Kulturunternehmen der neuen Art

Das RadialSystem feiert mit Party und Aufführung sein dreijähriges Bestehen

Berlin, 07/09/2009

Als am 9. September 2006 das RadialSystem als neuer Berliner Spielort seine Türen öffnete, waren alle begeistert vom qualitätvollen architektonischen Umbau des einstigen Pumpwerks und von Jochen Sandigs künstlerischem Konzept. Ob das auf privater Basis initiierte Haus finanziell überleben würde, da teilten sich die Meinungen schon. Einhellig waren sie nur über den künstlerischen Zugewinn für die Hauptstadt. Eigentlich war Sandig 1990 von Esslingen nach Berlin gekommen, um Psychologie und Philosophie zu studieren. Dann leckte er Blut am Kunstmanagement: Nach Anfängen beim Tacheles gründete er mit Sasha Waltz die Compagnie Sasha Waltz & Guests und als freie Produktionsstätte die Sophiensaele. Was er anpackte, gelang. Sein größter Coup indes wurde, mit dem Kommunikations- und Musikwissenschaftler Folkert Uhde gemeinsam, der Aufbau des RadialSystems nahe dem Ostbahnhof zu einer selbst international ersten Adresse für den künstlerischen Dialog.

So wie Industriedenkmal und gläserner Anbau architektonisch eine Synthese eingehen, spannt auch Sandigs Konzept den Bogen weit, sind ihm Genregrenzen fremd. Dialogisches Prinzip nennt er es, wenn tradierte Kunst und Experiment aufeinandertreffen und sich gegenseitig anregen. Neben Sasha Waltz & Guests zählen daher auch die Akademie für Alte Musik, das Solistenensemble Kaleidoskop und Vocalconsort Berlin nicht nur zu den residenten Kompanien, sondern treten regelmäßig auch miteinander auf. Gerade diesem Zusammenspiel verdanken sich reizvolle Projekte der vergangenen drei Jahre, darunter das choreografische Konzert „4 Elemente – 4 Jahreszeiten“. Auch die Reihe „Nachtmusiken“, bei der man entspannt auf Yogamatten liegend zuhören kann, ist ein ungewöhnliches Format. In der „Barock Lounge“ als weiterer Reihe treffen Barockklang und Verfremdung durch DJs aufeinander, beliebt sind ebenso die „Radialen Familientage“. Einmal wöchentlich trainiert die Kindertanzkompanie, jüngstes Hausensemble ist die TanzZeit-Jugendkompanie.

Eindrucksvoll liest sich die Liste der bisherigen Gastkünstler, von Christa Wolf bis Angela Winkler und Barbara Sukowa, von William Forsythe bis zu Tänzern der Pariser Oper, von Katie Melua bis Wir sind Helden. Kulturpartnerschaften in Europa und, für das im Oktober geplante „Hybrid Arts Fest – Australia“, bis nach Sydney ermöglichen diese Vielfalt, Partnerunternehmen wie Berliner Wasserbetriebe, Stiftung Deutsche Klassenlotterie, Dussmann unterstützen sie. Denn Geld ist knapp in privaten Unternehmen dieser Art, auch wenn sich die Auslastung von 71,5 Prozent 2006 auf 80,3 Prozent 2008 steigerte. Zu 43 Prozent kam der Jahresumsatz 2008 aus Ticketeinnahmen, zu 30 Prozent aus Vermietung an Partner aus Politik, Wirtschaft, Kultur - auch dies gehört zum dialogischen Prinzip. Nachhaltige Absicherung des RadialSystems in die Zukunft und ein mögliches Tandem aus Sophiensaelen und RadialSystems stehen als nächste Aufgaben an.

Zuvor wird jedoch das eigene Jubiläum gefeiert. Am 9.9. steigt ab 21 Uhr eine Geburtstagsparty mit künstlerischen Highlights. In den „Radialen Nächten“ vom 10.-12.9. und auf allen Ebenen des Kunstkleinods treten die Ensembles des Hauses auf. Sasha Waltz & Guests zeigen ausgewählte Szenen ihrer „Dialoge 09 - Neues Museum“, zu sehen sind beide Jugentanzkompanien, zu hören die Geigerin Midori Seiler und der Pianist Christian Rieger. Die Wasser der Spree rauschen dazu.

9.-12.9., RadialSystem: www.radialsystem.de
 

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