Tanz in Bern
Tanz in Bern

And it will go on and on and on

Ein Zuschauer-Blog zu Jan Martens „Sweat Baby Sweat“

Eindrücke junger Zuschauer zur Vorstellung bei Tanz in Bern

Bern, 02/11/2013

Sweat Baby Sweat Baby Sex is a Texas Drought.
Ganz und gar nicht trocken ist dieses Stück mit Kimmy Ligtvoet und Steven Michel. Da wird geschwitzt und feucht geküsst. Langsam nähern sich die Zwei, die so gerne Eins wären, dem Höhepunkt. Ein schöner Schluss, wie sie sich nachher schwer atmend in die Augen schauen. Doch dann beginnt dieses Lied, dieses zum Schmelzen schöne Lied. In einem gemeinsamen Herzschlag kriechen die zwei Gestalten auf dem Boden herum, das Licht wird gedimmt. Und der Song läuft weiter. Der Text an die Rückwand projiziert, werden wir zum Sing-Along motiviert (macht aber zum Glück niemand). Und der Song geht noch länger. 18 Minuten sind vorbei als „This is a four hour song; And it will go on and on“ doch noch endet. Macht nichts, dass „Sweat Baby Sweat“ so langsam ist. Schöne Musik zu hören und schönen Menschen zuzuschauen, dafür habe ich allemal Zeit.
Gian Leander


Sie sind unglaublich schön. Ihre Bewegungen sind allmählich, das Licht verändert sich allmählich und die Musik wird allmählich lauter - alles so ein bisschen allmählich. Aber immer irgendwie schön. Als sich diese allmählichen Bewegungen der beiden beginnen zu wiederholen, denk ich mir, ok, ja, jetzt zittert ihr, aber eigentlich habe ich das ja schon gesehen. Vielleicht mal was Neues. Und das kam. Inniges Küssen, während es immer weiter geht, das Geben und Nehmen zwischen den Zweien - von Bewegungen und Hingabe. Ich lese ein Ungleichgewicht, nie stimmt es zwischen ihnen ganz, obwohl sie körperliche Balance finden, finden sie die andere Balance nicht, die sie verbindet und verbinden könnte. Und doch gehören sie zusammen. Und werden aber nicht zusammenfinden. Und auch eine Karaokeeinlage kann einen Subtext haben.
Kathi


Irgendwann verändert sich das Licht. Irgendwann kommt Musik dazu. Ich bemerke es immer erst nach einiger Zeit, denn meine ganze Aufmerksamkeit gilt den beiden Tanzenden. Ständig ineinander verschlungen, stoßen sie sich weg und gehen wieder aufeinander zu. Nach ca. 40 Minuten denke ich, das Stück ist zu Ende und meine Konzentration fährt herunter. Als ich begreife, dass die beiden bereits Schweißgebadeten noch lange nicht fertig sind, schaffen sie es nochmals mich abzuholen und meine Aufmerksamkeit erneut ihnen zu schenken. Der Song, die Lyrics und vor allem der Mann und die Frau, die sich der Berg- & Talfahrt der Liebe annehmen berühren mich extrem. Und am Ende des Abends bin ich einige Taschentücher leichter und trotzdem glücklich und dankbar!
Linda


Wenn zwei Menschen bereit sind sich zu lieben, willigen sie ein, sich auf das Spannungsfeld sich ständig verändernder Machtverhältnisse zu begeben. Und diese Spannung zwischen Kimmy Ligtvoet und Steven Michel kann man, bei Jan Martens „Sweat Baby Sweat“, nicht nur spüren, sondern minuziös muskulös sehen: wenn sie auf seinen Oberschenkeln steht oder er auf ihren sitzt, wenn er sie am Kopf über den Boden trägt oder sie sich, die Füße in seinem Nacken verschränkt, allein mit Kraft ihrer Bauchmuskeln, nach oben, zu seinem Gesicht zieht. Die Bewegungen sind so ausgestellt und langsam, dass man den Tänzern die Anstrengung ansieht und anhört. Ja - Lieben ist anstrengend, denke ich und - warum eigentlich nicht?
Als die Tänzer richtig schwitzen, die Muskeln vor Anstrengung zittern (die Liebenden Tragen nur Unterwäsche) und der (zu) konstruierte Kuss in ein Dauerknutschen übergeht, wird aus Zuneigung Leidenschaft und gegenseitige Notwendigkeit - ich beginne mich zu sehnen, Abhängigkeit kann so schön sein.
Stören tut mich an diesem Abend nur, dass die Frau öfter dominant erscheint als der Mann. Sonst ist die Aufführung und die Menschen darin einfach nur (!) schön.
Melina


Der Titel „Sweat Baby Sweat“ ließ schon viel versprechen... ich war auf Intimität und viel Körperkontakt eingestellt. Das Performancepaar, in Unterwäsche gekleidet, erzeugte ab der ersten Minute eine hörbare Spannung, die sich in Gebanntheit und Stille äußerte.
Es war schön, eine solche Nähe zwischen zwei Tänzern zu sehen und auch Intimität. Ich als Zuschauer war nur Beobachter, aber es war mir nicht unangenehm. Ich wurde in den Spannungsaufbau (welcher leider etwas zu lange dauerte und dadurch Spannung nahm), der auf einen Kuss hinauslief, mit eingebunden. Das Stück zeigte eine Liebe mit unterschiedlichen Entwicklungen und konfrontierte einen selbst mit seinen eigenen Erfahrungen. Musikalische Untermalung wurde gut gewählt eingesetzt, das schlichte Bühnenbild mit unterschiedlichem Licht hat mir gefallen und auch die Abschlusssequenz, dargestellt mit gesungenen Textzeilen, gaben eine Abwechslung, einen Bruch und eine Lockerheit gepaart mit Schwere, die irgendwie guttat.
Das Stück gefiel mir. Die Körper sprechen lassen- spannend. Es ist sehenswert. Manche Sequenzen waren zu lang oder schon gekannt durch Wiederholung.
Und wen kümmert`s, wenn man in dem Moment die Romantik aufschimmern lässt...
Marian


Zwei schöne Menschen auf einer leeren Bühne tanzen zu einer zunächst ruhigen elektronischen Musik, später dann zu einem Gitarren-Liebeslied miteinander. Sie vereinen sich, ziehen sich an, fressen sich auf, besteigen einander, stoßen sich voneinander ab und bleiben die ganze Zeit eng miteinander verbunden - auch, wenn sie am Schluss getrennte Wege gehen. Die Vorstellung zieht mich in eine Art Trance mit dem Paar auf der Bühne. Es berührt mich auf eine sinnliche Art und es freut mich, dass ich beglückt aus diesem Stück gehen kann, ohne dass irgendetwas albern oder kitschig werden musste.
Anne


Ich sitze in der 1. Reihe. Bin direkt vor Adam und Eva. Bin gefesselt. Traue mich kaum, mich zu bewegen. Die Spannung des Paares - der Körper. Ich kann meine Augen nicht abwenden. Die Ästhetik fasziniert mich. Das Licht. Nur die beiden Liebenden. Stille. Jede Bewegung scheint gesetzt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das schade finde oder grade richtig. Ihre Körper funktionieren nur miteinander. Sie sind praktisch voneinander abhängig. Ansätze von Konflikten sind zu sehen. Mit einer kleinen „Ausbruchserwartung“ bin ich rein gegangen. Gekommen ist sie für mich nicht wirklich. Die Entwicklung des Kusses fand ich spannend, trotzdem hat der Kuss mir die Spannung/ die eigene Fantasie etwas geraubt. Es war einfach gemütlich, wunderbar und sehnsuchtserweckend. Nicht mehr und nicht weniger.
Jasmin


„Sweat Baby Sweat“: Was ich da sehe, ich habe es schon tausendmal in X-Varianten gesehen, gehört und gelesen. Innige Liebe, Zärtlichkeit, Ewigkeit, Hingabe, Schönheit, Zusammensein, Abstoßen, um wieder zusammen zu sein, Zusammen sein, um wieder abzustoßen, Verschmelzen zweier Personen. Dieser Abend erschien für mich wie ein „four hour song“. Ja und trotzdem glaube und hoffe ich, dass es das Alles gibt! Nicht nur für mich, auch für meine Umgebung.
Jonas


„As long as you are here I am too“ steht in kleinen Lettern an der Wand im Hintergrund des jungen Paares, das auf der ansonsten völlig leeren Bühne steht. Was vor meinen Augen geschieht und in meine Ohren eindringt, wirft bei mir keinerlei Fragen auf, dafür umso mehr Erinnerungen. Unter beinahe einstündigem ununterbrochenem Blick- und Körperkontakt wechseln die beiden fließend ihre Positionen und Haltungen zueinander: Stoßen sich voneinander ab und ziehen sich gegenseitig wieder an zum Puls der Musik und dem Rhythmus ihres Atems. Ich bin froh dem Ereignis zwischen dem Tanzpaar beizuwohnen, während ich mit meinem geistigen Auge ganz woanders bin. „As long as you were here I was too.“
Nico


Meine Füße berühren den Boden nicht, es ist wie fliegen.
Ja. haha. weil ich dich die ganze Zeit trage.
Halt mich fest. Lass mich nicht los.
Ich habe ja gute Muskeln.
Du zitterst ja.
Es ist anstrengend mit dir.
wie fliegen.
Ich trag dich ja gern.
Es wird mechanisch zwischen uns, ich will das nicht.
Es fühlt sich aber falsch an, sich nicht zu berühren.
Es ist anstrengend mit dir. Lass mich los.
Ich fall voll auf die Fresse, wenn du mich loslässt.
Es geht ja auch nicht. Es ist anstrengend mit dir.

Lass uns nochmal von vorne anfangen. Ich trag dich ja gern.

Es ist nicht dasselbe.

Und wenn du nicht da bist, kann ich nichts tun,
außer krumm in der Ecke rumzuliegen und spastisch zu zucken
- in einem Rhythmus, der mich an dich erinnert.
Fabian

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