„Deepspace“ von und mit James Batchelor

„Deepspace“ von und mit James Batchelor

Die Kugel muss rollen!

„Deepspace“ von James Batchelor bringt Kugeln und Menschen zum langsamen Tanzen

Bewegungen von Körpern und Objekten kommen in „Deepspace“ aufs wunderbarste zusammen. Ein hochkonzentrierter Abend in Clubatmosphäre.

Berlin, 15/03/2023

Da rollen sie wieder die Kugeln. Eine geradeaus, die andere in einer runden Bahn direkt auf Chloe Chignell zu, die in schwarzen Trainingsklamotten auf dem grauen, kalten Betonboden hockt. Die rollenden Kugeln sind gleichermaßen Anfang und Ende und eines der wiederkehrenden Elemente von „Deepspace“, choreografiert und mitgetanzt von James Batchelor und bis zum 17. März im Berliner Club Traumabar zu sehen. Als Intro gibt es eine Soundinstallation von Gigi FM. Kugeln und Bälle kommen in diesem Tanzstück in verschiedensten Größen und Konsistenzen vor: Murmeln, Boccia oder Wasserball. Es geht um das Spiel mit dem Objekt und dem menschlichen Entdeckungsgeist. Murmeln werden auf weißen Pappstrukturen balanciert und dann verschluckt oder der Rücken Batchelors wird zur Murmelbahn, auf der sie rauf und runter rollen.

Die Bewegungsmuster der Kugeln wiederum bieten Anlass für die beiden Tänzer*innen, ihre eigenen Muster auszurichten. Langsam kreiselnd, in vollständiger Synchronizität beginnen sie diesen Abend. Auf klar gezirkelten Bahnen schreiten sie rückwärts und seitwärts durch das Publikum, treiben es in aller Ruhe auseinander. In vollkommener Langsamkeit fließen die Bewegungen durch die Muskeln, bald liegen sie auf dem Boden, liegen aufeinander und werden dann zur geradezu akrobatischen Figur, wenn Batchelor Chignell erst auf seinen Steiß und dann auf seine Schultern nimmt, um so die Wand entlangzugleiten, sie zu ertasten und zu erforschen.

Die Inspiration zu „Deepspace“, das an die verschiedensten Orte adaptiert werden kann und etwa im Rahmen von Tanz im August auch schon in einer Kirche zu sehen war, kam Batchelor, gebürtiger Australier und Wahl-Berliner, auf einer Expeditionsfahrt in die Antarktis, an der er 2016 teilnehmen durfte. Auch die Soundlandschaft, die Morgan Hickinbotham für die Performance geschaffen hat, greift Elemente wie Meeresrauschen oder Schiffsgeräusche mit auf, verfremdet sie aber zu einem elektronischen Teppich, der durch den Abend leitet.

Dieses hochkonzentrierte Tanzstück vermag gerade durch seine einfachen Elemente zu überraschen. Dieses Auskosten des Langsamen wird niemals langweilig, sondern stellt verblüffend die Möglichkeiten der beiden Körper aus, die sich in scheinbarer Leichtigkeit nach oben stemmen und auch schwierige Stützpositionen ohne ein Zucken meistern. Im nächsten Moment tanzen sie im Paartanz ihre Kreise, bloß um später eine Kontaktimprovisation mit blauem Plastikball zu starten. Dabei nutzen Batchelor und Chignell klug die räumlichen Gegebenheiten und Herausforderungen und treiben – wenn auch nicht so stark wie es denkbar wäre – das Publikum von ihren selbstgesuchten Plätzen in den freien Raum. Dabei verliert sich im Laufe des Stücks die Synchronizität ganz bewusst. Beide suchen ihre Bewegungsmuster, die sich ähneln, aber nicht gleich sind. Erfahrungen ändern eben alles und hier sind beide sehr unterschiedlichen Eindrücken ausgesetzt.

Am Ende muss man sich aber am Ende der 50 Minuten nicht entscheiden, ob die kreisförmige oder die gerade Kugellinie die schönere ist. Das Material der Bälle, einmal Stahl, einmal Gummi, macht sie zu dem, was sie ist. Ein runder Abend ist es allemal.
 

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