Béjart Ballet Lausanne mit Altem und Neuem
„Tous les hommes presque toujours s’imaginent“ von Gil Roman, sowie „Boléro“ und „L’Oiseau de Feu“
Ballett-Gala „Homage to Ballet“ in seiner dritten Ausgabe am Theater 11 in Zürich
Weltstars und Highlights des klassischen und modernen Balletts waren laut Programm versprochen worden, von zahlreichen Tänzer*innen auf internationalem Spitzenniveau und den renommiertesten Kompanien war die Rede. Diese Reise durch die verschiedenen Facetten des klassischen sowie des modernen Balletts entpuppte sich als ein zähflüssiger, in die Länge gezogener, durchschnittlicher Abend für das breite Publikum und mit Kommerzcharakter. Vor allem die vom Hauschoreografen Arshak Ghalumyan beigesteuerten Choreografien entsprachen nicht dem heutigen Zeitgeist.
Bekannter Klassiker
Neben all dem Gewöhnlichen gab es doch ein paar Highlights von drei hochklassigen Tanzpaaren. Einen kurzen, einnehmenden Auftakt machten Sae Eun Park und Paul Marque (in Glitzerkostümen). Vor der Pause gab es einen ersten klassischen Höhepunkt mit dem berühmten Pas-de-Deux aus „Le Corsaire“ (Choreografie nach Petipa), stupend getanzt von Katja Khaniukova und Reece Clarke. Dieser Klassiker gehört praktisch zu jeder Gala und ist den Ballettomanen bestens bekannt vor allem auch durch Tanzwettbewerbe.
Dazwischen und danach folgten Stücke mit einer Art von zeitgenössischem Tanz, ein Mischmasch von Stilen und mit provinziellem Charakter. Der Provinzcharakter durchzog auch bühnentechnisch den Abend. Die überlaute, viel zu stark aufgedrehte Musik aus den Lautsprechern nervte gehörig und übertönte die live gespielten Stücke des Hauspianisten Mladen Dabizljevic. (Es ist zumindest anzunehmen, dass er live spielte, denn von den seitlichen Plätzen waren weder er noch das Instrument zu sehen – ein dilettantischer Regie-und Organisationfehler, schade um die Musik). Bei den High-Price-Tickets von weit über hundert Schweizer Franken dürften solche Plätze mit eingeschränkter Sicht nicht verkauft werden.
Vor der Pause noch ein Pas-de-Deux, diesmal wiederum mit der federleichten und ausdrucksstarken Tänzerin Sae Eun Pak und dem Gasttänzer Denys Cherevychko. Hier verströmte das Tänzerpaar endlich die Poesie und Grandezza des klassischen Balletts und verbreitete den Hauch einer Ära, ohne verstaubt zu wirken, und für einmal ertönte das Klavierspiel (Musik Maurice Ravel) ohne lautmalerische Verstärkung.
Raumgreifend nach der Pause ein Solo mit Denys Cherevychko, leider wieder mit zugedröhnter Musik (W.A. Mozart). Ein Frauen-Duo von Mauro Bigonzetti wirkte bieder und unbeholfen. Schön getanzt dann eine Suite mit dem erstaunlichen Sprungtalent Paul Marque und der für Ludmilla Konolvalova eingesprungenen Hohyun Kang sowie ein Duo mit Katja Khaniukova und Reece Clarke, ebenfalls auf professionellem Niveau.
Wenig interessante Choreografien
Ansonsten war der Abend eher durchschnittlich, auf jeden Fall weniger euphorisch, als dies aufgrund der zum Teil irreführenden und aufgebauschten Ankündigung zu erwarten war. Enttäuschend war vor allem die Auswahl der Stücke von weitgehend unbekannten oder wenig interessanten Choreografierenden. Choreografien sind urheberechtlich geschützt. Werke von renommierten Choreograf*innen dürfen nicht ohne deren Einverständnis aufgeführt werden. Sie oder ihre Nachlassverwalter entscheiden über das Wer, Wie und Wo – und für wieviel. Keine leichte Aufgabe für private Veranstalter.
„Homage to Ballet“ wurde 2022 von der früheren Solistin des Zürcher Balletts Sarah-Jane Brodbeck gegründet. Als künstlerische Leiterin organisierte sie nun – dank Großerfolge! - zum dritten Mal die „Night with the Stars“ zusammen mit Katharina Lips, Showmanagerin und Tochter des Zirkus Conelli Gründers. Angekündigt war „die kreative Vielfalt des Balletts mit internationalen Koryphäen aus verschiedenen Balletthäusern, Highlights des klassischen Balletts und weltberühmten Choreografien.
„Vollendete“ Tänzer*innen
Viele der Tänzer*innen werden – im nur vereinzelt herumliegenden und schwer zu lesenden Programm - immer noch mit der Kompanie genannt, zu der sie einmal gehörten. Oder behalten noch immer den Titel einer Ersten Solotänzerin eines Staatsballetts, obwohl ihre Karriere längst einen anderen Weg eingeschlagen hat. Einige der Auftretenden sind Mitglieder der Berlin Ballet Company, die vor fünf Jahren von ehemaligen Tänzer*innen des Berliner Staatsballetts gegründet wurde. Sie bilden „a selected group of accomplished professional dancers“, also eine Gruppe von „vollendeten“ Tänzer*innen, euphemistisch für „ehemalige“ professionelle Tänzer*innen.
Bei genauerem Hinschauen auf die tatsächlichen Engagements und Biografien der Tänzer*innen zeigt sich, dass die meisten bereits über 30 Jahre alt sind und in einem Fall sogar über 40. Das bedeutet – mit wenigen Ausnahmen - ein gnadenloses Ende einer Karriere. Klassische Ballett ist Spitzensport.
Tänzer*innen in transition
Dieser Abend zeigte einmal mehr, wie schwer es sich die Ballettwelt immer noch damit tut, einen respektvollen Umgang mit Tänzer*innen in transition zu pflegen, ihnen gebührende Auftritte zu beschaffen, die an die Qualität ihrer bisherigen Arbeitswelt hinkommen, also eine professionelle Umgebung mit einer guten Klang- und Lichtregie, einem angemessenen Bühnenbild und einem Programm, das sowohl ihrem Können wie auch heutigen Ansprüchen genügt. Vor allem sind Choreograf*innen und Choreografien gesucht, die zu überzeugen vermögen. Es gibt noch viel zu tun, um einen würdevollen Abgang aus einem professionellen Leben zu ermöglichen, und nicht einen Abgesang.
Was ich hier lese entspricht purer Frustration und Neid. Die Tänzer und Tänzerinnen welche am Freitag und Samstag bei Homage to Ballet aufgetreten sind, müssen niemandem mehr etwas beweisen sondern haben uns, mit Freude ihre Passion und ihr Können, auf der Bühne gezeigt. Wer dies als ein Abgesang von Tänzer und Tänzerinnen beschreibt, hat sehr vieles nicht verstanden. Im Gegenteil, was für eine Klasse für nur 2 Auftritten bis nach Zürich zu kommen.
Ich fand die dritte Ausgabe dieses Anlasses hervorragend. Verschiedene Tänzer Tänzerinnen und verschiedene Choreografien bringen den Leuten die diversen Facetten von Ballett näher.. und wie!
Homage to Ballet setzt auf Minimalismus und somit wird der Künstler in den Mittelpunkt gestellt - was für eine Ehre! Denn wer gut ist, ist gut und braucht kein Bühnenbild und Schnickschnack..Ein Arzt darf sich ein Leben lang ein Arzt nennen, ein Präsident darf sich ein Leben lang Präsident nennen somit finde ich, dass nach so vielen Jahren harter Arbeit Schweiss, Schmerzen und konsequenter Lebenseinstellungen, jeder Tänzer und jede Tänzerin die es zu Solistin oder Étoile de Paris geschafft hat, sich weiterhin so nennen darf.
Leider gibt es immer wieder Menschen die anstatt ein Projekt zu unterstützen, zu loben, sich dafür zu interessieren einfache Kritik von sich geben, sad world!
Ein riesengrosses Kompliment an Sarah-Jane und Katharina die an sich geglaubt haben, die sich für so ein Projekt eingesetzt haben und die uns beweisen, dass man mit ein wenig Verrücktheit und harter Arbeit wunderschöne Sachen erreicht. Ich freue mich sehr für diese jungen Frauen und hoffe, dass sich einige von uns von ihnen inspirieren lassen.
Rom wurde auch nicht in einem Jahr gebaut.. Homage to Ballet hat noch vieles vor sich und ich freue mich bereits jetzt auf die Ausgabe 2025.
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