Die Weltpolitik durch das Champagnerglas
Superamas bei ImPulsTanz
Superamas „Big, 3rd episode (happy/end)“ im Akademietheater
Der Mensch scheint zum austauschbaren Objekt verkommen: glitzernd die Oberfläche, gestählt der Körper, drinnen gähnende Leere. Was zählt, sind guter Sex und Entertainment.
In der neuen Produktion des austro-französischen Performer-Kollektivs Superamas „Big, 3rd episode (happy/end)“ im Akademietheater ist allerdings auch die Kritik an eben jener Oberflächlichkeit verkommen. Das Stück, das in der Machart, weit weniger perfekt, anschließt an „Big, 2nd episode“, kommt vor allem - gewollt-ungewollt - sexistisch daher. Wenn ein junges Publikum dem lustvollen Abverkauf weiblicher Körper auf der Bühne lauthals zustimmt, muss man annehmen, dass der beabsichtigte Sarkasmus von Superamas nicht aufgeht.
DURST
Filmartig werden Szenen wiederholt und jeweils um neue Ideen erweitert, teils live, teils mit tatsächlichen Filmeinschüben, zuletzt mit einem Zitat von Jacques Derrida. Das mag gescheit sein, übrig bleibt die Bilderwelt der nach dem nächsten Orgasmus dürstenden Frauen, die sich den Männern an die Brust werfen.
Einen völlig anderen Zugang zum Thema Oberfläche zeigt Chris Haring mit der Produktion „Running Sushi“ in der Arena 21 im Museumsquartier (bis 2.August). Den Choreografen fasziniert die grafische Lösung der Mangas, der japanischen Comics. Für „Running Sushi“ entwickelte er zwölf kompakte, aus dem Alltag, Träumen und Wünschen abgeleitete Szenen, deren Reihenfolge vom Publikum bestimmt werden soll. Leider war dieses Verfahren am Premierenabend nicht nachvollziehbar.
MANGA
Auf einem weiß strahlenden Podium führt Haring seine Sushis vor. Minuziös ausgefeilte Miniaturen, die von Stephanie Cumming und Johnny Schoofs wie lebendig gewordene Comicfiguren abgespult werden. Zweidimensional in ihrer Zeichenhaftigkeit. Flach verlaufen die schablonenartig herausgestanzten Lebens-Kapitel dieses Paares. In einer Sequenz ist plötzlich Anna Freuds Stimme zu hören: „Geht es nur über die Analyse oder auch anders?“ Eine neue Dreidimensionalität im Sinne einer Lebensfülle allerdings scheint ausgeschlossen. Wenigstens in „Running Sushi“. Sagt doch die fabelhafte Stephanie Cumming: „Tiefe ist ein Mythos“. Licht aus.
Chris Haring geht in seinem neuen Tanzstück einmal mehr dem designten Menschen nach. Und packt ihn ab als bestellbare Ware. Nicht umsonst sind die Psychotherapeuten-Praxen voll.
Mit freundlicher Genehmigung des Kurier
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