Körper-Raum-Konzentration
Eindrücke von der Tanzwerkstatt Europa 2023 (I)
Alexander Vantournhout und seine „not standing” Performer*innen eröffnen die Tanzwerkstatt Europa in München
Acht Akrobaten-Tänzer*innen in grün-türkis-farbenen, seidig-schlichten Shirts und Turnhosen breiten sich langsam über die Bühne der Muffathalle aus. Sich stetig an den Händen greifend, an den Schultern abstützend, die Impulse der Anderen nutzend, kreieren sie ein organisch fließendes Drunter und Drüber und aneinander Vorbei, das absolute Körperbeherrschung beweist.
Umschlungen und verknotet rollen sie übereinander, lehnen sie sich in die Arme ihres Gegenübers zurück, heben sie sich gegenseitig in die Höhe oder schwingen durch die Beine der Anderen hindurch. Wie Zahnräder fügen sich ihre Körper nahtlos ineinander und von einem Kunststück in das nächste. Was ihre Körper zaubern, scheint oft schier unmöglich und steht im Kontrast zur unaufgeregten Atmosphäre der Choreografie. Fast selbstverständlich und stets mit einem sanften Lächeln auf dem Gesicht gestalten sie immer wieder neue Formationen und Körperskulpturen, bei denen kaum noch zu erkennen ist, welches Körperteil zu wem gehört.
Schnelle Schrittdrehungen und weitziehende, richtungsweisende Armbewegungen in der Horizontalebene strukturieren dabei die raffinierte Choreografie und lassen die Tänzer*innen den ganzen Abend hindurch zu experimenteller Rockmusik über die Bühne kreiseln.
Schnell wird die etwa drei Körperlängen hohe Wand inmitten des Bühnenraumes zur wichtigen Mitspielerin der Performer*innen. Die Tanzgruppe „not standing”, die Grenzen als Herausforderung begreift und diese Herausforderung zu ihrem künstlerischen Konzept macht, erobert sich gekonnt und waghalsig den Raum in die Vertikale. Schneller, weiter, höher scheint dabei nicht die Devise zu sein, sondern vielmehr die Art und Weise in die Höhe zu gelangen, zusammenzuarbeiten, gemeinsam die Schwerkraft zu überwinden. So sehen wir alle kreativen Varianten der Räuberleiter, ausgeklügeltes aneinander Hochklettern - Gleichgewichtsübungen vom Feinsten.
„Foreshadow” spielt hierbei mit der Wahrnehmung der Zuschauer*innen. Der vertikale Raum, ähnlich der Vogelperspektive, scheint sich wie ein neues Tanzparkett nach oben auszudehnen - eine faszinierende Manipulation der Sinne und der Schwerkraft. Ein magisch-poetischer Start für das Sommerfestival in München!
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