„Tanz schafft Räume“
Tanzplattform 2024 in Freiburg eröffnet
Irgendwie ist alles schon mal dagewesen. Der choreografische Senkrechtstarter Moritz Ostruschnjak – mit „Terminal Beach“ zur nächsten Tanzplattform eingeladen – kennt sich aus im Dschungel der kurzen Videoclips (Trailer) auf YouTube und TikTok. Was die Erfindungen von Bewegungen angeht, so lautet seine These, gibt es nichts mehr Neues – in den Tiefen des Netzes ist alles schon mal dagewesen. Wer um die begehrte Ware Aufmerksamkeit buhlt, kann gar nicht anders, als auf schon Vorhandenes zurückzugreifen. Originalität besteht darin, zu kopieren und neu zusammenzusetzen.
Zur Bestätigung dieser These hat sich Moritz Ostruschnjak mit neun Ensemblemitgliedern der famosen tanzmainz-Kompanie auf die Reise in die Tiefen des Netzes – sprich der Social-Media-Plattformen – und zurück auf die Bühne des Mainzer Schauspielhauses begeben.
Der Stücktitel „Trailerpark“ assoziiert zugleich eine prekäre, trashige Wohn- und Lebenssituation – Hochkultur ist nicht in Sicht. Stattdessen schickt der Choreograf, der Teil der Münchener Sprayer-Szene war, bevor er den zeitgenössischen Tanz für sich entdeckte, neun Tänzer*innen auf die komplett leere Bühne. Daniela Bendini hat sie alle in überzeugend authentisch wirkende Trikots unterschiedlicher Sportarten gesteckt, bedruckt mit fiktiven Logos von Vereinen und Sponsoren. Sie sind alle irgendwie ähnlich und doch höchst unterschiedlich, wenn sie versuchen, ihren tänzerischen Auftritten ganz persönlich gefärbte Originalität zu verleihen. So werden die unterschiedlichsten Stilrichtungen angedeutet und wieder gebrochen, ergänzt durch Pantomime und Handzeichen.
Hand- oder besser Fingerzeichen gelten längst als inoffizielle Codes von sozialer Gruppenzugehörigkeit, die allgegenwärtigen, von Daumen und Zeigefingern geformten Herzen einerseits, das eigentlich unschuldige OK-Handzeichen als Erkennungsmerkmal der rechtsextremen Szene andererseits. In „Trailerpark“ bieten sie eine der großen Chancen auf die so hart begehrte Originalität.
Moritz Ostruschnjak ist selbst spät zum Tanz gekommen, hat trotzdem eine professionelle Ausbildung und anschließende Tänzerkarriere durchlaufen. Er weiß, wozu Tänzer*innen physisch in der Lage sind – und er fordert es ihnen ab. Angefeuert werden sie dabei zusätzlich vom Musikmix, in dem Jonas Friedlich konsequent ebenfalls die Tasten für Copy and Paste bedient hat, bis zum ironisch gebrochenen Finale mit dem Queen-Song „Who wants to live forever“. Irgendwie wollen sie das alle, aber nur einen kurzen Trailer lang. – Großer Premierenbeifall für ein hochaktuelles, originelles Stück.
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