Zwei Auszeichnungen für Gonzalo Galguera
Der Magdeburger Ballettdirektor und Chefchoreograf wird in Italien gleich zweimal geehrt
Mit dem dreiteiligen Ballettabend „Tanzbegegnungen I“ startete Ballettdirektor Gonzalo Galguera mit seiner neu formierten Ballettkompanie
„Tanzbegegnungen“ ist für die Ballettabende auf der Bühne des Magdeburger Schauspielhauses mehr als programmatisch. Ballettdirektor Gonzalo Galguera will seine Kompanie mit unterschiedlichen Sichtweisen auf Tanz in Berührung bringen. Dies ist nicht allein eine Bereicherung und eine Herausforderung für die Tänzer sondern auch für das Publikum. Wenn es sich dazu noch um Tanzschöpfungen handelt, die wie im Fall von Robert North`s „Troy Game“ international getanzt werden, hat das Ganze einen besonderen Reiz.
„Tanzbegegnungen“ ist aber auch die Begegnung zweier Choreografengenerationen und zeigt, wie sich die Auffassungen vom Tanz verändern. Robert North`s „Troy Game“ ist fast 40 Jahre alt. Ein zweites, an diesem Abend aufgeführtes Ballett „Tempus Fugit“ mit Musik von Antonio Vivaldi entstand vor fünf Jahren. Die Choreografie „Instante“ zu Beginn des Abends aus dem Jahre 2002 ist eine der erfolgreichen Choreografien von Gonzalo Galguera, die mit dem DessauBallett 2002 uraufgeführt wurde und im In- und Ausland Anerkennung fand. Die thematische „Klammer“ für den ersten Teil mit „Instante“ und „Tempus Fugit“ war ein Zitat von Mata Hari: „Der Tanz ist ein Gedicht, bei dem jede einzelne Bewegung ein Wort ist.“
In „Instante“ durchleben zwei Paare (Veronika Zemlyakova/Jake Burden, Anastasia Gavrilenko/Filipe Frederico) im Dialog mit Gonzalo Galguera Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie tanzen im Wechsel solistisch und als Paarformation in zueinander spiegelbildlichen Posen. Dabei gelingt den Tänzern eine bemerkenswerte Synchronität der schwierigen Bewegungen mit Verschraubungen der Körper, Kombinationen von Drehungen, Lifts und weiten Sprüngen. Als Metapher für die Endlichkeit des Lebens und die Vergänglichkeit der Zeit stehen drei plastisch verformbare Quadrate in wechselnden Leuchtfarben, die die Silhouetten der Tänzer abzeichnen und am Ende den „einsamen“ Tänzer aufsaugen. Im Vergleich zur Uraufführung mit den Solisten des DessauBalletts bringen die Magdeburger Tänzer viel Eigenes ein und formen dabei ausdrucksstarke Bilder, die beim Publikum nicht ohne Wirkung blieben.
Zu Beifallstürmen steigerte sich die Zustimmung des Publikums beim Tanzfurioso der fünf Paare, die in unglaublichen Tempiwechseln zwischen rasanten Schritt- und Sprungfolgen und den langsamen, fast schon elegischen solistischen Einlagen der einzelnen Paare in „Tempus Fugit“ von Robert North nach Musik von Antonio Vivaldi über die Bühne wirbeln. Dieser Wechsel der Tempi steht für „Tempus Fugit“ („Die Zeit vergeht“). Dabei übersetzt North die mitreißende Musik Vivaldis und ihre musikalischen Parameter kongenial in Bewegungsrhythmen. Die zehn Tänzerinnen und Tänzer präsentieren sich in Bestform voller Tanzlust und Lebensfreude. Aus dem hinreißend agierenden Ensemble sind besonders Kirill Safronow und Andreas Loos mit ihrer kraftvoll-männlichen Eleganz und technischer Bravour sowie Leah Allen und Tatiana Duarte de Sousa mit ihrer tänzerischen Anmut und brillanten Technik herauszustellen.
Dann „Troy Game“ zum Finale: mit dieser Choreografie gelang Robert North 1974 als Choreograf der internationale Durchbruch. Seither gilt dieses „Männerballett“ als eine besondere Herausforderung an junge Tänzer, ist im Repertoire vieler renommierter Ballettensembles. Inspiriert durch fernöstliche Kampfkunst ist dieses Ballett eine spannungsvolle Mischung aus kraftvollem, athletischem, fast schon akrobatischem Tanz und komödiantischen Aktionen „verspielter Jungs“, die alle einmal ein Macho sein möchten. In den von Peter Farmer entworfenen Kostümen, die eine Mischung zwischen klassisch griechischer, orientalischer und fernöstlicher Kampflust und moderner Athletik sind, erlebt man ein tänzerisches Feuerwerk der Extraklasse von Jake Burden, Pavel Kuzmin, Per Kreuzenberger, Andreas Loos, Nicola Miritello, Daniel Ojeda, Kirill Safronov und Viacheslav Tyutyukin.
Es sind alles andere als „Kampf- oder Kriegsspiele mit Musik“. Die Anleihen aus den Kampftechniken „Kung-Fu“ und „Aikido“ oder „Tai-chi“ werden mit Trommelrhythmen, Sambaklängen und brasilianischen Batucada-Melodien zu einer mitreißenden Tanzperformance, die in der Musikalität der Bewegung an das brasilianische „Capoeira“ erinnert und doch Tanz in seiner wunderschönen kraftvoll-eleganten Ästhetik bleibt. Phänomenal sind die akrobatischen Einlagen aller Tänzer und nach den anfänglichen „Soldatenritualen“ das komödiantische Talent. Nacheinander stellen die Tänzer ihren ganz eigen „Machismus“ heraus. Sie balzen miteinander, sind ausgelassen und auf eine ganz sympathische Art und Weise auch aggressiv. In der Einstudierung von Rossella Capriolo, der langjährigen Assistentin von Robert North gelingen den „Tanzgladiatoren“ wunderschöne Bilder, die das Publikum zu nicht enden wollenden Ovationen animieren. Für die Magdeburger Kompanie zweifelsohne eine „Tanzbegegnung“ der besonderen Art.
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