Deutscher Tanzpreis 2012 an Ivan Liška

Tanzpreis „Zukunft“ an Gözde Özgür

Essen, 02/11/2011

Der Deutsche Tanzpreis 2012 wird am 4. Februar 2012 an Ivan Liška, den Direktor des Bayerischen Staatsballetts verliehen. Den Tanzpreis „Zukunft“ erhält die Tänzerin Gözde Özgür vom Bayerischen Staatsballett.
Ivan Liška wurde am 8. November 1950 in Prag geboren und erhielt seine Ausbildung am Konservatorium in Prag. Nach dem Abschluss im Jahr 1969 emigrierte er in die Bundesrepublik Deutschland, wo er beim Ballett der Deutschen Oper am Rhein unter Erich Walter in Düsseldorf sein erstes Engagement erhielt. 1974 ging er als Demi-Solist zum Ballett der Bayerischen Staatsoper, ehe er 1977 als Erster Solist zum Hamburger Ballett unter John Neumeier wechselte. Hier wirkte er zwanzig Jahre lang als einer der maßgeblichen Interpreten des Ensembles. Die Zahl der von ihm getanzten Hauptpartien, darunter viele für Ivan Liška kreierte Rollen, ist kaum zu überblicken und sichert ihm einen bedeutsamen Platz in der Ballettgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Gastspiele, u. a. als Onegin mit Natalia Makarova, führten ihn in viele Ballettmetropolen der Welt. In der Verfilmung von Neumeiers »Die Kameliendame« tanzte er an der Seite von Marcia Haydée den Armand.
Seit Beginn der Spielzeit 1998/99 ist Ivan Liška Direktor des Bayerischen Staatsballetts. Sein Vertrag wurde in den Folgejahren immer wieder verlängert. 2009 konnte das Ensemble unter Ivan Liška das zwanzigjährige Jubiläum seiner institutionellen Eigenständigkeit neben – und nicht länger unter der Leitung – der Staatsoper feiern. Einen sensationellen Aspekt erhielt diese Spielzeit durch die Uraufführung des abendfüllenden Balletts »Zugvögel« von Jiří Kylián. Ivan Liška, bei sorgsamer Bewahrung und strukturierter Präsentation des hochrangigen choreografischen Erbes der Compagnie, präsentierte zahlreiche für das Bayerische Staatsballett neue Choreografen, die er in konzeptionell durchdachten Zusammenhängen vorstellt. Darunter Jerome Robbins, William Forsythe, Saburo Teshigawara, Martin Schläpfer, José Limon, Jean Grand-Maître, Amir Hosseinpour, Itzik Galili, Jacopo Godani, Simone Sandroni, Terence Kohler, Jörg Mannes und Nacho Duato. Als Choreograf bleibt Liška, der während seiner Tänzerkarriere bei vielen Ballett-Werkstätten des Hamburg Ballett und 1997 in Brno (»Der Streit«) sparsam hervorgetreten war, weiter sehr zurückhaltend. Bedeutsam sind seine für das Bayerische Staatsballett entwickelten Klassiker-Produktionen »Dornröschen« (2003) und »Le Corsaire« (2007). Hier demonstrierte er den für das Bayerische Staatsballett charakteristischen, historisch reflektierten Umgang mit der choreografischen Überlieferung bei gleichzeitiger Anpassung der Werke an das Zeitgefühl eines heutigen Publikums.
Unter Liškas Leitung erfolgte eine Ausweitung der Tourneen des Bayerischen Staatsballetts, nicht zuletzt in der Funktion als hochrangiger Botschafter Bayerns und der Bundesrepublik Deutschland. So tanzte die Kompanie unter anderem im Mariinsky-Theater St. Petersburg, in Madrid, Budapest, Athen, Venedig, Prag, Indien, Taiwan, Kanada und China. Zentral ist für Liška auch die Arbeit mit Jugendlichen. Das Education-Program des Bayerischen Staatsballetts hatte für ganz Deutschland Pilotfunktion in seinem Insistieren auf einen künstlerischen, nicht didaktischen Zugang zum Tanz.
Ivan Liška ist stellvertretender Sprecher der BBTK (Bundesdeutsche Ballett- und Tanztheaterdirektoren Konferenz) und seit 2005 Mitglied des künstlerischen Rates des Nationaltheaters in Prag. Im Frühjahr 2007 wurde er vom Staatsministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten mit der »Medaille für besondere Verdienste um Bayern in einem Vereinten Europa« ausgezeichnet. Im Herbst 2008 würdigte ihn das Chinesische Kulturministerium mit dem »Preis für herausragende Verdienste um den internationalen kulturellen Austausch«. Und 2009 erhielt er von Ministerpräsident Horst Seehofer den »Bayerischen Verdienstorden«. In Kooperation mit Konstanze Vernon, Leiterin der Heinz-Bosl-Stiftung, und Jan Broeckx, Direktor der Ballettakademie der Hochschule für Musik und Theater München, gründete Ivan Liška im Herbst 2010 das Bayerische Staatsballett 2 – Junior Company. Ivan Liška ist verheiratet mit Colleen Scott, die als Tänzerin neben ihm an allen Stationen seiner Karriere beteiligt war und seit Beginn seiner Münchener Direktion als Ballettmeisterin beim Bayerischen Staatsballett arbeitet. Das Paar hat zwei heute erwachsene Söhne. Gözde Özgür wurde in Ankara/Türkei geboren und erhielt ihre Grundausbildung am Staatlichen Konservatorium Ankara. Mit 15 Jahren wechselte sie an die Ballettakademie Zürich unter Steffi Scherzer und Oliver Matz, wo sie 2008 ihre Diplomprüfung ablegte. Mit der Spielzeit 2008/09 begann sie als Gruppentänzerin beim Bayerischen Staatsballett. Erste solistische Aufgaben erhielt sie in Jiří Kyliáns Münchener Kreation »Zugvögel« (April 2009). Bereits in ihrer zweiten Spielzeit beim Bayerischen Staatsballett tanzte sie, ausgewählt von Mats Ek, die Titelpartie in dessen »Giselle« sowie an weiteren Solorollen eines der Mädchen in Grau in Bronislawa Nijinskas »Les Biches« und das Cello in »Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere« von Nacho Duato.
Es folgte 2010/11 der Amor in »Don Quijote« und zu Beginn der Spielzeit 2011/12 im selben Ballett eine der beiden Freundinnen von Kitri. Mit der laufenden Spielzeit 2011/12 wurde sie zur Demi-Solistin ernannt. Ihre Interpretation von Mats Eks »Giselle« brachte Gözde Özgür internationale Beachtung. So erreichte sie in der Kritikerumfrage (»The Top One Hundred Dancers«) der Zeitschrift Dance Europe (London, Oktober 2011) bereits Rang 17. Und im November 2011 erhielt sie nicht zuletzt aufgrund dieser Interpretation einen der Bayerischen Kunstförderpreise in der Kategorie Tanz. Die Gala zur Verleihung des Deutschen Tanzpreises findet am Samstag, 4. Februar 2012 im Aalto-Theater Essen statt. Das Bayerische Staatsballett München zeigt u.a. »Der Traum des Don Quijote« – Hommage an Marius Petipa (Petipa/Barra/Tradition), »The Old Man and Me« (Hans van Manen), »PS Norbert Graf. Schütze, Ascendent Skorpion« (Simone Sandroni), »Abendliche Tänze« (Jiří Kylián) sowie Ausschnitte aus Choreografien von Nacho Duato, Mats Ek, John Neumeier und John Cranko. Die Laudatio auf Ivan Liška hält Hortensia Völckers, Vorstand und Künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes. Die Laudatio auf Gözde Özgür hält der Schriftsteller Wolf Wondratschek. www.dbft.de

 

 

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