Die Step-Maker
Das Wiener Staatsballett zeigt in der Volksoper Werke von Paul Taylor, Mark Morris und Martin Schläpfer
In den späten 80er-Jahren hat Mark Morris neue Maßstäbe gesetzt. Heute scheint er davon weit entfernt zu sein
Wer schaute damals nicht nach Brüssel, als Gerard Mortier 1988 den Titan Maurice Béjart am Opernhaus vor die Tür setzte und durch den jungen Spund Mark Morris aus der freien US-Szene ersetzte. Musikalität zeichnete den aus Seattle kommenden Choreografen zwar auch aus. Es war aber vor allem eine neue Ästhetik, die überraschte: Menschen, die nicht wie Tänzer aussahen, erzählten bewegend mit scheinbar größter Einfachheit und Treffsicherheit von der Musik. Unerreicht aber oft kopiert bis heute: Morris' „Nussknacker“.
Mehr als 15 Jahre später, Morris kehrte in seine Heimat zurück, hat sich nicht nur die europäische Tanzszene von den einst einflussreichen Amerikanern distanziert. Auch Morris, 50 geworden, scheint ein anderer. Angesichts der Europa-Premiere der „Mozart Dances“ in der Halle E im Wiener Museumsquartier, die von der Camerata Salzburg unter Louis Langrée mit Emanuel Ax und Yoko Nozaki am Klavier fein begleitet wurden, ist man versucht, vom Spätwerk eines eklektizistischen Romantikers zu schreiben.
Zwischen die beiden Klavierkonzerte Nr. 11 (vor allem von Frauen getanzt) und Nr. 27 (mit dem gesamten Ensemble) platziert Morris „Double“, die Sonate in D-Dur für zwei Klaviere. Und erinnert darin mit einem Reigen, den er anfangs nur von Männern mäandern und verformen lässt, dann aber zunehmend mit Hebefiguren und kleinen Sprüngen durchsetzt, an seine frühen, dahinperlenden Eskapaden. Im nächsten Moment aber scheint ihm das neoklassische Vokabular, das er freilich ironisch einsetzen will, so lieb, dass die „Mozart Dances“ aussehen wie nettes Entertainment an einem feiertäglichen Nachmittag.
So gesehen hat er seinen Auftraggeber Peter Sellars, der Mozart in seinem New Crowned Hope Festival anders begegnen will, nicht gut bedient. Das Leichtfüßige geht zwar wunderbar einher mit Mozart. Nur hat sich draußen die Welt mit ihren Ansprüchen verändert. Während sich Europa seit vielen Jahren weigert, Musik „einfach so“ in Tanz zu übersetzen, gebärdet sich ein Kapazunder wie Morris wie ein Ballettmeister alter Schule mit traditionell wirkenden Bewegungsformen.
Generell scheint er mit den schweren Frauen seines 20 Tänzer zählenden Ensembles weniger anfangen zu können als mit den schmalbrüstigen Männern. Ihnen ordnet er jede Menge Miniaturen und Schnörkel zu und lässt sie fast karikaturenhaft über die Bühne wieseln.
Mit freundlicher Genehmigung des Kurier
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