Langsam kehrt gerade Normalität in unseren Alltag zurück – auch wenn die Pandemie noch immer nicht vorbei ist. Über zwei Jahre sind seit dem ersten Lockdown vergangen. Zwei Jahre seit den ersten On-Off-Schließungen von Theatern. Seit zwei Jahren passen wir uns an, verändern uns, erfinden uns und unseren Ausdruck neu. Dabei hat die Zeit des Lockdowns zahlreiche neue digitale Formate zum Entstehen gebracht: Live-Streamings, Streaming-Videos, digitale Festivals, Formate zwischen Streaming und Gaming, Watch Partys und partizipative Formate. Und neue Produktionsformen haben sich ergeben: bevor ein Stück vor analogem Publikum gezeigt wird, hat es teilweise bereits im digitalen Raum Premiere gefeiert. Nicht zu vergessen auch die vielen Formate im Freien, die sich den öffentlichen Raum als Bühne angeeignet haben.
Unser kulturelles Leben ist also nicht komplett zum Stillstand gekommen – auch dank der zahlreichen Förderprogramme der Deutschen Bundesregierung. Doch unser kulturelles Leben hat sich verändert. Für zahlreiche Kulturschaffende war und ist das Leben in der Pandemie herausfordernd, für Tanzschaffende, die häufig auf körperlichen Kontakt angewiesen sind, war und ist es besonders anspruchsvoll, Wege durch die Krise zu finden. Dank der Kreativität der Künstler*innen zeichnen sich bereits spannende neue Ansätze ab. In der Politik wird über das Ende der pandemischen Situation diskutiert. Es ist Zeit, auch im Tanz auf die Zeit nach der Pandemie zu blicken.
Zwei Jahre im Leben einer*s Tänzer*in sind in der kurzen Karriere sehr viel Zeit. Tänzer*innen sind häufig Nomad*innen und treten in ganz Europa oder in der ganzen Welt auf. All das ist mit der Pandemie nicht mehr in der Form wie früher möglich. Doch auch wenn sich die Welt seit fast zwei Jahren im dauerhaften Ausnahmezustand befindet, so weist die Pandemie auch über sich hinaus und wirft vor allem Fragen auf: Welche Art von Gesellschaft lässt das Coronavirus zurück? Welche Trends bleiben und welche gehen wieder? Die Zukunfts- und Trendforschung beobachtet, dass die Frage: „In welcher Gesellschaft wollen wir leben, wie soll unsere Gesellschaft aussehen?“ zu den zentralen Fragen unserer Zeit zählen. Vor allem die bereits bestehenden Megatrends Digitalisierung, Klima und Gesundheit wurden durch Corona geprägt. Studien beobachten außerdem, dass die Menschen vermehrt das Bedürfnis nach Wandel und Veränderung verspüren. Von einer neuen Lust auf Veränderung und einen Neustart nach Corona wird geschrieben.
In unserer Gesprächsreihe „Tanz im Wandel“ berichten wichtige Tanzschaffende in Deutschland über ihre Arbeits- und Lebenserfahrungen während der Pandemie: der Ballettstar Friedemann Vogel u.a. über seine erste eigene Choreografie, die er in der Zeit des Lockdowns erarbeitete, die Choreograf*innen Sasha Waltz und Richard Siegal über ihre erfolgreichen digitalen und Open-Air-Produktionen. Jenny Coogan, Leiterin der der Palucca Hochschule für Tanz in Dresden, reflektiert über die Situation in der Pandemie von Tänzer*innen in der Ausbildung, Anika Bendel und Laura Cristea von Dancersconnect über die von Tänzer*innen im Beruf. Die Münchner Initiativen TanzQuelle und Bad Lemons Project stellen ihre Entwürfe zur Stärkung der Gemeinschaft von Tänzer*innen und Choreograf*innen vor, die Ballettfreunde Hagen ihren gemeinnützigen Verein, der als Bindeglied zwischen Tänzer*innen, Theater und Publikum fungiert. Bettina Wagner Bergelt, Intendantin des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, und Michael Freundt, Geschäftsführer des Dachverband Tanz, setzen den Fokus auf die politischen Implikationen der Pandemie für die Tanzszene sowie deren Förderstruktur. Alle reflektieren sie über den immensen Wandel, der sich in der Tanzszene vollzogen hat und werfen den Blick auf notwendige Entwicklungen in der Zukunft.
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