ibrahim Önal als Partner neben Lopatkina zu behaupten wusste. In Rolando d’Alesios weltweit erfolgreichem Duett „Come neve al sole“ konnte Polina Semionova nicht den Mangel an Bewegungswitz ihres Bruders Dmitry Semionov wettmachen; die gut inszenierte Uraufführung „Unsterbliche Geliebte“ zu einer Beethoven-Romanze litt unter der belanglos beliebigen Choreografie von Ron de Jesus: trotz Malakhovs makelloser Interpretation.

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