Frank Anderson beim Proben von "La Sylphide" mit dem Ballett der Königlichen Oper Stockholm
Frank Anderson beim Proben von "La Sylphide" mit dem Ballett der Königlichen Oper Stockholm

Von Sylphiden und Gespenstern

Reisesplitter. Wieder Stockholm, Ende Mai

Stockholm, 08/06/2012

Fast ein Jahr auf den Tag genau, dass ich mich das letzte Mal aus Stockholm gemeldet habe. Nun also wieder Stockholm. Diesmal lockte mich unter anderem das Ballett der Königlichen Oper dorthin, wobei ich leider nicht in den Genuss von „Theme and Variations“ (Balanchine) kam, das gemeinsam mit Bournonvilles „La Sylphide“ auf dem Spielplan hätte stehen sollen. Aus Probenzeitmangel wurde es gekippt. Ich musste mich also mit „La Sylphide“, als Abendfüller zufrieden geben. Das Publikum saß schon vollzählig auf seinen Plätzen, da trat der Ballettchef (Johannes Öhman) vor den Vorhang um mitzuteilen, dass sich die Sylphide (Marie Linqvist) gerade einen Muskelfaserriss zugezogen habe, dass man aber schon nach der Zweitbesetzung (Nadja Sellrup) gefahndet hätte, die sich nun erst für den Auftritt schminken und vorbereiten müsse. So hatten wir alle noch eine Stunde um bei strahlendem Sonnenschein die Wartezeit zu überbrücken.

Frank Anderson hatte die Einstudierung (es handelte sich um eine Reprise) übernommen. Und wieder einmal schloss sich ein Lebenszyklus für mich: 1968 stand ich noch selbst (damals in einer Erik-Bruhn-Inszenierung) in diesem Bournonville-Klassiker auf der Bühne. Jetzt, nach 44 Jahren bin ich dort um „La Sylphide“ zu fotografieren.

Allerdings kann ich meine Enttäuschung nicht verhehlen. Die Inszenierung hatte so gar nichts von der romantischen Magie, die es braucht, um das Herz zu rühren. Die Sylphiden im zweiten Akt strahlten ins Publikum als seien sie Tiller-Girls. Die Solopartien waren nur mäßig besetzt. Natürlich leide ich unter dem Fluch der frühen Geburt. Wenn man Carla Fracci und Erik Bruhn in diesen Rollen hat tanzen sehen, dann liegt die Latte für alle anderen fast unerreichbar hoch.

Wer sich mal wieder die Bournonville’sche Version der „La Sylphide“ in's Gedächtnis rufen möchte: voilà! Wie alle Opernhäuser die am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, so orientiert sich auch die Stockholmer Oper an der Architektur der Opéra Garnier in Paris. Nur alles etwas kleiner. Das Goldfoyer erinnert ja fast an den Spiegelsaal in Versailles ( im Bonsaiformat).

Entschädigt wurde ich dann durch ein anderes Theatererlebnis: „Die Gespenstersonate“ („Spöksonaten“ /A.Strindberg) auf der kleinen Bühne des Dramatischen Theaters. Kein geringerer als Mats Ek (der ja vor seiner Karriere als Choreograf das Regiefach am „Dramaten“ gelernt hatte) zeichnete für die Inszenierung verantwortlich. Mats arbeitet ja gerne mit den „üblichen Verdächtigen“ und so waren auch diesmal wieder Anna Laguna, sein Bruder Niklas Ek, seine Schwester Malin Ek und Ivan Auzely mit von der Partie. Die zentrale Figur des Direktors Hummel spielte die wunderbare Stina Ekblad. Dadurch, dass Mats Ek die meisten Rollen durch das jeweils andere Geschlecht hat spielen lassen, erzielte diese Interpretation eine Schärfe, die ohne diesen Trick wohl nicht so funktioniert hätte. Die Charaktere waren von den Maskenbildnern derart verfremdet worden, dass man es schwer hatte die bekannten Gesichter zuzuordnen. Der Theaterabend war gespickt mit Ek’schen Bewegungskuriositäten wie nur er sie erfinden kann. Leider konnte ich keine Fotos machen, da es eine normale Vorstellung war.

Ansonsten findet man „Tanz-/Theaterrelevantes“ ja immer im Stockholmer Dansmuseet. Diesmal eine wunderbar inszenierte Ausstellung des Kostümbildners Charles Koroly.

Durch die sonnige Stadt schlendernd, fiel mir noch dieses ungewöhnliche Schwanensee Plakat auf. In der nächsten Saison wird Mats Ek „Romeo und Julia“ für das Ballett der Königlichen Oper choreografieren. Soviel weiß ich schon: er wird nicht den Prokofiev als Grundlage nehmen. Bin sehr gespannt. Spätestens dann flieg ich mal wieder nach Stockholm.

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