Crankos Traum
Dokumentarfilm von Samira Najafian über die John Cranko Schule
Sie zeigen, was sie können, und was sie da zeigen, das kann sich sehen lassen. Tadeusz Matatcz als Direktor der John Cranko Schule kann zum Ende der Saison erfreut auf die Ergebnisse des diesjährigen Schuljahres blicken. Der damit verbundene Wunsch, das Publikum zu verzaubern, geht dabei auch in Erfüllung.
In einer neuen Besetzung beginnt die Matinee mit den im letzten Jahr uraufgeführten vier Kreationen zu Antonio Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“. Katarzyna Kozielska, Louis Stiens, Fabio Adorisio und Demis Volpi, dem auch die künstlerische Leitung dieses Projektes im Auftrag der Schule obliegt, lassen die Tänzerinnen verschiedener Ausbildungsklassen und die Mitglieder der Akademien A und B durch das Jahr tanzen.
Nach der Pause folgt „Klassische Symphonie“ zu Sergei Prokofjews „Sinfonie classique“ von Leonid Lavrowsky. Dass diese Kreation vor weit mehr als 50 Jahren entstand, merkt man der frischen Interpretation und dem gekonnten Umgang mit den nicht zu unterschätzenden technischen Ansprüchen dieser exzellenten sowjetischen Neoklassik nicht an.
Mitglieder der Akademien A und B tanzen eine Erstaufführung von Goyo Montero mit dem Titel „Alrededor no hay nada“. Durchaus interessant anzusehen, was die fünf Paare da auf die Sprachrhythmik der zugespielten Texte von Joaquin Sabina und Vincius de Morales in ansteigender Dynamik zeigen. Allerdings wäre eine Übersetzung der Texte, zumindest im Programmheft, wünschenswert. So bleibt es ein Rätsel, was da gesprochen und was dazu über „Das Nichts“ getanzt wird.
Mitunter liegt in der Kürze das Glück. Beispielsweise, wenn Mizuki Amemiya gemeinsam mit Henrik Erikson und Christopher Kunzelmann zu einem Ausschnitt aus Monteverdis „Lamento della Ninfa“, gesungen von Ane Brun, ganz und gar nicht demonstrativ, sondern bei angemessener Individualität mit höchst anspruchsvollen Konstellationen und vor allem Hebungen ihr bestaunenswertes Können zeigen.
In einer Neufassung gibt es „A Spell on You“ von Marco Goecke zum immer etwas melancholischen, dunklen Gesang der 2003 verstorbenen Nina Simone, Vertreterin der Black Classical Music, und dennoch nicht ohne den Sound des widerständigen Soul. Goeckes Kreation fasziniert zunächst im Trio als dann im ausdrucksstarken Solo, hier getanzt von Amber Ray, der zu den erfolgreichen Absolventen dieses Jahrganges gehört.
Nach dem kleinen Solo „porto que sinto“ von Catarina Antunes Moreira kommt das grandiose Finale: Ausschnitte aus „Etüden“, eingerichtet für alle Altersklassen der Schule von Barbara und Tadeusz Matacz. Da kommt alles zusammen, was das Ballett ausmacht. Die Symmetrien der Gruppen, die tänzerischen Beziehungen der Paare, die solistischen Qualitäten bei hohen Ansprüchen, wie man sie aus dem klassischen Grand Pas de deux kennt mit Pirouetten, Sprüngen, Hebungen, Korrespondenzen zwischen Solisten und der Gruppe. Nicht zu vergessen, die großen, diagonal über Bühne geführten Sprungparaden der jungen, hoffnungsvollen Tänzer.
Vier der 14 Absolventen wird man im Stuttgarter Ballet wiedersehen. Andere werden in Eisenach, an der Opéra National de Bordeaux, beim Ballet du Rhin in Straßburg, im Ballett der Oper von Bydgosz in Polen oder am Königlichen Ballett in Stockholm tanzen, oder auch am Prager Ballett des Nationaltheaters, dessen Direktion mit Beginn der neuen Saison Filip Barankiewicz übernimmt.
Noch keine Beiträge
basierend auf den Schlüsselwörtern
Please login to post comments