„New Creation“ von Bruno Beltrão

NEW CREATION

Bruno Beltrão setzt ein politisches Statement bei der Sommerszene Salzburg 2023

Mit seiner Performance „New Creation“ thematisiert der brasilianische Choreograf Bruno Beltrão die Bedrohlichkeit der Auswirkungen des Bolsonaro-Regimes auf die Kultur und Gesellschaft Brasiliens.

Salzburg, 25/06/2023

 

 

Von Emily Sturm

Es wirkt wie ein Aufstand gegen sich selbst und gegen die anderen. Ein Ausbruch aus einer systematisierten Bewegungsfolge, welche von Wut, Verzweiflung und Niedergeschlagenheit angeleitet wird.

Immer wieder strecken sich die Beine und Füße der Tänzer*innen senkrecht zum Himmel, während ihre Rücken in Kontakt mit dem Boden sind. Immer wieder fallen diese kerzenartigen Figuren in sich zusammen, wirbeln um die eigene Achse, dicht am Boden und bäumen sich wieder auf. Ausschließlich der Boden wird in diesem Moment durch warmes Licht punktuell vom Rande des Aufführungsraums beleuchtet. Die atmosphärische Spannung ist deutlich spürbar und das Publikum stellt sich die Frage wie oft sie es wohl noch schaffen sich aufzubäumen.

Im nächsten Moment stürmen mehrere Tänzer*innen im Laufschritt über die Bühne, jede/r im eigenen Rhythmus. Sie zucken mit den Gliedmaßen, bewegen sich hektisch von einander weg oder auf einander zu, finden Kontakt und beeinflussen, fast schon manipulativ die Bewegungen ihrer Mittänzer*innen. Die grenzenlose Virtuosität der Bewegungen wie Ducken, Anspannen, Fallenlassen, Rennen, Stoppen, Innehalten, sorgen für Dynamik auf der Bühne. Die aus dem Urban Dance stammenden Bewegungen sind eckig und kantig. Immer wieder erhöht sich die Geschwindigkeit der Bewegungsabfolgen, sie werden hektischer, dynamischer und energiegeladener. Ein Laufen wird zu einem Rennen, ein Aufsetzen des Fußes zu einem Stampfen, wie ein Aufstand gegen sich selbst und gegen die anderen. Jede/r für sich und alle gleichzeitig agieren die Tänzer*innen der Performance gemeinsam auf der Bühne. Durcheinander und dennoch kontrolliert sausen sie aneinander vorbei, treten in Kontakt, verändern die Bewegungen ihres Gegenübers und entfernen sich wieder. Sowohl das gegenseitige körperliche Angreifen, als auch die dazugehörige Klangkulisse bestehend aus synthetisierten Sounds, Becken-Percussions bis hin zu einem Sirenenheulen, vermitteln eine bedrohliche, dramatische Atmosphäre. Die wirbelnden Trommelschläge synchronisieren sich teilweise sogar mit der Belichtung und erschaffen ein ehrfürchtiges Blitzgewitter.

Mit seiner Performance „New Creation“ thematisiert der brasilianische Choreograf Bruno Beltrão die Bedrohlichkeit der Auswirkungen des Bolsonaro-Regimes auf die Kultur und Gesellschaft Brasiliens. Gesellschaftliche Spaltung, Manipulation und (persönlicher) Kampf sind hierfür nur einige wenige Schlagworte. Zusammen mit seiner „Grupo de Rua“ schafft Beltrão es sowohl die Angst politischer Einwirkungen auf jeden Einzelnen, als auch die damit verbundene Unterdrückung, Wut oder aber Gemeinschaft auf der Bühne zu reflektieren. Das berührt stark, wirkt nachhaltig und lässt über entsprechend politisch-gesellschaftliche Umstände reflektieren. Mit Applaus und Jubelrufen kommuniziert das Publikum seine nachdrückliche Ergriffenheit zur Performance von Beltrão.    

Dieser Text entstand im Rahmen einer Kooperation mit Studierenden der Paris Lodron Universität in Salzburg und der Sommerszene Salzburg unter der Leitung von Nina Hümpel.

 

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