Ma Donna

Rockballett von Stela Korljan

Flensburg, 27/09/2004

Wie lässt sich ein Pudding an die Wand nageln oder was ist echt an dem Phänomen Madonna, die wie keine andere vor ihr in ständiger, äußerer Verwandlung auf dem Medienklavier spielt, selbst ihr Privatleben in der Öffentlichkeit lebte? Flensburgs Ballettchefin Stela Korljan wagt sich mit ihrem zwölfköpfigen Ensemble daran, wohl ermutigt durch ihre Erfahrungen mit Rockballetten zur Musik der Einstürzenden Neubauten oder von Pink Floyd. Sie schafft keine stringente Handlung, sondern offeriert Episoden, Stimmungen aus dem Familien-, Liebes- und Posierleben der Popdiva. Songs wie „Material Girl“, „He's a Man“, „Like a Virgin“, „Burning up“, „You'll see“ begleiten die Szenen, ab und an spricht Madonna kaum Verständliches. Einige der Bilder bleiben haften, nicht unbedingt wegen choreographischer Qualität, vielmehr wegen der enormen Präsenz der ausgezeichneten Männerriege (Viktor Koldamov, Arsen Chraghyan, Ariel Chakirou, Robert Siwiak, Tenald Zace), die den Frauen durchweg die Show stiehlt. Durch sie ist der Abend sehenswert.

Etwa in Love don't live here anymore, der quälerischen Trennung von ihrem ersten Mann, dem Schauspieler Sean Penn. Während Tenald Zace genau und kraftvoll seinen Part tanzt, ihm dadurch Glaubwürdigkeit verleiht, zerreißt sich Anika Hendrix als Madonna fast in Leidenschaft und Trauer, streift damit öfter die Grenze zur Lächerlichkeit. Zudem schlampt sie in den beinahe staksig wirkenden Übergängen. Korljans Choreographie hilft ihr nicht: Deren oft unmotiviert wirkender Mix aus modernen und klassischen Bewegungen schafft isolierte Blöcke, die sich nicht miteinander verbinden, hier eine Hebung, dort eine Drehung, dann ein battement à la seconde, Geschiebe, Geziehe – gezielte Verdichtung ist Mangelware.
Das Bühnenbild (Matthias Eberlein), lediglich Stellwände links und rechts, manchmal eine bewegliche Wand mit verspiegelten Nischen in der Fläche, öffnet den Raum zu freiem Tanz. Einen Rausch an Kostümen – die Korsage der Madonna mit kegelspitzen Brüsten darf nicht fehlen - entfesselt Martina Lüpke. Die schöne Oberfläche, der gewollte Schein wird so sichtbar. Madonnas tiefere Schichten aber, so es welche gibt, schälen sich aus dem tänzerischen Ablauf nicht heraus.

Ein weiteres Manko: Die wenig wandlungsfähige Stimme Madonnas ermüdet auf Dauer. Tiefere Einsicht vermittelt die Schlussszene, zu der eine Gnossienne von Eric Satie (!) ertönt: Der Schleier fällt, Techniker schlendern auf die Bühne, bauen das Bühnenbild ab, während Madonna-Hendrix sich im Bademantel auf einem Stuhl – Aufschrift „Madonna“ - wie nach einem Auftritt räkelt, eine Zigarette raucht, plötzlich verzweifelte Laute wie „Mother“ ausstößt und sich schließlich zum Publikum dreht, vom Scheinwerfer im Spot erfasst wird: verloren in der Einsamkeit des Erfolges - oder so ähnlich.

Premiere: 25.9.04 im Schleswig-Holsteinischen Landestheater

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