Wolfgang Amadeus Mozart: „Così fan tutte“

Choreografie einer Opernarchitektur

oe
Zürich, 04/07/2009

Mozarts „dramma giocoso“, viele Dutzend Male in der halben Welt gesehen, sowieso in heimischen Landen, in Wien und Salzburg, in Aix-en-Provence, Glyndebourne, Edinburgh und London, in New York, Chicago und San Francisco. Sonst noch wo gefällig? Doch nie zuvor wie jetzt an der Limmat – kaum je so vollkommen, so irdisch-überirdisch schön! Keine Ballettoper à la Spuck. Dafür lohnte es sich, 82 Jahre alt zu werden (oder wie morgen, wenn arte Pina Bauschs Pariser Version von „Orpheus und Erydike“ wiederholt).

Hier nun als Abschluss der Mozart-Daponte–Trilogie vom gleichen Team – Dirigent: Franz Welser-Möst, Regie Sven-Eric Bechtolf, Ausstattung: Rolf und Marianne Glittenberg, Chorleitung: Ernst Raffelsberger – eine junge, hauseigene Besetzung, in den sechs Solorollen, drei Debüts! Die Bühne – im Prolog noch ein strahlend weißes Naturalien-Kabinett, dann ein noch weißeres Palladio-Ambiente der nicht überschaubaren Gänge, mit einer hochgewachsenen Zeder wie ein Obelisk – ein Vexiergarten der Liebe. Darin führt Welser-Möst seine Orchestralen und die Sänger am Zügel der leisesten, nie so geheimnisvoll wispernd gehörten Piano-Töne – und Bechtolf die Solisten in einer unendlichen Variationsfolge der Symmetrien (muss man sich erst einmal vorstellen: Variationen der Symmetrien!) – eine Choreografie, die die Architektur des Stückes widerspiegelt. Eine Choreografie, die ohne Tanz auskommt – oder doch fast und jedenfalls ohne professionellen Tanz. Ein bisschen modernistisches Hüftengeschwinge. Eine Inszenierung, die ganz auf Scherzando gestimmt ist. Und mit einem finalen Coup endet – wenn Fiordiligi - absichtlich? aus Versehen? – einen Schluck aus der blaustichigen Arsen-Flasche nimmt und einen Moment lang wie tot daliegt. Eine choreografische Inszenierung, die wie ein Kardiogramm die Fieberkurve liebender Herzen nachzeichnet.

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