Welch wunderbar gealtertes Gesicht. Ein Schelm. Als ich damals von der Stockholmer Oper zum Cullbergbaletten wechselte, hatte man dort noch Merce's „Summerspace“ im Repertoire. Leider kam die geplante Reprise nie auf die Bühne und so entging mir vielleicht das Eureka- Erlebnis beim Tanzen eines Original-Cunningham. „Summerspace“ war ja noch relativ nah am klassischen Schrittekanon. Ich müsste lügen, wenn ich behauptete sein Genie verstanden zu haben. Mir ist das zu steif, zu ausgedacht. Aber ich versuche weiterhin seine Ästhetik zu entschlüsseln. In der letzten Saison führte das Ballett am Rhein einen Cunningham auf (Pond way) und in dieser Saison gibt's wieder einen („Scenario“). Ich bleibe dran.
KAI TAKAI
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Es war im Jahr 1975, als ich gerade den Tanzschuh an den Nagel gehängt hatte, aber immer noch Kontakt mit meinen ehemaligen Kollegen beim NDT pflegte, dass ich Kai Takei bei einer Probe in Den Haag fotografierte. Danach bin ich ihr nie wieder begegnet. Eben wollte ich meine aufkeimende Neugier durch eine Anfrage ans www befriedigen, musste aber feststellen, dass so gut wie nichts über sie zu finden ist.
JOEL SCHNEE
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Joel Schnee kenne ich seit meiner Zeit in Stockholm, also seit 1967. Er war zu dieser Zeit freischaffender Choreograf und hat damals viel fürs schwedische Fernsehen gemacht. Wir Tänzer waren immer froh, wenn er uns für die eine oder andere „Mucke“ eingesetzt hat. Später übernahm er das Ballett in Sankt Gallen, danach Kassel und zuletzt war er ein paar Jahre Ballettchef in Osnabrück. Heute lebt Joel Schnee in Berlin. Uns verbindet noch immer eine enge Freundschaft.
HEINZ SPOERLI
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Das Porträt entstand in meinem damaligen Kölner Atelier, zu einer Zeit (1983) als die Basler Kompanie gerade Spoerlis „Pulcinella“ für den WDR aufnahm. Ich war sehr bemüht seine offensichtliche Korpulenz optisch abzumildern. Deshalb die Idee mit dem Vorhang.
GLEN TELTLEY
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Seit meiner Tänzerzeit mit dem NDT war ich mit Glen bekannt. Sein „Arena“ habe ich zu tanzen geliebt, auch sein „Mythical Hunters“, das noch sehr vom Martha Graham beeinflusst war. Später, als ich schon längst Fotograf war, begegneten wir uns immer mal wieder. Er arbeitet für Heidrun Schwaarz in Essen und gastierte mit dem Ballet Rambert in Schwetzingen („The Tempest“). Dieses Schnappschuss-Porträt habe ich in Kopenhagen gemacht, als er dort seine Version des „Feuervogel“ einstudierte. Zuletzt traf ich ihn in Stuttgart. Da war er schon von seiner Krankheit gezeichnet. Als ich ihm da sagte, dass man mich nicht fotografieren lassen wolle, (von ihm stand der „Sacre“ auf dem Programm) rief er aus: „that's wrong!, that's wrong!“
ANTOINE JULLY
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Noch ist Antoine Jully Tänzer bei Martin Schläpfer, der dessen choreografische Ambitionen sehr gefördert hat. Mit dem Ergebnis, dass Jully ab kommender Spielzeit 2014/15 die Leitung der Tanztruppe des Oldenburgischen Tanztheaters übernehmen wird. Ich wünsche ihm eine glückliche Hand als Direktor und Fortüne als Choreograf.
PINA BAUSCH
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Seit 1975, seit Pina Bauschs legendärem SACRE (der damals ja noch bescheiden „Das Frühlingsopfer“ hieß), habe ich alle Produktionen danach in Urbesetzung fotografiert.
Ihr Tod bedeutete für mich und meine Tanzfotografie eine gewaltige Zäsur. Seitdem bin ich nicht mehr in Wuppertal gewesen. Zu untrennbar scheinen mir ihre Stücke mit ihrer charismatischen Präsenz verbunden. Damit will ich den Tänzern nicht unrecht tun, die ihre Parts sicherlich genau so großartig tanzen wie eh und je, ...und dennoch... ich habe Angst davor, Pinas Abwesenheit zu schmerzlich zu empfinden. Dieses Porträt von ihr, das ich für diese Galerie ausgewählt habe, ist mir von allen das liebste. Selbst Pina hat’s gemocht: Nach mehr als 10 Jahren bestellte sie plötzlich ein paar Kopien davon. Auch bei Genies braucht der Groschen manchmal etwas länger bis er fällt ;-) Besuchen sie auch gerne meine spezielle Pina Bausch Galerie.
MATS EK
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Das Porträt ist aus dem Jahr 2007, aufgenommen im Café des Stockholmer Tanzmuseum am Gustav Adolfs Torg. Ich weiß nicht mehr worüber wir uns unterhielten, aber nach Mats' Stirnfalten zu urteilen muss es gerade ein sehr ernstes Thema gewesen sein. Sechs Jahre später lud er mich ein, seine „Julia&Romeo“ an der Königlichen Oper zu fotografieren. Ein wahres Fest für meine Kameras!
MARCO CANTALUPO, KATARZYNA GDANIEC
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Marco Cantalupo und Katarzyna Gdaniec sind meine Lausanne-Connection. Die beiden sind Béjart Renegaten und Gründer der Compagnie LINGA, für die sie im Doppelpack schon 20 Jahre choreografieren. Sie residieren im Théâtre Octogone in Pully, einem beschaulichen Vorort von Lausanne am Genfer See gelegen. Ich finde, dass die Arbeit der beiden (gerade bei uns in Deutschland) stark unterschätzt wird. Sie sind so viel besser als das, was uns aus Belgien und Frankreich rüberschwappt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden...
MAURO BIGONZETTI
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Dieses Snap-Shot-Porträt entstand in Hannover, wo Bigonzetti für die Kompanie von Jörg Mannes „La Piaf“ kreierte. Ich war angenehm überrascht von seiner absoluten Professionalität, seinem dramaturgischen Gespür und nicht zuletzt von seinem entspannten Umgangston.
LIN HWAI MIN
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Lin Hwai Min ist eine Klasse für sich. Ihm gelang es, wie keinem anderen, das Asiatische mit dem Amerikanisch-Europäischen im Tanz zu vermählen. Da prallen zarte Poesie und ungebändigte Kung Fu Kraft aufeinander und amalgamieren sich zu einer explosiven Mischung die euphorisierend wirken kann. Es ist kaum vorstellbar, dass europäische Tänzer Hwai Mins Choreografien nachtanzen könnten. Jedenfalls nicht ohne die Essenz, die asiatische Seele der Stücke, einzubüßen.
GEORGE BALANCHINE
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
George Balanchine, der Göttliche. Einmal habe ich ihn gesehen, das muss 1965 gewesen sein, in Berlin, in der Deutschen Oper, von einem Fenster aus, als er das Gelände in einen Trenchcoat gekleidet, verließ. Damals war er auf Gastspieltour mit den Hamburgern, die ziemlich viele seiner Stücke im Repertoire hatten. Ich hatte (damals als Balletteleve) natürlich viel über ihn und seine Arbeit gelesen, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich sein Genie damals noch nicht kapiert. Das setzte erst nach und nach ein. Mit jedem Sehen seiner Ballette begriff ich mehr. Nun bin ich froh so nah an Düsseldorf zu sein, wo Martin Schläpfer zu meinem Entzücken immer mal wieder einen Balanchine ins Repertoire seiner „Ballett am Rhein“-Kompanie aufnimmt. Gerade hatte das selten aufgeführte „Episodes“ Premiere. Sein Porträt habe ich vom Fernseher abfotografiert. Ich konnte nicht widerstehen. Er muss einfach bei „Meinen“ Choreografen dabei sein, als Primus Inter Pares.
TATJANA GSOVSKY
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Damals war ich noch zu schüchtern um meine Lehrerin von einst um einen richtigen Porträttermin zu bitten. Also versuchte ich es auf Abstand während der Proben zu „Tutuguri“, 1982. Zu der Zeit war sie mit den Eleven ihrer Ballettschule an der Moses Pendleton Produktion (Musik Wolfgang Rihm) beteiligt. Tatjana hat es mir wohl nie verziehen, dass ich nach meiner Ausbildung mein Heil im Ausland suchte statt in Berlin in ihrem Einflussbereich zu bleiben. Sie konnte solche Dinge sehr persönlich nehmen. Mein Verhältnis zu ihr war eher von diffuser Furcht als von Respekt geprägt. Sie hatte etwas „Sphinxisches“ an sich.
WILLIAM FORSYTHE
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Ich hatte noch das große Glück einige Jahre lang der offizielle Produktionsfotograf während Billy's großer Frankfurter Zeit in den 80er Jahren zu sein. Damals, als er diese unglaublichen Abendfüller raushaute: „Gänge“, „Impressing the Czar“, „LDC“, „Slingerland“, „Isabelle's Dance“, „The Loss of Small Detail“...
Damals schrieb er Tanzgeschichte und kaum einer hat's gemerkt. (Die Kritik grummelte und nörgelte). Später, als er sich für einen anderen Fotografen entschied, versuchte ich auch weiterhin Kontakt mit seinem Oeuvre zu halten, bis ich dann irgendwann die Lust verlor, weil ich keine Bilder mehr für mich fand. Das meiste hatte sich bei ihm in den Kopf verlagert. Da kam ich leider mit meinen Kameras nicht rein. ;-)
GERHARD BOHNER
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Wenn ich an Gerhard Bohner denke, wird mir immer ganz weh um's Herz. Er hatte es nicht verdient so früh sterben zu müssen (1992 mit 56 Jahren). Er war so etwas wie der „Letzte Mohikaner“ seines Berufstandes und er hätte es in der Folge nicht leicht gehabt sich im Chor der cleveren, aber mäßig begabten Kollegen(innen) zu behaupten. Ihm hing das Adjektiv „schwierig“ an, weil er nicht immer gleich einlenkend und nachgebend war. Ich schätzte seine Nachdenklichkeit und sein Schweigen-Können. Ich vermisse ihn als Künstler und Freund.
Ps: jetzt endlich, nachdem Oskar Schlemmer von den Ketten seiner Erben befreit ist, wird man nun auch bald wieder DAS TRIADISCHE BALLETT sehen können, das er 1977 in der Akademie der Künste zu neuem Leben erweckt hatte.
SASHA WALTZ
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Die Porträtfotografie gibt ja nicht nur Auskunft über die Persönlichkeit des Porträtierten, sondern verrät gleichzeitig auch etwas über den Fotografen und nicht zuletzt über das Verhältnis der beiden zueinander. Bei dieser Aufnahme von S. Waltz ist es offensichtlich schon die Distanz, die ich zu meinem „Objekt“ wählte, die vermuten lässt, dass Fotograf und Porträtierte kaum Kontakt miteinander hatten. So war es denn auch in der Tat. Unsere einzige Zusammenarbeit („Gezeiten“) stand unter keinem guten Stern. Dabei hatte ich mir viel davon versprochen, war ich doch von „Körper“ total begeistert.
BIRGIT CULLBERG
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Es soll Tänzer geben, die zwar Mitglieder des „Cullbergbaletten“ sind, aber keine Ahnung haben, dass der Name auf die Gründerin dieser schwedischen Kompanie hinweist: Birgit Cullberg. Überhaupt kann man sich fragen, was das aktuelle „Cullbergbaletten“ überhaupt noch mit der Namensgeberin gemein hat. Dort wird weder ihr Werk gepflegt, noch das ihres Sohnes Mats Ek, der die Kompanie eigentlich erst zu internationalem Ruhm geführt hat. Dieses Porträt von Birgit entstand Mitte der 80er Jahre. Bis zu ihrem Ende (1999) wollte sie (wenn auch schon leicht verwirrt) arbeiten, kreieren und neue Ideen umsetzen. Sie hat nicht bemerkt, dass der Zeitgeschmack sie längst überrollt hatte.
LOIS BEWLEY
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Es war noch während meiner Ausbildung in Berlin bei Tatjana Gsovsky Mitte der 60er Jahre, dass ich ein Ballettgastspiel des kleinen, aber feinen First Chamber Quartet in der Akademie der Künste sah. Damals hätte ich mir nicht träumen lassen , dass ich ca. acht Jahre später einmal selbst eines der Stücke, die damals auf dem Programm standen, tanzen würde: π r² (Pi R Quadrat) eine dreiminütige, liebevolle Persiflage auf Balanchines Kunst des Flechtens, des Verknotens und wieder Entwirrens von Körpern und Gliedmaßen zu einer Musik von Edgar Varèse. Erst vor ein paar Wochen erfuhr ich, dass Lois schon 2012 (mit 78 Jahren) einem Schlaganfall erlag. Sie war so lebensfroh und multi-talentiert. Vielleicht auf zu vielen Gebieten (Tanz, Choreografie, Regie, Kostümbild, Bühnenbild, Fotografie, Malerei…, um es auf einem der Gebiete zu wirklichem Ruhm zu bringen. She was a darling! Und ich bin froh, an dieser Stelle an sie erinnern zu können.
JOCHEN ULRICH
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... einer der vier Gründungsmitglieder des Tanz Forums Köln, der, nachdem die anderen drei nach und nach abgesprungen waren, die Kompanie über viele Jahre geführt hat. Jochen war ein Theatermensch durch und durch, gesegnet mit einer nie versiegenden Quelle an Einfällen und eigentlich hätte er, wenn es schon unausweichlich war, auf der Bühne sterben müssen, statt im Krankenhaus.
Dieses Porträt stammt aus den späten 70er Jahren, da war die Tanzwelt in Köln noch blütenreich. Seit Jahren ist nur noch Ödnis.
JEROME ROBBINS
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Zweimal hatte ich als Tänzer das Privileg mit Jerome Robbins zu arbeiten. Einmal in „Les Noces“ in Stockholm und das andere Mal beim Netherlands Dance Theatre in seinen „Moves“. Beide Mal habe ich „Jerry“ als die Liebenswürdigkeit in Person erlebt. Die Horrorgeschichten, die man über ihn verbreitete, (Tänzerschinder) konnte ich nicht bestätigt finden. Das Porträt entstand in Venedig draußen vor dem Bühneneingang des Teatro La Fenice, wo er während eines NDT-Gastspiels, mit uns für „Moves“ probte. Natürlich fragte ich ihn erst artig, ob ich ihn fotografieren dürfte. Dann aber legte ich los wie ein Paparazzi. Er lächelte sanft und sagte: „You're shooting awfully fast, my son.“
DANIEL LARRIEU
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Ich traf ihn in Frankfurt, wo er auf Einladung von Billy Forsythe ein Stück mit der Kompanie erarbeitete: „Jungle Sur la planete Venus“ im Jahr 1987. Damals war ich offizieller Fotograf der Truppe. Unglücklicherweise habe ich mich in die französische Machart des Tanztheaters bis heute nie „einlesen“ können. Vor ein paar Monaten bekam ich überraschenderweise Post von Daniel mit der Bitte um Freigabe eines Fotos der damaligen Produktion für ein Buch. Ich wüsste nicht was ich lieber täte, zumal das PDF, was er mir von dem Buchentwurf mitschickte, fabelhaft aussah. In diesem Medium präsentiert, könnte ich mich glatt in das französische Tanztheater verknallen ;-)
JIRI KYLIAN
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Jiři lässt sich gerne in selbst inszenierten Posen (à le Grand Magicien) ablichten. Das kann ich gut nachvollziehen, denn auch ich inszeniere mich in meinen Selbstporträts gerne, um mich hinter einer Larve verstecken zu können. Man glaubt dann, nichts von sich preisgeben zu müssen und sagt doch mehr über sich aus, als man glaubt. In diesem Fall wählte ich eher ein nüchternes, unprätentiöses Umfeld. Einen Raum an der Seitenbühne des NDT. Ich mag das Porträt von Jiři sehr, sehe aber auch, dass er sich nicht so ganz „at ease“ fühlt. Vielleicht ist es gerade diese unterschwellige Irritation, die das Porträt so interessant macht?
HENNING PAAR
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Henning kenne ich seit 2006, als er noch die Kompanie in Braunschweig leitete. Ich habe seit damals immer mal wieder Stücke von ihm gesehen und wurde eigentlich nie enttäuscht. Er ist einer der Choreografen, die es zwar nicht (oder ganz selten) in die Feuilletons der überregionalen Zeitungen schaffen (was, unter uns gesagt, auch nicht immer erstrebenswert ist), die aber für die Tanzsparte an unseren Theatern einen soliden Unterbau gewährleisten. Inzwischen ist er (via München/Theater am Gärtnerplatz) in Münster gelandet, wo ich vor ein paar Wochen seine bildstarke Tanztheateradaption von Franz Kafkas DAS SCHLOSS sah.
AMANDA MILLER
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich kaum etwas von Amanda gesehen habe, als sie mit ihrer Truppe „Pretty Ugly“ in Köln residierte. Ich hab's zu Anfang versucht, aber konnte mich in ihre Sicht des Tanzes einfach nicht „eintunen“. Schon lange habe ich aufgehört mir diesbezüglich Zwang anzutun. Dieses Snapshot-Porträt von ihr, stammt aus den 1980ern, als Amanda noch in Frankfurt bei Forsythe tanzte und dort auch erste choreografische Versuche machte. Süßer Vogel Jugend.
MAURICE BEJART
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Es war im Jahr 1987, als der WDR Béjarts „Die Stühle“ (mit Marcia Haydée und John Neumeier) fürs Fernsehen aufzeichnete. Ich war für die Produktionsfotografie verantwortlich und verbrachte ganze Tage im Aufnahmestudio. Als ich irgendwann das Gefühl hatte, genug Vertrauen zu Béjart aufgebaut zu haben, traute ich mich ihn zu fragen, ob er mir nicht in meinem Atelier Porträt sitzen wollte. Er willigte sofort ein. Das Ergebnis dieser Session lieferte mir aber dann doch nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Erst in der Dunkelkammer kam mir dann die Idee, ihm diesen Lichtstrahl über die Augen fahren zu lassen. Plötzlich bekam das Porträt das, was ich vorher vermisste: diese diabolische Ausstrahlung.
CAROLYN CARLSON
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Mein erstes Life-Erlebnis mit Carolyn Carlson hatte ich in Paris, Ende der 1970er Jahre. Ich besuchte ihr Soloprogramm „Writings on the Wall“ in der Opéra Comique. Ich war derartig begeistert, dass ich (was ich sonst tunlichst vermeide) in „Ballett International“ eine Kritik schrieb. Danach dauerte es Jahre bis wir uns wieder begegneten. Das Porträt entstand am Forum in Leverkusen, wo sie mit ihrem Solo „Blue Lady“ gastierte. Später traf ich sie noch einmal in Stockholm in der Zeit, als sie die künstlerische Leitung des Cullbergbaletten innehatte.
GARTH FAGAN
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Meine Begegnung mit Garth Fagan beschränkte sich auf das eine Mal, wo er mit seiner Company ein Gastspiel in Leverkusen hatte. Ich kam zu einer Bühnenprobe und fand das Theater (Forum) verwandelt. Es war plötzlich in Coolness getaucht. Yeah man … Eine Atmosphäre wie sie nur black people verbreiten können. „Hi, there, - gorgeous leather pants you're wearing“, sagte ein Tänzer im Vorübergehen mit breitem Grinsen, und schon war man im Gespräch. Ich fühlte mich auf der Stelle zu Hause (was mir in 35 Jahren mit dem Tanztheater Wuppertal nicht geglückt ist ;-)) Garth, der die Choreografie zu „König der Löwen“ gemacht hat, bot mir gleich an, in Hamburg (wo die Lizenzfassung immer noch läuft) Karten für mich zu besorgen. „Just give me a call when you're there. I'll fix tickets for you.“ Irgendwann nehme ich ihn beim Wort.
KURT JOOSS
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Kurt Jooss lernte ich in Stockholm kennen, als ich damals (1970) von der Oper an's Cullbergballett wechselte. Den Fahnenträger aus „Der Grüne Tisch“ hat mir Jooss noch selber einstudiert. Ehe ich damit auf die Bühne kam, ging es erstmal in ein Fernsehstudio. Bei dieser Aufzeichnung führte Birgit Cullberg Regie. Ein paar Jahre später (1976) begegnete ich Kurt Jooss noch einmal in Köln beim Tanz Forum. Da hatte ich allerdings schon das Fach gewechselt. Aus dieser Zeit stammt das Porträt.
JOHAN INGER
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Ich fand es damals adäquat Johan Inger, der gerade das Cullbergballett übernommen hatte und als legitimer Nachfolger von Mats Ek gehandelt wurde, mit drei Kronen auszustatten. Mit jenen drei Kronen, die die schwedische Monarchie repräsentieren. Nicht nur Johan hatte Spaß an der Idee, auch ich lachte kräftig mit. Später gab es dann weniger Grund zum Lachen als klar wurde, dass Johan Inger seiner Aufgabe - das Cullbergballett in eine neue kreative Umlaufbahn zu schießen - nicht nachkommen würde. So wurde das, was einen Ära hätte werden können, ein relativ kurzes Gastspiel.
SUSANNE LINKE
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Ich weiß nicht mehr genau, wann es war, aber es muss um das Jahr 1982 herum gewesen sein, als mir Susanne Linke, die ich bis dato nicht persönlich kannte, signalisierte, dass sie Ihre Soli gerne von mir fotografiert haben möchte. Wenn auch nicht mehr blutjung, so war Susa damals doch noch in physischer Topform. Was mich begeisterte, war ihre Phrasierungskultur. Sie ließ Bewegungen nie unerwartet abreißen, sondern dehnte sie immer bis zum Äußersten. Das ist wunderbares Futter für einen Fotografen, der auch gerne Risiken eingeht um den absoluten Klimax einer Bewegung einzufangen.
PHILIPPE TALARD
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Es ist schade um ein Talent wie Philippe Talard, dass er in unserer etablierten Tanzlandschaft keine Arbeit mehr findet. In den letzten Jahren hat er sich mehr und mehr sozial engagiert, indem er Tanzaufführungen mit Haftinsassen von Zuchthäusern einstudierte. Das sind eher Projekte, die der Politik in die Hände spielen, als ernst zu nehmende choreografische Arbeiten. Als er noch Ballettchef an deutschen Theatern war, (Ulm und Mannheim) hat er mich immer mal wieder eingeladen um ihn und seine Tänzer für die Kamera zu inszenieren. Diesen Aufträgen verdanke ich viele meiner besten Tänzerporträts.
NILS CHRISTE
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Ehemals mein Tänzerkollege beim NDT, heute ein international gefragter Choreograf der holländischen Schule. Martin Schläpfer hat ihn schon mehrere Male eingeladen (aktuell in Düsseldorf, vorher Mainz) um für die Kompanien zu kreieren. Nils ist mit profunder Musikalität ausgestattet. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass er uns damals, als wir noch zusammen tanzten, rhythmisch sehr komplizierte Volkstänze aus dem Balkan vorführte. Nils hat früh für sich erkannt, dass er zum „Ballettdirektor“ kein Talent (und auch keine gesteigerte Lust) hat. So entschied er sich früh, als freischaffender Choreograf zu arbeiten. Heute choreografiert er so gut wie auf allen Kontinenten. Und wenn er gerade mal nicht arbeitet, segelt er, mal auf dem Wasser, mal in den Lüften. Der Mann ist zu beneiden.
JOHN NEUMEIER
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Das Porträt entstand bei der Fernsehaufzeichnung von Béjarts Ballettadaption von Ionescos „Die Stühle“ (1987). Ausnahmsweise war er zusammen mit Marcia Haydée als Tänzer und nicht als Choreograf verpflichtet. Ich habe vor der Lebensleistung John Neumeiers einen Riesenrespekt, kann aber mit seinen Stücken wenig anfangen. Das heißt, „Illusionen wie Schwanensee“ hatte mich damals schon enorm beeindruckt.
REINHILD HOFFMANN
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In den 80er Jahren holte mich Gerhard Bohner an das Theater Bremen. Da auch Reinhild Hoffmann dort als Co-Direktorin wirkte, fotografierte ich damals auch einige ihrer Tanztheaterstücke offiziell. Als Gerhard B. dann „ausgeschieden wurde“ hatte Reinhild Hofmann auch für meine Person als Fotograf keine Verwendung mehr, - which was okay by me, aber da ich an ihre Arbeit glaubte (ich schrieb damals sogar den ersten jubelnden Bericht über sie für das U.S. Dance Magazine) wollte ich ihre Entwicklung auf eigene Kosten weiter verfolgen. Das wollte mir Frau Hoffmann aber verbieten, worauf sich ein Hin- und Hergeschreibsel entspann zwischen mir, dem damaligen Intendanten Wüstenhöfer, dem Deutschen Journalistenbund und Jochen Schmidt, dem Kritiker der FAZ. Undank ist der Welten Lohn ;-)) Wie auch immer - vor nicht so langer Zeit rief mich plötzlich (nach gefühlten 30 Jahren Sendepause) Reinhild an, schwärmte von meinen Fotos und wollte ein paar davon für ein Buch nutzen, das man über sie herausbringen wollte. Als ich sie leise daran erinnerte, dass sie mir doch damals die Türe gewiesen habe, gab sie zur Antwort: „Ach, wir waren ja damals alle so jung und wussten nichts“. Ich hatte den Eindruck sie habe noch immer nichts kapiert und weigerte mich schlichtweg, die Fotos herauszurücken.
MARTIN SCHLÄPFER
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Martin Schläpfer engagierte mich schon in Mainz, allerdings waren da bereits sieben von den zehn Jahren, die er dort wirkte, vergangen. Seitdem arbeite ich für ihn. Die letzten fünf Jahre für das Ballett am Rhein Düsseldorf. Wie gerne hätte ich die gesamte Zeit seit seinem Berner Engagement mit meinen Kameras festgehalten. Martin hat eine starke Affinität zur Fotografie, hat ein gutes Gespür für die Qualität eines Fotos (ist also nicht nur darauf bedacht, dass seine Tänzer auf den Fotos dem Lehrbuch des Klassischen Tanzes gerecht werden, sondern sieht weit darüber hinaus). Auch hat er ein ausgeprägtes bildnerisches Erinnerungsvermögen. Da ich nicht nur für die Produktionsfotografie verantwortlich bin. sondern auch für alle anderen anfallenden fotografischen Arbeiten, (sowohl Tänzerporträts, als auch die Porträts des „staffs“, dazu Porträts von den Gästen, Imagekampagnen, Kompanie-Gruppenfotos und Vorberichte aus dem Ballettsaal) liegt das ganze fotografische Erscheinungsbild in (m)einer Hand. Erst dadurch erzielt man eine durchgehend ästhetische Identität. Ich musste in meinem Beruf ziemlich in die Jahre kommen um solch einen Partner zu finden. Oder hat er mich gefunden?
UWE SCHOLZ
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Einige Spielzeiten war ich Produktionsfotograf des Balletts der Staatsoper unter den Linden in Berlin. Während dieser Zeit studierte Uwe Scholz einen Ballettabend ein, den er „Ein Lindentraum...“ nannte. Ich nutzte damals meine Chance ihn zu porträtieren und es wurde für uns beide eine sehr vergnügliche Session. Damals konnte man nicht ahnen, dass er ein paar Jahre danach sterben würde.
ANGELIN PRELJOCAJ
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Auch Angelin Preljocaj habe ich in Berlin an der Staatsoper kennengelernt. Er studierte mit den Frauen den Pas de Deux „Annunciation“ ein, den ich damals sehr mochte. Auch sein „Rite of Spring“ fand ich durchaus diskussionswürdig. Vor nicht langer Zeit sah ich dann allerdings seine „The Nights“ und war schlichtweg schockiert über so viel Kitsch, choreografische Armut und Einfältigkeit. Ich hoffe, dass man das dem Porträt nicht ansieht.
REGINA VAN BERKEL
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Martin Schläpfer hatte Regina van Berkel schon nach Mainz eingeladen um dort für seine Truppe zu kreieren und nach dem Umzug nach Düsseldorf nun auch für das Ballett am Rhein. Das ist durchaus ein Vertrauensbeweis in ihr Talent, dem ich mich nur anschließen kann.
MARTIN CHAIX
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Der Franzose Martin Chaix ist einer von den Tänzern aus dem „Hause Schläpfer“ mit choreografischen Ambitionen. Noch Tänzer, wird er sicherlich bald ins Choreografenfach überwechseln. Das Porträt stammt aus einer Fotosession, die wir für das Magazin 2012/13 gemacht haben. Ich denke es ist nicht falsch ihn schon jetzt, antizipierend, zu „meinen“ Choreografen zu zählen.
NICK HOBBS
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Noch ein Tänzer von Martin Schläpfer, den es zur Choreografie hinzog. Er war ein Mitglied der Mainzer Truppe und machte dort wohl auch entscheidende „Gehversuche“. Nicht weniger als sechs Ballette kreierte er für's ballettmainz. Sicherlich sah man damals noch deutlich wie sich seine ästhetische Ausrichtung am Meister orientierte, aber daran ist ja nichts falsch, solange der Wille erkennbar ist, eine eigene Handschrift zu entwickeln. Leider habe ich seitdem nichts mehr von Nick Hobbs gesehen. Er ist wohl mehr im südlichen Raum beschäftigt. Hat seine Basis in Luzern. Ich finde es wird Zeit, dass wir hier in der Mitte und im Norden mehr von ihm sehen.
CHRISTOPHER BRUCE
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Schon als Tänzer erwarb sich Christopher einen exzellenten Ruf. In den damals noch sehr von der Graham-Technik geprägten 70er Jahren konnte dem „mover“ Bruce kaum einer das Wasser reichen. Auch in seinen Choreografien ist er sehr musikalisch und immer für eine Überraschung gut. Noch in der zweiten Hälfte der 1970er lernte ich ihn in Köln beim Tanzforum kennen. Später trafen wir uns in Mainz wieder, wohin ihn Martin Schläfer mehrmals einlud. Auch in Essen begegneten wir einander, als er dort arbeitete. Chris ist nicht nur ein fabelhafter Choreograf sondern auch ein sehr sympathischer Zeitgenosse. Das Porträt entstand in Mainz.
LOUIS FALCO
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Während meines Engagements beim NDT war Louis Falco einige Mal als Gastchoreograf eingeladen. Sein Ballett „Caterpillar“ war damals, im Juni 1975 bei einem London-Gastspiel im - damals noch alten Gebäude - des Sadler’s Wells Theaters , mein getanzter Schwanengesang. Das letzte Ballett meiner Tänzerkarriere. Ich kann nicht sagen, dass wir Freunde wurden, Louis und ich, aber wir mochten uns. Später, Ende der 80er Jahre, kam er dann nach Köln um mit dem Tanz-Forum zu arbeiten. Ein paar Monate vor seinem Tod 1993 rief er mich plötzlich an. Er wäre in Köln und wollte mich gerne treffen. Was ich später erst realisierte, war, dass Louis auf einer Abschiedstour war. Er war an Aids erkrankt und wusste, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Er wurde gerade mal 50 Jahre. Seine prächtigen Locken hatte er schon lange vorher eingebüßt.
HANS KRESNIK
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Bis heute weiß man eigentlich nicht, ob Kresnik der Hans oder der Johann sein will. Die Schreibweisen wechseln dauernd.
Langweilig hat man’s bei seinen Stücken eigentlich nie. Leider schleift sich seine spezielle Bühnen-Drastik auf die Dauer ab. Seine kreativ bedeutendste Zeit war wohl die in Heidelberg, wo ich auch einige Mal mit meinen Kameras hin pilgerte („MacBeth“, „Sylvia Plath“, „Mörder Woyzeck“ ... ) Später dann (wieder) Bremen und dann Berlin. Letzteres war mir dann einfach zu weit und zu kostspielig. Als Kresnik dann nach Bonn wechselte, also sozusagen vor meiner Türe spielte, da hatte ich irgendwie die rechte Lust verloren. Aber, wie gut, dass es solche Theatermacher gibt, die sich nicht weichspülen lassen und ihrer Wut über die Missstände dieser Welt theatrale Form geben.
JAN LINKENS
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Auch einer aus der „Holländischen Choreografenschule“. Meiner Meinung nach bis heute unterschätzt. In den Jahren 1994 - 1999 war Jan Chefchoreograf an der Komischen Oper in Berlin (aus dieser Zeit ist das Porträt). Zusammen mit Marc Jonkers, dem Ballettchef, versuchten die beiden Holländer frischen Wind in das Ensemble zu bringen. Gedankt wurde es ihnen nicht. Zu viele DDR-Altlasten liefen noch herum, den Dolch im Gewande. Zu viele waren damit beschäftigt Stuhlbeine anzusägen statt ihre eigenen Beine zu strecken.
HEIDRUN SCHWAARZ
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Kaum zu fassen, dass es schon wieder acht Jahre her sein soll, dass Heidrun Schwaarz so plötzlich verstarb. Ein „mort subite“, den wir uns alle wünschen, aber bitte nicht so früh. Sie wurde bloß 63 und hatte noch so viel vor. Da ihre Mutter weit über 90 war, rechnete auch Heidrun mit einem, genetisch bedingten, langen Leben.
Heidrun Schwaarz war „alte Schule“. Disziplin war für sie die Basis des Tänzerberufs. Sie führte ihre Kompanie an der kurzen Leine mit der Liebe und Fürsorge einer Patriarchin. So habe ich es jedenfalls empfunden. Die Tugenden, die sie in sich vereinigte, werden - I’m afraid - heutzutage nicht mehr hoch gehandelt.
ANTHONY RIZZI
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Wenn Sie dieses Porträt mit denen neueren Datums vergleichen, sollte man nicht meinen, dass es sich um den selben Mann handelt.
Ich kenne Tony seit 1985, als er Forsythe-Tänzer beim Ballett Frankfurt wurde. Damals war er ja eigentlich noch kein Choreograf und dennoch gehört das Porträt in diese Sammlung.
Wobei die Bezeichnung Choreograf in seinem Fall wahrscheinlich viel zu kurz gegriffen ist. Rizzi ist ein Grenzgänger zwischen den performativen Welten mit Ausflügen auch zur Bildenden Kunst hin.
JÖRG MANNES
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Es gibt ja nicht mehr viele Choreografen, die mit großen Gruppen arbeiten wollen (oder besser gesagt: können).
Jörg Mannes ist einer von ihnen und er ist ein Geschichtenerzähler. Er liebt es durch den Tanz ganze Romane zu erzählen. Auch von dieser Sorte Choreograf gibt es nicht viele. Dabei finde ich, dass er in seinen nicht-narrativen Balletten choreografisch noch erfindungsreicher ist.
Jörg ist ausgesprochen „foto-grafie-phil“ und knipst heftigst während der Bühnenendproben. Als Produktionsfotograf muss man da schon aufpassen, dass er einen nicht rechts überholt ;-) Spass beiseite, er könnte von heute auf morgen vom Choreo- zum Fotografen mutieren und so manchem selbsternannten „Tanzfotograf“ das Fürchten lehren. Aber noch soll er - bitte bitte! - für uns alle choreografieren.
PATRICE BART
Gert Weigelt | www.gert-weigelt.de
Fast habe ich ein wenig gezögert Patrice Bart zu den Choreografen zu rechnen, ist er doch eher das, was man früher schlicht, aber mit respektvollem Unterton, einen „Ballettmeister“ nannte. Mit dem Geschick eines Routiniers, der sich im tradierten Schrittmaterial bestens auskennt, nimmt sich Monsieur Bart die Klassiker der Ballettliteratur vor und stellt sie, hübsch neu eingekleidet, auf die Bühnen der großen Häuser. Ich habe ihn paar Mal an der Staatsoper Berlin erlebt. Er konnte sehr cholerisch werden. Noch während der Premiere von „Schwanensee“ sprang er, wie der leibhaftige Louis de Funès, in den Kulissen herum und brüllte die Tänzerinnen an.
URS DIETRICH
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Endlich wird Urs Dietrich wieder (ab nächste Saison) eine feste künstlerische Heimat bekommen, nämlich dann, wenn er Susanne Linke ans Theater Trier folgt. Seitdem er Bremen verlassen hat, habe ich kaum noch was von Urs’ Kreationen gesehen. Gegenwärtig sind mir vor allem seine „Tandem-Arbeiten“ mit Susanne Linke und sein „Da war plötzlich ...Herzkammern“.
MOSES PENDELTON
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Anfang der 1980er Jahre verpflichtete man Moses Pendleton Wolfgang Rihms Komposition „Tutuguri - Ritus der schwarzen Sonne“ (nach Artaud) an der Deutschen Oper Berlin zu inszenieren. Da ich damals die Inszenierung als offizieller Produktionsfotograf begleitete, hatte ich einen ziemlich guten Einblick. Mir schien, dass sich das Ballettensemble nur zögerlich bis widerwillig Pendletons Körpersprache aneignen mochte. Damals (das heißt also, vor fast 30 Jahren !!!) waren reine Ballettensembles noch weit von der stilistischen Vielfalt, den ihre Tänzer heute beherrschen, entfernt.
SOL LEON UND PAUL LIGHTFOOD
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Das spanisch-britische Choreografen-Duo fotografierte ich vor ca. fünf Jahren im Zuschauerraum des Nederlands Danstheater in Den Haag. Eigentlich hatte ich eine andere Bildidee, aber das klappte irgendwie nicht oder ließ sich jedenfalls nicht so realisieren wie ich mir das vorstellte. Zum Glück hatte ich „das Bein“ noch als Joker im Gepäck. Sol und Paul fingen gleich an, damit choreografisch zu experimentieren. Voilà!
MARY SKEAPING
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Mary Skeaping (1902-1984) lernte ich während meiner Zeit beim Königlich Schwedischen Ballett kennen (Ende der sechziger/Anfang der siebziger Jahre). Als ausgewiesene Expertin für historischen Tanz kam sie, wie ein Zugvogel, alle Sommer nach Stockholm um dort am Drottningholmer Schloßtheater Tanzeinlagen für Barockopern zu choreografieren. Sie hatte eine enge Bindung zum „Kungliga Opera Baletten", dem sie als Direktrice von 1953 bis 1962 vorstand.
CHRISTIAN SPUCK
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Christian Spuck habe ich einmal im meinem Leben getroffen. Das muss in Essen gewesen sein, als er sein Stück „Die Kinder“ (nach Jean Cocteau) einstudierte. Da ich meine Kamera dabei hatte, hielt ich es für eine gute Idee, den damals noch nicht ganz so erfolgreichen Choreografen zu porträtieren. Ich fragte, ob ich dürfe und wie Sie sehen, durfte ich.
OSCAR ARAIZ
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Auch zu Oscar Araiz, dem Argentinier, hatte ich eigentlich null Beziehung. Ich habe nie eine Arbeit von ihm gesehen. Hatte ihn vorher nie getroffen. Auch er ist also ein Opfer meiner fotografischen Choreografensammelleidenschaft.
Ich war mit dem Genfer Ballett auf Mexico-City-Tournee und Oscar Araiz nutzte wohl die Gelegenheit seine ehemalige Kompanie, die er von 1980 bis 1988 leitete, zu besuchen.
HANS VAN MANEN
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Hans van Manen habe ich wohl (abgesehen vielleicht von Pina Bausch) über die Jahrzehnte am häufigsten fotografiert. Es ist ja leider etwas in Vergessenheit geraten, dass er auch Fotograf ist. Ich schreibe bewusst „ist“, denn obwohl er längst nicht mehr „praktiziert“, hört man ja nicht auf, das zu sein, was man war und worin man eine gewisse Meisterschaft erlangt hat. Es waren glorreiche Zeiten, die 1980er Jahre, als wir uns gegenseitig anstachelten und uns in immer neuen Fotoinszenierungen gegenseitig zu übertrumpfen suchten. Es gibt wohl keinen anderen Choreografen, der sein Oeuvre mit solch einer Qualitätskonstanz aufgebaut hat. Kaum einen, der bis über die 80 noch immer Lust verspürt Neues zu schaffen. Hans würde nie eine eifersüchtige Regung dem Fotografen gegenüber empfinden, der sein Werk porträtiert und damit erfolgreich ist. (Das hat er übrigens mit Martin Schläpfer gemeinsam). Glauben Sie es oder glauben Sie es nicht, es soll Choreografen geben, die es nicht ausstehen können, wenn sich das fotografische Werk über ihre Arbeit zu verselbständigen beginnt und unter dem Namen eines Fotografen ein Eigenleben entwickelt. Paradoxerweise fühlen sie sich beklaut, und nicht beschenkt. Durch seine enge Bindung an Martin Schläpfers Ballett am Rhein sehe ich diesen wunderbaren Menschen, den ich zu meinen engsten Freunden zählen darf, in den letzten Jahren öfter... und natürlich immer auch mal wieder durch mein Objektiv.
GREGOR ZÖLLIG
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Gerade ist er in den einschlägigen Tanzmedien präsent. Gregor Zöllig wird von Bielefeld nach Braunschweig rochieren. Das Karussell dreht sich, die Bäumchen werden gewechselt. Wohl dem, der ein warmes Plätzchen ergattert hat. Ich habe ein paar Mal für ihn in Bielefeld gearbeitet, aber eigentlich zu wenig gesehen um mir ein Urteil bilden zu können. Wobei diese Kolumne ja auch nicht dazu da ist Werturteile abzugeben. (Gott bewahre!) Ich wünsche ihm schon jetzt Fortüne für seine neue Aufgabe.
YEHUDIT ARNON
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Yehudit Arnon war Gründerin und langjährige Chefin der Kibbutz Contemporary Dance Company. Schon vor etlichen Jahren hat sie den Posten an Rami Be'er weitergegeben und sich in Folge besonders dem Tänzernachwuchs gewidmet. Neben der KCDC hat sie eine Juniorkompanie aufgebaut, die ihr besonders am Herzen lag. Yehudit hat als junges Mädchen Auschwitz überlebt und damals den Entschluss gefasst, wenn sie diese Hölle überleben würde, sich ganz dem Tanz zu widmen. Obwohl sie auch selbst choreografiert hat, war wohl ihr größtes Verdienst die Förderung von Talenten. 2013 ist die große Pionierin des israelischen Tanzes im Alter von 87 Jahren gestorben.
MARK BALDWIN
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Mark Baldwin begegnete ich in der Spielzeit 1998/99 an der Staatsoper Berlin. Damals brachte er Hindemiths DER DÄMON und Richard Strauss’ JOSEPHSLEGENDE auf den Spielplan. Zurückblickend kann ich mich kaum an die beiden Kreationen erinnern. An Mark Baldwin selbst aber sehr gut. Ein sehr freundlicher, heiterer Zeitgenosse.
TERESA ROTEMBERG
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Zu Anfang der zweiten Spielzeit der Ära Schläpfer in Düsseldorf kreierte Teresa für das Ballett am Rhein ihre Arbeit „Irreversibel“. Sie hatte einen spektakulären Anfang: In einem riesigen Regal, das mit unterschiedlichen Fächern ausgestattet war, saßen Tänzer und Tänzerinnen, die zu einer Musik von John Cage für präpariertes Klavier immer wieder, kaleidoskopartig, ihre Positionen veränderten. Ein sehr faszinierender, einprägsamer Bühneneffekt.
TALLEY BEATTY
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Talley Beatty lernte ich beim Cullberg Ballett Anfang der 70er Jahre kennen. Er studierte damals sein „The Road of the Phoebe Snow“ mit uns ein. Ein jazziges Ballett mit Musiken von Ellington und Strayhorn. Es war ein Riesenspaß - wenn uns Jungen auch die „kneewalks“ fast umgebracht hätten. (Aber auch da gilt: was dich nicht umbringt, macht dich stark!) Ein paar Jahre später traf ich Talley dann in meiner neuen Heimat Köln wieder. Ich fotografierte ihn bei einer Probe, als er das gleiche Ballett für das Tanz Forum einstudierte.
STEPHEN PETRONIO
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Während der Jahre als ich Hausfotograf von Forsythe in Frankfurt war, kam auch Stephen Petronio um ein Ballett mit der Kompanie zu erarbeiten. Selbst wenn ich meine Fotos bemühe, die ich damals von seiner Arbeit machte, kann ich mich so gut wie an nichts erinnern. Was geblieben ist, ist sein Porträt in meinem Archiv. Leider fragt niemand danach. Vielleicht weiß niemand, dass da ein Porträt von Stephen Petronio existiert? Außerdem würde man ihn eh nicht wiedererkennen. Wie ich bei meiner Internetsuche feststellen konnte, tritt Stephen P. heutzutage mit Vollglatze an. Mit schwarzem Haupthaar bleibt er aber auch weiterhin Bestandteil meiner Choreografensammlung.
RICHARD WHERLOCK
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Richard kenne ich seit Urzeiten, seit damals als das Tanz Forum Köln noch Hoch-Zeiten feierte. Schon früh zeigte er choreografische Ambitionen, wobei er britische „mover“- Tugenden entwickelte, wie man sie z.B. von Christopher Bruce kannte. Ziemlich schnell bekam er seine eigene Kompanie in Hagen und danach zog es ihn (2001) nach Basel, wo er bis heute Ballettchef ist.
JENNIFER MULLER
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Jennifer begegnete ich zum ersten Mal beim NDT, Mitte der 70er Jahre. Damals gehörte sie dem Tross von Louis Falco an, der zu der Zeit ein gern gefragter Gast der Kompanie war. Sie war Intimus und erste Assistentin von Falco. Später kam sie dann wieder, um einen ganzen Abend in eigener Regie zu choreografieren: STRANGERS.
Ich bin ihr ja damals in der Blüte ihres Lebens begegnet und wenn ich jetzt im Internet über sie lese und die Fotos betrachte (ein wenig entsetzt), dann wird schon verständlich, warum man sie als eine der „grand old ladies of American modern dance“ betitelt. Ich war ja damals selbst noch recht knusprig und musste mich im Laufe der Jahre ja auch der Knute des Alterns beugen. Fair enough!
MARTINO MÜLLER
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Er war wohl einer von Jiri Kylians Alter-Ego-Tänzern, also einer von den Tänzern, in denen sich ein Choreograf als Tänzer wiederfindet.
Martino war also „noch“ Tänzer, als ich ihn kennenlernte. Das 25jährige Jubiläum vom NDT stand vor der Tür und Jiri lud mich ein, eine Plakatkampagne für diesen Anlass zu kreieren. Wir arbeiteten damals mit einer Tänzerin (Elke Schepers) und einem Tänzer zusammen und der war eben Martino. Das Resultat kann sich bis heute sehen lassen. Inzwischen hat Martino längst eine Choreografenkarriere gemacht. Das Porträt entstand in der Kantine des Basler Theaters, 2005.
GRAY VEREDON
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Einer der Gründer des Kölner Tanzforums. Nachdem Jürg Burth und Helmut Baumann das Leitungskollektiv verlassen hatten, blieben Jochen Ulrich und Gray Veredon übrig. Am Ende war es Jochen Ulrich, der von den anfänglich Vieren, das Rennen machte. Ein Stück Kölner Tanzgeschichte. Tempi passati. Ich glaube, dass sich Gray nach seinem Weggang mehr mit Opernregie befasst hat. Seither bin ich ihm nicht mehr über den Weg gelaufen. Ich schicke ihm gerne auf diesem Weg einen Gruß.
LUCAS HOVING
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Das Foto entstand wohl gegen Mitte der 70er Jahre in Rotterdam, wo Lucas Hoving damals unterrichtete. Ich - damals noch beim NDT- besuchte der Neugierde halber einmal eine Probe. Ich bin selbst immer ganz verblüfft, wenn ich über die Choreografen, die ich zwar fotografiert habe, aber von denen ich eigentlich nicht viel weiß, Historisches erfahre. Der Mann hat eine schillernde Vergangenheit: Jooss, Graham, Limon... Schlagen Sie nach bei (nein, nicht bei Shakespeare!) Wikipedia. Allein den relativ kleinen Abriss seines Lebens zu lesen lohnt sich.
TERO SAARINEN
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Das Foto entstand in den Studios der damals noch existierenden Gulbenkian Kompanie in Lissabon. Manchmal vergleiche ich mein Sammeln von Choreografen mit dem Schmetterlingssammeln. Sie kommen in einen Ordner, werden beschriftet und katalogisiert. Meine Hoffnung ist, dass der jeweils wochenaktuelle Name die Nutzer von tanznetz.de dazu animiert, im Netz Näheres über den einen oder anderen „Schmetterling“ zu erfahren.
ITZIK GALILI
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Auch den israelischen Choreografen Itzik Galili, der als Tänzer bei der Batsheva Dance Company groß wurde, traf ich in Lissabon bei Gulbenkian. Auch von ihm weiß ich zu wenig. Bin aber froh ihn meiner Sammlung einverleibt zu haben.
YOUNG SOON HUE
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Obwohl Young Soon nun schon viele Jahre (wie ich als Fotograf) mit dem Ballett am Rhein als Pädagogin an der angeschlossenen Schule verbunden ist, war mir nie recht klar, dass sie auch parallel eine choreografische Karriere verfolgt. Und was für eine! Eigentlich müsste ich mich schämen, das nicht mitbekommen zu haben, aber es zeigt auch mal wieder, wie selektiv unser Wahrnehmungsvermögen funktioniert. Nur das, was dauernd trommelt, wird beachtet. Im Mai diesen Jahres (2015) wird sie zum ersten Mal für das Ballett am Rhein ein Ballett kreieren. Ich bin sehr gespannt.
JO STROEMGREN
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Jo Strømgren . Er ist mehr als „nur“ Choreograf. Ein kreativer Allrounder mit eigener Kompanie (Jo Strømgren Kompani). 2006 habe ich mal einen Abend bei Gregor Zöllig in Bielefeld fotografisch betreut. Da war auch der Norweger Jo Strømgren als Gast eingeladen. Soviel ich mich erinnere ging es um Sportarten, die in Tanz umgesetzt wurden. Ein Thema, das ihn öfters umzutreiben scheint wie aktuell mit der Wiederaufnahme seines Fußballballetts „A Dance Tribute to the Art of Football“ am Münchner Gärtnerplatztheater.
ROBERT COHAN
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Allmählich nähere ich mich dem Ende meiner Choreografen-Fahnenstange. Zwischen 75 und 80 werden es am Ende sein. Eigentlich für die lange Zeitspanne ziemlich kläglich. Hätte ich mich in den letzten zehn Jahren in der „Freien Szene“ rumgetrieben, dann hätte ich wahrscheinlich die dreifache Menge in einem Drittel der Zeit abschöpfen können. Die Geschwindigkeit, mit der sich neue Kompanien mit neuen Choreografen (pardon: und ChoreografInnen, - soviel Zeit muss sein) heutzutage bilden, erinnert ja an atomare Kettenreaktionen. Choreografen-Kernspaltung. Solange es Choreografenlehrgänge gibt, wie den von contemporary Eric kann man das Fach - nach dem Muster der 5-Minuten-Terrine - im Nu lernen
Nun also Robert Cohan: „A founding father of British Modern Dance“ so die richtige Lesart, wie ich über Cohan im Internet erfahre. Das Porträt entstand während einer der Kölner Sommerakademien, Ende der 70er Jahre. Ulrich Tegeder, tanzbegeisterter, kenntnisreicher Journalist und Dokumentarfilmer, stellte mich ihm damals vor.
CHOREOGRAFENKOMPETENZ
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Es war eine rauschende Premiere, die b.23 im Düsseldorfer Opernhaus am 14.3.2015. Zusätzlich aufgewertet wurde das Ereignis noch durch die Anwesenheit von Hans van Manen und Paul Lightfoot (NDT) die aus Holland angereist kamen. Zu den zwei „aktiven“ Choreografen des Abends Martin Schläpfer und Mats Ek gesellten sich die zwei „passiven“. Zum Glück hatte ich mein Smartphone dabei, um diese seltene, multinationale Konstellation von drei Generationen Choreografenkompetenz für die Nachwelt zu dokumentieren.
v.l.n.r.: Martin Schläpfer, Hans van Manen, Mats Ek und Paul Lightfoot
IVGI & GREBEN
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Ivgi & Greben ist ihr Trademark. Privat tragen sie auch Vornamen: Uri Ivgi (Israeli) und Johan Greben (Holländer). Ein (nicht nur) Choreografenpaar, das sich der kollektiv kreativen Arbeit verschrieben hat. Ich lernte beide in Düsseldorf kennen, wohin sie Martin Schläfer 2012 eingeladen hatte. „Backyard“ hieß das Stück und was mir speziell im Gedächtnis geblieben ist, war, dass die stupende Tänzerin Yuko Kato schwere Alu-Ketten von einer Stelle zur anderen wuchten musste. So wenig man einen Vollblüter vor einen Pflug spannt, so wenig sollte man eine Tänzerin dieses Formats, Kärrnerarbeit verrichten lassen.
ERIC OBERDORFF
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Der deutsch klingende Name führt auf eine falsche Fährte. Eric Oberdorff ist Franzose. In Mainz, wo auch das Porträt entstand, choreografierte er 2007 für Martin Schläpfers Truppe das Stück: „Little Voices in my Head“. Schaue ich mein Bildmaterial von damals an, so evoziert das leider nicht die leiseste Erinnerungsstimme in meinem Kopf. Silence. Aber die Fotos sehen interessant aus. Wirklich!
MARCO GOECKE
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Ein Mann, der polarisiert. Manche finden sein Gezappel Masche, andere nennen es Stil. Zudem ist er (sicherlich ohne es bewusst zu planen) eine Heimsuchung für uns Fotografen, da er vorzugsweise seine Choreografien ins Dunkel taucht. Fast hätte ich ihn für „meine Choreografen“ verpasst, wäre er nicht in diesen Wochen Teil des Düsseldorfer Abends b.24. Ich konnte konstatieren, dass seine Lichtscheu selbst bis in den Ballettsaal dringt. Auch dort wird im Dunkeln gemunkelt. Ich bekam, auf mein Bitten hin, die Erlaubnis etwas mehr Licht anzuknipsen. Marco kompensierte das mit der Sonnenbrille. Bin sehr gespannt wie das Endresultat der Proben zu „Lonesome George“ aussehen wird. Egal ob Masche oder Stil, es wird ein echter Goecke. No doubt!
MARJO KUUSELA
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Die Finnin tauchte mal auf einer der Kölner Sommerakademien Ende 1970er auf. Irgendeiner der Kritiker hatte mich auf sie angesetzt. Seitdem habe ich nichts mehr über sie gehört. Sie scheint eher ein nationales Phänomen zu sein. Ich habe versucht Näheres im Internet zu erfahren, aber da scheint es nur Erhellendes auf Finnisch zu geben. Leider bin ich der Sprache nicht mächtig.
GUY WEIZMAN
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Normalerweise taucht der Israeli Guy Weizman immer im Zweierpack, zusammen mit seiner Frau Roni Haver, auf. Bei diesem Zusammentreffen war sie leider nicht dabei. Zur Zeit sind sie „artists in residence" im Theater Mainz. 2006 fotografierte ich ihr Ballett „Gisela“ in Bielefeld. Endlich nahm mal jemand die männermordenden Wilis ernst und machte sie zu Vampiren. Was liegt näher? Jedenfalls hatte ich damals meine Freude an dem Stück Tanztheater. Echt sexy!
MICHAELA ISABEL FÜNFHAUSEN
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Auch Michaela Fünfhausen (ein „Produkt“ der Folkwangschule) war ein Tipp eines schreibenden Kollegen. Ich bin damals irgendwo ins Ruhrgebiet gefahren um den Soloabend „In die Stille“ von ihr zu fotografieren. Von dieser Probe habe ich vielleicht 2-3 verwendbare Fotos mit nach Hause gebracht. Damals (2002) war ja noch alles analog und im Gegensatz zu den heutigen digitalen Kameras, die ja fast wie Nachtsichtgeräte funktionieren, braucht man schon eine Grundhelligkeit. Allerdings gefällt mir diese Aufnahme bis heute: eine Mischung aus Ruhrpott-Steiger und Maria Magdalena.
RAMI BE'ER
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Rami Be’er lernte ich in den 1980er Jahren in seinem Kibbutz Ga’aton kennen, als ich meine Frau Sighilt Pahl begleitete, die dort für ein paar Wochen unterrichtete. Er war ein Zögling von Yehudit Arnon (Nr. 57 „meiner“ Choreografen) und wurde später, wenn man so will, ihr Nachfolger. Er hat inzwischen ein „Dance Village“ aus dem Kibbutz gemacht. Neulich trafen wir ihn in Neuss bei einem Gastspiel der KCDC (Kibbutz Contemporary Dance Company) und feierten ein fröhliches Wiedersehen. Ich halte ihn für einen der besten zeitgenössischen, israelischen Choreografen, auch wenn andere ein besseres Marketing betreiben mögen und dadurch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Ich bin nun am Ende mit meinem Choreografenlatein. Danke für’s Mitschlendern auf meinem Erinnerungsparcour. Ich wünsche allen noch lebenden Teilnehmern auf diesem Weg, eine unverwüstliche Gesundheit und ein langes kreatives Leben. Sicherlich wird mir noch der eine Choreograf oder die andere Choreografin (oder wer sich so betiteln mag) vor meine Kamera stolpern, aber diese Serie werde ich jetzt als abgeschlossen betrachten.
Over & out,
Ihr GW
CHARLES CHARNY
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Epilog
Liebe tanznetz-Gemeinde,
jetzt muss ich doch noch einen „Epilog“ an „Meine Choreografen“ anhängen, was ich mit Freuden tue, habe ich doch für diesen fertig geglaubten Blog gleich zwei Aficionados, die sich mir als solche offenbarten. Es täte ihnen so leid , dass die Serie zu Ende gehe. Zwei! Wenn ich dann mal die Dunkelziffer der Liebhaber dieses Blogs überschlage, komme ich mit großzügiger Daumenpeilung auf mindestens 34 weitere „I-Likes“. Also, allemal lohnend ein paar Choreografen nachzuschieben. Wie konnte ich sie vergessen? Ich habe wohl nicht tief genug in die Abgründe meiner eigenen (Tanz-)Vergangenheit gesehen.
Nachtrag 1
Charles Czarny (Amerikaner), genannt Chuck. Er war damals - etliche Jährchen vor meiner Zeit - Tänzer beim NDT und später eben Choreograf und in der Folge, vor allen Dingen Pädagoge am Königlichen Konservatorium in Den Haag. Sein wohl erfolgreichstes Ballett war „Concerto Grosso“ ein Fußball-Sport-Ballett auf Händel. Chuck was always good company, immer schlagfertig und dabei oft leicht schlüpfrig. Inzwischen muss er Mitte 80 sein, noch immer in DenHaag lebend, noch immer op de fiets.
DON ASKER
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Nachtrag 2
Don Asker. Meine Güte wie konnte ich meinen damaligen Buddy Don vergessen? Er war zwar - zur gleichen Zeit wie ich - als Tänzer engagiert, schielte aber früh auf eine Choreografenkarriere.
Er bekam auch die Chance sich auszuprobieren, verließ aber ein Jahr nach mir die Truppe um in seiner Heimat (Australien) sein Glück zu versuchen. Mit dem Choreografieren hat’s wohl nicht so geklappt. Don ist dann wohl in’s Lehrfach übergewechselt. 40 Jahre haben wir so gut wie nichts voneinander gehört, bis er sich vor ein paar Monaten per Mail bei mir meldete. Irgendwann brauchen wir wohl alle diese Rückblicke und den Kontakt mit Zeitgenossen, um uns unseres eigenen Leben rückschauend zu versichern.
JOB SANDERS
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Nachtrag 3
Job Sanders auch einer der selben Generation wie Chuck Czarny (Nachtrag 1), mit ähnlicher Laufbahn. Ich erinnere mich, dass ich in seinem Ballett auf Prokofievs „Visions Fugitives“ tanzte (hier geht es also um die Jahre 1972 bis 75).
Heute sind die Eindrücke von damals völlig von Hans van Manen’s Version (ein veritables Meisterwerk!) zur gleichen Musik, überlagert. Job, dessen Familie vor den Nazis in die USA floh und der von dort rück-immigrierte, war ähnlich wie Chuck beides: Pädagoge und Choreograf.
MARGO SAPPINGTON
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Nachtrag 4
Margo Sappington. Auch sie fand ich zufällig, als ich meine alten Negative von damals durchschaute. Margo ist Amerikanerin und beglückte das NDT mit der Choreografie „Juice“. Ich war damals nicht beteiligt, hatte also Zeit mich der Fotografie zu widmen. Sappington schleppte immer ihren Mops mit ins Studio, ähnlich wie heutzutage Marco Goecke seinen Dackel Gustav. Tiere machen sich gut im Ballettsaal - zumindest auf Fotos.
Habe versucht übers Internet herauszufinden was aus Margo geworden ist. Quite an (US) carreer! Aber auf den aktuelleren Fotos war die Margo, die ich von damals kannte, nicht mehr wieder zu erkennen.
MERYL TANKARD
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Nachtrag 5
Eine von Pinas (australischen) Heroinnen der Anfangsjahre des Tanztheaters Wuppertal. Ich hatte Meryl einfach nicht als Choreografin auf dem Schirm, dabei übt sie das Fach seit Jahrzehnten erfolgreich aus. Hätte sie mich nicht gerade in dieser Woche, vom anderen Ende der Welt aus kontaktiert, um nach Fotos aus der glorreichen Zeit zu fragen, ich hätte glatt vergessen sie in meine Choreografengalerie aufzunehmen. Das Foto stammt aus einer Fotoserie, die ich Anfang der 80er Jahre mit ihr machte. Damals träumte ich noch den Traum vom Tanzfotografen zum Modefotografen zu mutieren. Es fügte sich, dass Meryl eine Freundin hatte, die Modedesignerin war und so taten wir uns zusammen um die Kollektion zu fotografieren. Das geschah in Köln in der großen Altbauwohnung von Jochen Ulrich und seiner Frau Petra. Sag mir wo die Blumen sind...