Noch nie – nie wieder
„Farewell!“ - Der allerletzte Auftritt des Kevin O’Day Balletts in Mannheim
Dominique Dumais lässt Publikum, Musik und Tanz in einen spontanen Dialog treten
Tänzer und Musiker sind hier direkt und spontan in Kontakt, erklärt die Frankokanadierin Dominique Dumais ihre neue Arbeit. Sie nennt sie „PURE“, was sich mit rein, klar und unverfälscht übersetzten lässt. Vor zwei Jahren hatte die Choreografin und stellvertetende Ballettintendantin des Ensembles vom Nationaltheater Mannheim mit „R.A.W.“ den Anfang dieser als Trilogie geplanten Tanzserie gestartet. Darin ging es Dumais zunächst um eine Basisform, die sich aus der Freude am Tanz und seinen Spielformen ableitet. Sie öffnete dafür die Bühne und zeigte in „R.A.W.“ die ganze räumliche Weite. In der darauf aufbauenden neuen Schöpfung sucht die Künstlerin jetzt eine ergänzende Perpektive. „PURE“ geht vom Bühnenkonzept her nicht in die Tiefe des Raumes, sondern zieht das Geschehen in die Nähe. Daraus entsteht ein intimeres Verhältnis für alle Beteiligten. Wer sind die Akteure von „PURE“?
Peter Hinz ist Percussionist und hat mit seiner Schlagkunst schon zahlreiche Schnawwl-Produktionen klanglich bereichert. Martin Lejeune spielt Gitarre und setzte seine vom Jazz geprägten Kompositionen schon für „R.A.W.“ in Szene. Beide Musiker stehen in „PURE“ auf der Bühne. Mit ihren Klangwerkzeugen treten sie in den Dialog mit den Tänzern. Nicht als Gegenspieler, sondern als Partner oder unmittelbare Kommunikatoren. Darauf basiert der spezielle Antrieb von „PURE“, der improvisierende Charakter des Stücks. Hinz und Lejeune loten gemeinsam mit den Tänzerpersönlichkeiten ein Experimentierfeld aus. Dabei zeigen die Tänzer ihr Bewegungsmaterial und die Musiker schöpfen daraus ihren Klang oder gerade umgekehrt: Sound füllt den Raum und wird von den Tanzenden in Bewegung gewandelt. Mal folgt der Dialog der tänzerischen, mal der musikalischen Ansage – ein im Sinne des Titels klares und unverstelltes Verhältnis der Agierenden. In das, so die Choreografin Dumais, auch die Zuschauenden mit ihren Körpern, ihrer Wahrnehmung einbezogen sind. „PURE“ ist aus der Intuition der Choreografin, der beiden Musiker und der Tänzer des Kevin O'Day Balletts entwickelt worden. Im Stück sind Musik, Soli, Duette und Gruppentänze von einer Struktur geprägt, die vorgegebene und improvisierte Anteile koppelt. Fünf verschiedene Bewegungsphrasen, 30 bis 90 Sekunden lang, werden von den Akteuren wie Themen als Gesprächsgrundlage behandelt, verändert, kopiert, ergänzt und umgeformt. Sie geben dem Werk neben seinen spontanen Einfällen auch das erzählerische Gerüst.
Dumais lenkt ihr Interesse in „PURE“ nicht nur auf Aspekte wie die spontane Reaktion und den direkten Kontakt, sondern auch auf die Instrumente ihrer choreografischen Handwerkskunst. Kritisch betrachtet sie die voreingenommene Sicht auf Körper und Tanz. Und erklärt, wie schwer es ist, sich von ästhetisch genormten Kategorien zu befreien. „Wir erzählen eigentlich ständig Geschichten mit unserem Körper“, erläutert sie. Mit „PURE“ wagt sie auch einen anderen Blick auf den tanzenden Körper: Seine anatomischen Voraussetzungen, seine Funktionalität, aber auch sein gespeichertes Wissen von organischer Bewegung. Sie macht den Tanzenden frei, lässt ihn in Kontakt treten mit anderen und erschafft damit zugleich Poesie.
Die Premiere von PURE findet am Samstag, 11. Oktober 2014, 20.00 Uhr, im Schauspielhaus vom Nationaltheater Mannheim statt. Anschließend gibt es eine Premierenfeier im Lobby Werkhaus.
Weitere Vorstellungen: 16. Oktober, 16. und 29. November 2014 und an weiteren Terminen.
www.nationaltheater-mannheim.de
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