Vladimir Malakhov kündigt seinen Rücktritt an
Vladimir Malakhov verlängert seinen Vertrag als Intendant des Staatsballetts Berlin nicht über die Spielzeit 2013|2014 hinaus.
Da hat ja das Land Berlin vertreten durch seinen Bürgermeister und Kulturdezernenten Michael Müller wieder einen Coup de théatre geschafft und den Darling der Berliner Gesellschaft auf den höchsten Thron unserer Republik gehievt in Ermangelung einer anderen vernünftigen Lösung. Wenn ich es auch für nicht sehr geschickt halte, scheint es dem Land Berlin aber zwei Fliegen mit einer Klappe aus dem Weg zu räumen. Die hochgepriesene Choreografin Sasha Waltz und ihr begabter künstlerischer Manager Jochen Sandig riefen, seit sie Berlin erobert haben, nach besseren Arbeitsmöglichkeiten. Diese Forderung schien erst einmal durch das Engagement an die Schaubühne am Lehniner Platz, damals noch Flaggschiff der Kulturszene, gelöst worden zu sein, was sich aber bald trotz Erfolg als nicht praktikabel erwies.
Die Erfolge des Teams Waltz/Sandig sind unbestreitbar, ähnlich wie der glanzvolle Aufstieg der Pina Bausch als Künstlerin. Der Unterschied ist allerdings, dass das Nest, das sich Bausch in der Provinz gebaut hatte, stets ihr Zuhause blieb und sie alle Angebote von August Everding, ihr das Prinzregenten-Theater in München zu Füßen zu legen und auch Versuche sie nach Paris oder Berlin zu locken, instinktiv abgelehnt hat. Und Wuppertal hat es ihr gedankt, indem die Stadt in höchsten finanziellen Nöten auf sein Schauspiel verzichtete. Lieber hat man den einzigen Werbeträger neben der Schwebebahn, das Tanztheater, weiter durch die Welt geschickt, was sogar zu funktionieren scheint, nachdem Bausch museal geworden ist und ihr Erbe vermarktet wird. Es erinnert mich an die Bildende Kunst: die Werke werden auf dem Parkett der Kunstbörse hoch und höher gehandelt, je toter sie sind. Schade, dass es bei uns Bühnenmenschen doch eine Nummer schwieriger ist ...
Zurück zur Berliner Szene, die nebenbei eine frühere Tanzfigur hat, die sich mit der Stadt schwertat, und bei der jetzt mit allen Mitteln versucht wird, sie dem Vergessen zu entreißen: Gerhard Bohner. Natürlich hört man dann und wann, auch wenn man nicht das Gras wachsen hört, von den Überlegungen und was diskutiert wird in den Etagen, die mit der Neubesetzung einer Position wie der künstlerischen Leitung eines solchen Dampfers, wie es diese Renommierkompanie vergleichbar der Pariser Oper oder dem Bolschoi sein soll. Ich könnte mich also jetzt auslassen über die Probleme, die das Land bzw. die Stadt Berlin schon mit drei Opernhäusern hat, was ich aber nicht tun werde.
Ich frage aber, wieso diese Position der Ballettintendanz mit Sasha Waltz besetzt wurde, nachdem man zweimal Schiffbruch erlitten hat, was nicht unbedingt nur Schuld der Künstler war. Und dann muss man noch einen zweiten Mann dazu engagieren, der, so ist es wohl gemeint, sich um das ererbte und zu erneuernde große Repertoire kümmern soll? Wenn ich eine Patentlösung wüsste, würde ich sie sofort veröffentlichen und wäre ein gemachter Mann. Nicht einmal daran glaube ich. Ich kann dazu nur kommentieren, dass z. B. mit dem Engagement von Brigitte Lefèvre die Pariser Oper eine goldene Zeit hatte, indem sie sowohl das Repertoire nicht vernachlässigte, als auch Choreografen für ein Stück wie „Le Parc“ (Angelin Preljocaj) gewann oder Pina dazu überredete, ihren „Sacre“ herzugeben, was diese durch unerfüllbare Forderungen zu hintertreiben gedachte, was ihr aber nicht gelang. Ähnliches ist dem ehemaligen Leitungsteam des Staatsballetts München (Liška/Wagner-Bergelt/Oberender) gelungen, aber da saßen keine Choreografen, die auf Augenhöhe versucht haben, einen anderen zu überreden ... Selbst mit den Erben geht das manchmal unter Umständen leichter.
Die andere Frage, die sich mir aufdrängt, ist: Warum tun sich Waltz/Sandig das an? Glauben sie wirklich, dass sie die Heilsbringer sind in dieser leider so verfahrenen Situation? Oder ist es so gut dotiert, dass man wie die Fußballstars gegen Ende ihrer Karriere noch schnell in Amerika einen Vertrag unterschreiben muss? Ich würde sehr hoffen, dass Sasha sich nicht so fühlt! Man hält sich aber auch ein Hintertürchen offen, indem man die eigene Kompanie weiterführen will, wo Sandig die Stellung hält, falls es schiefgeht oder damit man ganz Berlin „beherrscht“? Ich glaube, dass man sich auch damit keinen Gefallen tun wird.
Da war die Idee des Intendanten der Pariser Oper Rolf Liebermann besser, indem er für Carolyn Carlson eine „Groupe de Recherche“ an der Oper etablierte. Mit ihr tanzten mehr Tänzer, die nicht dem Ballett angehörten. Wie der organisatorische und finanzielle Hintergrund aussah, hat mich damals nicht sonderlich interessiert, ich hatte ja die Kompanie des Ulmer Theaters, und damit genug um die Ohren und nebenbei noch versucht, Kunst zu machen ...
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