Duccio Tariello erhält Preis
Der Förderpreis 2024 des Freundeskreis Wiener Staatsballett geht an den Halbsolisten
Ich gestehe es, in Wien verliebt zu sein – seit über einem halben Jahrhundert. In die Stadt und ihr Ballett. Seit den Tagen Erika Hankas und Gordon Hamiltons im wiedererstandenen Haus am Opernring. Was für glanzvolle Vorstellungen ich dort erlebt habe – nicht zuletzt während der Ära von Aurel von Milloss und besonders während der langjährigen Ballettdirektion meines Freundes Gerhard Brunner, der die ganze Weltelite nach Wien holte, von Balanchine und Ashton bis zu Grigorowitsch, Neumeier und Nurejew – nebst all den internationalen Kompanien, die er zum Ballettfestival einlud. Als dort so ballettaufgeschlossene Intendanten wirkten wie Walter Erich Schäfer aus Stuttgart (leider nur kurzfristig) und Claus Helmut Drese, und wir fieberten, wer denn wohl das nächste Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker choreografieren würde.
Nach ihm allerdings kam – nein, nicht die Sintflut, sondern eher die allmähliche künstlerische Verödung: der Klimawandel. Gewiss, es gab immer mal wieder den einen oder anderen Höhepunkt – zumindest so lange Brunner noch als Intendant von Graz aus die Leitung des Wiener Ballettfestivals innehatte, auch noch unter Zanella. Doch seit der vor zwei Spielzeiten das Haus verließ und das Staatsopernballett mit dem Volksopernballett vereinigt wurde, herrscht die pure Verzweiflung – über die auch die gute Auslastung der Vorstellungen nicht hinwegtäuschen kann (die ist in Wien schon durch den nicht nachlassenden Touristenstrom gegeben) – und auch nicht durch die Sahnehäubchen der Tänzer-Stargastspiele vornehmlich aus Russland um den nach wie vor in Wien äußerst beliebten Malakhov.
Die Berichte über die jüngsten Premieren (nachzulesen im Internet) waren so deprimierend, dass sie auch mir jede Lust genommen haben, die Arbeit der Kompanie weiter zu verfolgen. Inzwischen fährt außer George Jackson aus Washington (der ohne seine jährliche Wiener „Puppenfee“ nicht leben kann) kein einziger internationaler Kritiker mehr zu einer Vorstellung des Wiener Staatsopernballetts – wer ist schon bereit, so viel Geld (und Zeit) in eine Reise zu investieren, die ein so desaströses künstlerisches haben Ergebnis erwarten lässt.
OFFENER BRIEF, Herrn Ioan Holender, Staatsoper Wien, Opernring 2, A 1010 Wien. Sehr geehrter Herr Holender, seit der Wiedereröffnung Ihres Hauses vor über fünfzig Jahren verfolge ich die Geschicke des Wiener Staatsopernballetts und habe während dieses halben Jahrhunderts Dutzende von Erfolgen und Flops miterlebt und kommentiert. War ich bisher der Meinung, dass die Produktion von Zanellas „Spartakus“ den absoluten Tiefstpunkt markierte, so muss ich mich inzwischen korrigieren. Seit Herr Harangozo die Ballettdirektion übernommen hat, hat die künstlerische Verwahrlosung des Wiener Staatsopern- und Volksopern-Balletts Ausmaße angenommen, die ich nicht für möglich gehalten hätte, und die nachgerade auch von der internationalen Ballettöffentlichkeit mit Bestürzung und Trauer zur Kenntnis genommen wird. Wie lange gedenken Sie noch tatenlos diesem beispiellosen Niedergang zuzusehen? Mit vorzüglicher Hochachtung Horst Koegler, Silberburgstr. 89, D 70176, Stuttgart.
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