„without words“ von Duato, Spuck und Balanchine an der Staatsoper

oe
Berlin, 03/05/2003

Und warum „without words“ – hatte die Direktion womöglich kein Lexikon zur Hand? Und wenn ihr schon die Worte fehlten, warum dann dieses unsägliche und unverständliche Gebrabbel in Christian Spucks uraufgeführtem „this –“ (und warum nicht „that“)? Und warum diese kitschigen Karinska- und Ter-Arutunian-Kostüme in Balanchines „Ballet Imperial“ (das beim New York City Ballet schlicht „Tchaikovsky Piano Concert No. 2“ heißt)? Oh, ich hätte nicht wenig Lust, noch ein paar weitere Fragen zu stellen. Denn von mir aus hätte der Abend auch, frei nach Charles Ives, „The Unanswered Question“ heißen können! Es war trotzdem ein anregender, musikalisch sogar hervorragender Abend unter der Leitung von Sebastian Weigle (mit der bestens aufgelegten Staatskapelle und dem brillanten Solopianisten Saleen Abboud Ashkar) – inklusive der sehr gewagten Bearbeitung von Schubert-Liedern ohne Singstimme für Cello und Klavier in Nacho Duatos „without words“ – und trotz der vorsätzlichen Verschmutzung der so hochgradig empfindlichen und verletzlichen Fünf Sätze op. 5 von Anton Webern durch Arne Viercks herzlich entbehrliche „Klangcollage“ in Spucks „this –“ (man beachte den Gedankenstrich!).

Doch auch tänzerisch – wenn ich mir den Balanchine auch noch kristallinisch funkelnder und am Anfang auch noch homogener wünschte – souveräner eben, wie es Diana Vishneva und Vladimir Malakhov so exemplarisch vorführen. Glänzend die Präsentation des so musikstimmig choreografierten Duato durch die vier Berliner Paare, wobei sich Malakhov und Beatrice Knop völlig uneigennützig neben ihren Kollegen einordnen. Welch ein tänzerischer Fluss, welch eine sehnsuchtsvolle Beredsamkeit auch ohne Worte – als wenn Duato eine verkappte Huldigung an Robbins‘ „Dances at a Gathering“ hätte choreografieren wollen. Eine fabelhafte Ensembleleistung und ein toller Import, dieses Ballett, das Malakhov ja schon (mit Julie Kent) bei der New Yorker Uraufführung 1998 getanzt hat).

Ebenfalls vier Paare plus Nadja Saidakova bestreiten Spucks Ballett, das sehr vom Publikum gefeiert wurde. Im Gegensatz zu Duatos so eloquent in den Fluss der Musik Schuberts eingebetteter Choreographie, arbeitet Spuck mit blitzlichtartigen Splittern – und trifft sich da durchaus mit Weberns fragmentarisierter Musik. Effektvoll spielt er mit Kontrastwirkungen, in die auch die plastischen Raumkörper und Vorhänge einbezogen sind. Der Mann ist ein ausgesprochener Ästhet. Leider gibt er im Programmheft wieder diesen geschwollenen Stuss zum Besten – ob er diese schwülstigen Tiraden wohl selbst versteht? Ach, hätte er sich doch an den Titel des Abends gehalten – und der exzellenten Saidakova diese unmögliche Frisur erspart, die sie wie eine Enkelin der NS-Frauenschaftsanführerin Scholtz-Klink erscheinen lässt. Sonst noch Fragen? Jedenfalls keine im Hinblick auf die erfreulichen technischen Fortschritte der auffallend verjüngten Kompanie. Vladimir sei Dank!

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