Die Gala!
Ursula Kaufmanns Fotoblog zur Gala des Deutschen Tanzpreises 2024
Im Halbrund umstehen die Musiker den Menschen, wie er eingeringelt unterm Lautenspieler liegt. Musik befördert sein Werden. Um das geht es 90 Minuten lang in einem ungewöhnlichen Projekt des Berliner RadialSystems. „4 Elemente - 4 Jahreszeiten“ vereint zwei barocke Kompositionen und ihre Interpreten mit zeitgenössischem Tanz in einer so amüsanten wie bildhaften Inszenierung. Sasha Waltz gab die Idee, ihr Solist Juan Kruz Diaz de Garaio Esnaola entwarf die Choreografie, und die gesamte Akademie für Alte Musik Berlin tanzt bei dem szenischen Konzert mutig mit. Zur 1737 entstandenen Sinfonie „Die Elemente“ des Franzosen Jean-Féry Rebel gestaltet Esnaola als sein eigener Interpret die Schöpfung.
Blind noch, bäumt und verknotet sich die Kreatur, wieselt wie ein Reptil über den Boden. Dann erschafft sich der ungelenke, ungestalte Mann die Elemente: Erde entquillt seiner Hosentasche zum Weg, Feuer zündelt ihm aus Mund und Hand, Vögel möchte er der Luft entreißen, ein kleiner See will erkundet sein. Rund, ganzheitlich und ohne starre Zentralachse erobert sich der Mann den Raum, jongliert seine Lichter, ehe er sich häutend das Hemd abstreift. Auf dem Liegenden lagern die Musiker wie auf einem Scheiterhaufen ihre Instrumente ab, tragen das Hemd als Reliquie fort.
Dem offenen Umbau schließt sich ein saisonaler Bilderbogen zu den seit 1725 populären „Vier Jahreszeiten“ des Italieners Antonio Vivaldi an. Wiewohl der herangereifte Mann die Fäden zieht, bleibt hier die Musik doch respektvoll im Zentrum und erfährt durch das szenische Spiel eine transparent choreografierte Ausdeutung. Der Mann trägt die unbeirrte Sologeigerin Midori Seiler lauschend auf dem Nacken, wird Teil der Musik. Beim Kuss züngelt ihnen und den Musikern das rote Liebesband des Frühlings aus dem Mund, Papiertauben fliegen in den gleißenden Sonnen-Strahler des Sommers, Wasser aus Eimern löscht den dürstenden See. Von den Köpfen der Spieler erntet der Mann Herbstäpfel, erstickt daran, wird wachgeküsst, drapiert seine bräutliche Geigerin mit Blättern zur Bacchantin, mit Geigenbögen zur Strahlenmadonna, entfacht Sturm. Im Winter wärmt eine rote Feuerlampe, Schnee rieselt auf die Geigerin, bis weiße Tücher die gesamte Mannschaft verhüllen. Traurig schmiegt sich der Mann an seine erstarrte Partnerin.
Wieder 22., 23.3., 27.-29.4., Karten unter 030/288 788 588
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