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Athletisch und mitreißend: Die Revue „Rock the Ballet“ in der Kampnagelfabrik
Hans-Martin Koch, Leiter Kulturressort, Landeszeitung Lüneburg
Sie nennen sich die „Bad Boys of Dance“. Ihr Anführer Rasta Thomas tanzte beim National Ballet of China, beim Kirov Ballett in St. Petersburg und beim Dance Theatre of Harlem. 2008 gründete Rasta Thomas die tanzenden Bad Boys. Sie hören aber vor allem auf das Kommando einer Frau: Adrienne Canterna. Sie hat mit den Jungs eine neue, atemraubende Folge von „Rock the Ballet“ einstudiert und wirbelt selbst mit bei dieser Bühnenversion des längsten aller Video-Clips. „Rock the Ballet“ ist eine Einstiegsdroge für Menschen, die nicht zum Ballett gehen. Es ist laut, schnell, artistisch, mitreißend, rockig und feiert in der Kampnagelfabrik das Leben und den Tanz.
Rasta Thomas und Gattin Adrienne Canterna lassen Rocksongs durch die Halle krachen, meist Bekanntes von Queen und Michael Jackson, Coldplay, INXS, Alicia Keys und anderen. Im ersten Teil kommen die Stücke als Nummernrevue daher, im zweiten und spannenderen Teil laufen sie oft als Collage ineinander. Zur Musik aus dem Off schneidert Adrienne Canterna ihrer Truppe – sechs Männer, eine Frau – Bewegung auf den Leib. Die Choreografin lässt Blitzlichter aus dem klassischen Formenkanon aufleuchten, sie zitiert, was aus Musicals und Tanzfilmen vertraut ist, sie nutzt Powermoves der Breakdancer ebenso wie das HipHop-Repertoire und Abläufe, die an Kampfsport erinnern. Die Szenen drehen sich ein wenig um Liebe, um Eifersucht, um Sex, vor allem aber um das Tanzen um des Tanzens Willen. Es gibt da nicht hineinzudeuten, die Philosophie von „Rock the Ballet“ liegt im Titel selbst; die Choreografien sind im Kern – bei Tageslicht besehen – denn doch nicht gerade spannend.
Drittes Element der Show ist das Licht, ein Spiel aus Dunkelheit und Gleißen. Außerdem tanzen hinter den Akteuren Bilder: Nachtlichter der Großstadt und nervös im Beat zuckende abstrakte Motive. Das passt meistens, aber nur selten verzahnen sich Tanz, Sound und Bild so fesselnd wie bei den Maschinenszenen zu Olafur Arnalds „Brotsjor“. Dagegen wirkt denn doch vieles beliebig. Weggewischt werden Einwände vom aberwitzigen Tempo, vom Sog und Strudel aus Energie und Lebenslust. Die Truppe fliegt unglaublich artistisch über die Bühne, Adrienne Canterna dreht Pirouetten zum Schwindligwerden, und James Boyd bringt dank seiner Geschmeidigkeit auch Ausdruck in die technische Perfektion.
Zum Ende dröhnt „I'm sexy and I know it“ durch die Halle, die Bad Boys zeigen ihre Sixpack-Bodies, das machen sie mit einem Schuss Selbstironie, und doch feiern sie sich damit auch selbst. Das ist okay, das Publikum ist von der gut 90-minütigen Show hingerissen und wird es bis zum 20. Januar sein. Im Sommer kommen die Bad Boys wieder, dann rocken sie „Romeo und Julia“.
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