Jungballerina Olga Esina

Vom Opernball zum Schwanensee

Wien, 01/03/2007

Das inoffizielle Debüt im Haus am Ring fand im Rahmen des Opernballs statt: Als Olga Esina mit ihrem Mann Vladimir Shishov an der Spitze des Ballett-Ensembles den Ball eröffnete. Esina, begeistert: „Es war das erste Mal, dass ich auf diesem Ball getanzt habe, und es war wunderbar. In Russland haben wir keine vergleichbaren Feierlichkeiten.“ Weniger überrascht als einfach glücklich scheint das Nachwuchs-Talent aus der Kaderschmiede des St. Petersburger Kirov-Balletts gewesen zu sein, als Wiens Ballettdirektor Gyula Harangozó persönlich einen Vertrag anbot. Warum die von Ludmilla Kovalova ausgebildete Jung-Ballerina dem russischen Tanz-Tempel „Dosvidanja“ sagte? Olga Esina nennt keine künstlerischen Gründe, schwelgt aber in Lob für das schöne Wien und die netten Kollegen im Ensemble.

Immerhin bescherte ihr dieser Entschluss einen Karrieresprung: Vom bloßen Mitglied am Mariinsky-Theater zur Solotänzerin in Wien. An der Volksoper war sie neben Auftritten im Gala-Programm bisher vor allem in der Titelrolle des „Anna Karenina“-Balletts von Boris Eifman zu sehen. Esina: „Die erste moderne Rolle, die ich hier tanze und die eine riesige physische Herausforderung ist.“ Nun aber steht ihr Debüt in Rudolf Nurejews Inszenierung des „Schwanensee“ bevor. Die Doppelrolle der Odette/Odile ist das Herzstück der meisten Ballerinen.

„So verschieden von der Fassung, die ich am Kirov-Ballett gelernt habe, ist Nurejews Version nicht, aber er entwickelte für den Prinz Siegfried einen eigenen Stil“, meint Esina. „Die Armpositionen sind anders, sehr lyrisch und weich. Das ist interessant.“ Die in Wien übliche Pantomime im zweiten Akt wird sie selbstverständlich machen. „Das ist neu für mich, aber wenn das Publikum dadurch meine Rolle besser versteht, ist es gut.“ Erst zwei Mal hat Esina die anspruchsvolle Partie getanzt: „In Baden-Baden, bei einem Kirov-Gastspiel, durfte ich für die erkrankte Irma Nioradse einspringen. Aber es ist gut gegangen, besser als bei meiner Premiere zu Hause.“ Steht die Tanztechnik oder der Ausdruck im Vordergrund? „Im Fall von Odile ist der technische Anspruch höher, aber ich gestalte auch gerne Rollen.“ Und das ganz ohne Vorbild? „Ja, ich möchte meine eigene Interpretation finden.“ Später aber nennt sie doch ihre sehr bekannte Ex-Kollegin Diana Vishneva.

Bereits im April gibt Esina ihr nächstes Debüt an der Staatsoper: Als Manon im gleichnamigen Ballett von Kenneth McMillan, das ins Wiener Repertoire wieder aufgenommen wird. Esina kennt das Stück aus St. Petersburg: „Ich tanzte eine der Kurtisanen.“ Für die Proben kam die McMillan-Choreologin Monica Parker nach Wien. „Leider nur zwei Wochen“, meint Esina, die sich aber auch mit Literatur versorgt hat. Am Kirov-Ballett war Esina von Olga Moissejewa künstlerisch betreut worden. Zu ihren Rollen zählten unter anderen die Königin der Dryaden in „Don Quixote“, die Fliederfee in „Dornröschen“ sowie Auftritte in Balanchine-Balletten. Vor allem letztere sind derzeit in Wien nicht im Repertoire. Welche Partien wünscht sich die bereits gebrochen Deutsch sprechende Künstlerin? Olga Esina: „Moderne Rollen, von John Neumeier, von Jiri Kylián.“ Sehnsuchtsvoller Seufzer am Ende des Gesprächs: „Petite Mort“. Dieses Stück ist derzeit (noch) im Wiener Repertoire.

 

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

Kommentare

Noch keine Beiträge