Differenzierter als bei der Premiere
Die alternative Besetzung des Eifman-Ballett-Show-Stücks „Anna Karenina“
„Anna Karenina“ nach Tolstoi ist in der noch jungen Amtszeit von Ballettdirektor Gyula Harangozó die erste neuere abendfüllende Premiere, die immerhin diskutiert werden kann. Ob die zahlreichen Effekte, die akrobatische, mitunter an Revue erinnernde Körpersprache, die großformatigen Bilder von nachhaltiger Wirkung und ein sinnvoller Baustein fürs Wiener Repertoire sind, ist zu fragen.
Eifman kommt rasch zur Sache, Details interessieren ihn nicht. Er schafft filmartige, eindeutige Szenen, die den Adrenalin-Spiegel der Protagonisten Anna (Olga Esina), Wronski (Vladimir Shishov) und Karenin (Kirill Kourlaev) hochhalten. Dass diese Anna keine Emanzipierte, sondern ein Machwerk aus männlicher Sinneslust und Anschauung ist, die ihre Freiheit nur im Selbstmord sieht, wird an dem bejubelten Abend verständlich.
Mit dem sechzigjährigen Russen Boris Eifman wurde ein Mann in die Volksoper eingeladen, der das Wirken sowjetischer Vorgänger hautnah miterlebt hat. Ein Mann, der in den Jahren seiner Prägung kaum westliche Choreografen kennen gelernt hat, ausgenommen Maurice Bejart und Roland Petit. Erfolge fährt Eifman vor allem auf den vielen Tourneen mit seinem Petersburger Ballett-Theater ein, einer exzeptionellen, ganz auf die fordernde Energetik seines Leiters eingeschworenen Ensembles. Heikel daher, seiner Mannschaft nachkommen zu wollen. Das Wiener Ballett, das mittlerweile zu einem Drittel aus russischen Tänzern besteht, ist intensiv bemüht. Ob auch für die „Wiener“ Emotionalität aus den Rollen herauszuholen ist, bleibt noch abzuwarten.
Dirigent Daniel Levi ist dem Ensemble mit Tschaikowski-Ohrwürmern und Elektronik heftig auf den Fersen.
Mit freundlicher Genehmigung des Kurier
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