Ein Ballettdirektor nimmt seinen Hut
Mit einem Hauch von Ironie verabschiedete sich Gyula Harangozó nach fünf Jahren als Direktor des Balletts der Wiener Staatsoper und Volksoper
Das Fazit am Ende der Ballett-Gala in der Volksoper: Wie ein Zirkus auf einer Vorstadtbühne.
Seit dem Antritt der Ballett-Direktion unter Gyula Harangozó kann von erlesenem Geschmack keine Rede mehr sein. War man vom Wiener Ballett bisher eine gewisse Stilsicherheit, vor allem aber zeitgemäßen Geschmack gepaart mit Traditionsbewusstsein gewohnt, erlebt man nun eine mediokre Ästhetik, die das erste Ballett des Landes und dessen Tänzer nicht verdient haben.
Das Programm: Ausschnitte aus „Schwanensee“, „Le Corsaire“, „Dornröschen“, der aus der Mottenkiste geholte Gopak aus „Taras Bulba“ sowie der Grand Pas aus „Paquita“, aufgemischt mit einigen moderneren Versuchen von Andràs Lukacs und Raza Hammadi.
Abklatsch
Man sieht das Bemühen auf der Bühne, klassisches Ballett nach vermeintlich russischem Vorbild zu produzieren, erreicht wird meist nur ein Abklatsch. Das hat mit der Wahl der choreografischen Einstudierung und ihrer Vermittlung auf einer letztlich zu kleinen Bühne zu tun, mit den eigenartig zusammengestellten Kostümen, nicht zuletzt mit dem unsicheren Orchester unter Andreas Schüller. Es geht offenbar nur um formale Anstrengung: Wer springt höher, wer dreht besser. Dass auch die Rollengestaltung wichtig ist, geht bei solch zirzensischen Vorführungen verloren. Ausnahmen: der fein ausdifferenzierte Rainer Krenstetter, Wiener Gast aus Berlin, in „Le Corsaire“, aber auch der neu engagierte, kindhaft wirkende Daniil Simkin in dem Solo „Les Bourgeois“ von Ben van Cauwenbergh.
Dass am Ende sich alle Solisten noch einmal mit einem Gusto-Stückerl tanzend verneigen, erinnert an kommerzielles Show-Biz. Mit Demut vor der Seriosität des Balletts und Kunstsinn hat das nichts mehr zu tun.
Bei aller geschmacklosen Irreführung kann allerdings nicht von schlechtem Tanz gesprochen werden. Das gilt für die Interpreten der jüngeren Stücke, auch für die neu engagierte Olga Esina. Die blutjunge Kirow-Tänzerin legte in der mehr als mittelmäßigen „Paquita“-Einstudierung in scheußlichen Kostümen eine nahezu lupenreine Variation hin.
Mit freundlicher Genehmigung des Kurier
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