Appell des Ensembles der Deutschen Tanzkompanie
Das Tanzjahr 2016 darf nicht das Todesjahr der Deutschen Tanzkompanie sein!
Seitdem Berlin nach der Wende das Staatliche Tanzensemble aufgelöst hat, gilt die Deutsche Tanzkompanie in Neustrelitz - Nachfolger in den Räumen des Staatlichen Folkloreensembles - als Sachwalter jener Bühnenfolklore, wie sie in den Ländern des Ostens entwickelt und praktiziert wurde. Mit vielen Produktionen konnten die Neustrelitzer daheim und auf Tourneen ein Publikum finden.
In der Konzertkirche Neubrandenburg als idealer Spielstätte stellten sie nun ihr Programm „HochZeiten“ vor. Um Liebe drehten sich in sieben Stücken verschiedener Länge zwei Stunden lang Tanz und Moderation. Was pflichtschuldig mit Jutta Voß’ anmutigem Nippes über die ersten Gefühle von Mecklenburgs Lieblingsprinzessin Luise begann, gipsweiß aufscheinend wie die inspirierende Schadow-Plastik, gerann bei Eva Brehmes Uraufführung „Radegundes Klagelied“ im Streben nach vermeintlicher Authentizität im Umgang mit historischem Schrittgut zu blutleerer Statik - auch wenn der fränkische König, der 540 die thüringische Prinzessin nach gewonnener Schlacht heimführen durfte, effektvoll von Fackelträgern flankiert wird.
Wie man sich Volkstanz anverwandeln kann, bewies Robert North in „Highland Fling“, sieben teils rasanten, fuß- und drehflinken Miniaturen mit dem Formenarsenal des schottischen Hochlands. Alles wirkt heutig, originell zusammengestellt, hat Tempo, greift Raum, transportiert Humor und Emotion und zeigt die Truppe wie verwandelt: frisch, jung, leistungsfähig. Besonders Lenka Parizková und Susanne Kuchler präsentieren ihren koboldhaften Wettstreit strahlend souverän. Während man Thea Maass’ Suite „Wenn im Herbst die Trauben reifen“, die mit Stuhlartistik Burschenübermut, mit Glasbalancen auf dem Kopf Mädchencharme ausstellt, ihre 45 Jahre seit Entstehung nicht ansieht, gelang Joel Schnee eine stimmungsvolle Uraufführung als Finale. „Mazltov! Mazltov?“ schildert turbulent, anrührend und bühnengerecht die Zwangshochzeit eines armen Stetl-Mädels mit einem ungeliebten Thora-Schüler. Mehr Glück als ihnen wünscht man Thomas Vollmer, Starsolist der Ära Tom Schilling, seit Januar Chef in Neustrelitz, bei der künstlerischen Neuformation seiner 20köpfigen Tanzkompanie.
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