Wer sein Heil in der Gruppe sucht, ist selber schuld

In den Berliner Sophiensälen: “Woran ich merke, was für ein Vieh ich bin” von TWO FISH und PATHOS transport theater

Berlin, 23/12/2009

Als eine „facettenreiche Komödie zwischen Einsicht und Verlegenheit“ hat die Süddeutsche Zeitung seinerzeit “Woran ich merke, was für ein Viech ich bin” bezeichnet, und die Koproduktion von TWO FISH und PATHOS transport theater spielt tatsächlich in einem „choreografischen Texttheater mit den Gedanken, die Menschen sich über andere und sich selbst machen.“ Gleich zu Anfang präsentieren Martin Clausen und Angelika Krautzberger vor ihrem Publikum mit stolzgeschwellter Brust die Piktogramme, die sie von sich gemacht haben – und reagieren mit wachsender Verängstigung auf ihre nicht gerade kommunikationswilligen Zuschauer: ein ambivalenter Zustand, der die ganze Aufführung kennzeichnet, die sich nicht wirklich zwischen Tanz und Text entscheiden kann und sich keine Sekunde einer persönlichen Sicherheit gönnt. „Bin ich eine göttliche Kreatur, eine bösartige Bestie, ein hilfloser Helfer oder eine schwierig zu organisierende Biomaschine?“, scheinen sich außer Clausen & Krautzberger auch Kristina Brons, Angelika Fink, Felix Marchant, Peter Trabner (und leider erst gegen Ende auch Angela Schubot) etwas großsprecherisch zu fragen. „Bin nur ich so, oder haben das alle?“ Und ihre Antworten fallen immer selbstkritisch aus, aber nie bar aller Ironie.

Es darf jedenfalls gelacht werden, wenn die sieben versuchen ihre Welt zu verändern, die scheinbar mit Brettern vernagelt ist. Es geht auch anders, nicht nur außen herum, sondern auch mittendurch, wie Peter Trabner irgendwann entdeckt. Schließlich halten die Wände schon lange nicht mehr, was sie versprechen – und wer sein Heil in der Gruppe sucht, ist selber schuld und darf sich am Ende dafür reihum ohrfeigen. Selbst die Urlaute sind inzwischen alles andere als orphisch, und der kollektive Schrei aller Beteiligten täuscht nicht über deren Vereinzelung hinweg. Insofern ist das Stück zwar eine Humoreske, aber nicht ohne einen ernsten Hintergrund. Martin Clausen hat sie zusammen mit Angela Schubot in best Two Fish Manner inszeniert, und wer nicht zu viel Selbsterkenntnis (und Choreografie) erwartet, ist bei beider Arbeit bestens bedient.

Wieder am 29. und 30. Januar im LOFFT Leipzig. www.lofft.de, www.twofish.info

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