Lange Nacht der selbstwussten Rückbesinnung

Die Tanztendenz München feiert ihr Jubiläum mit einer Performancenacht in der Muffathalle

München, 07/10/2007

Es war eine lange Nacht der selbstwussten Rückbesinnung. 20 Jahre Tanztendenz München (TTM), das ist ja auch ein Grund zu feiern. Anfang der 80er Jahre bekam man via Gastspiele aus den USA gerade Nachhilfe in Sachen Modern Dance. Die jüngere Entwicklung, der „zeitgenössischer Tanz“, war hierorts fast noch ein Fremdwort. Wie sollten da experimentierfreudige Choreographen arbeiten? Ohne Geld sowieso, aber auch ohne Probenräume, ohne Tänzer? Durch die Not angespornt gründeten 1987 fünf Münchner Tanzpioniere, unterstützt von der Stadt, den Verein TTM - und damit entstand eine Arbeitsbasis, die von freien Tanzschaffenden gemeinsam genutzt werden konnte.

Angeregte Geburtstagsstimmung in der Muffathalle. Unter den Gästen auch die maßgeblichen TTM-Wegbereiter, der damalige Kulturreferent Jürgen Kolbe und die Kulturreferats-Fachfrau, die heutige Gasteig-Chefin Brigitte von Welser. Daneben auch Stadträtin Ingrid Anker und Kulturreferent Hans-Georg Küppers, ebenfalls zwei engagierte Befürworter der freien Tanzszene, wenn man ihren Grußworten trauen darf. Küppers betonte, dass „der Tanz als Kunstform viel mehr berücksichtigt werden sollte, auch in Schulen“ und bezeichnete die TTM als „einmalig in Deutschland“. Solche Ermutigung und Lob haben TTM-Mitgliedern, besonders den anwesenden Gründerinnen Jessica Iwanson, Birgitta Trommler und Angelika Meindl sicher gut getan. Es wurde ja einiges erreicht: die großzügigen, jüngst renovierten Probenräume im Dachgeschoß des denkmalgeschützten Hauses Lindwurmstraße 88. Dazu ein Büro, das die für Choreografen zeitraubende administrative Arbeit erledigt, von der Premieren-Einladung über die Probenpläne bis zur Kontaktsuche für Auftrittsmöglichkeiten.

Dass diese großartige Infrastruktur auch von den „Nutznießern“ gefüllt wird, bewiesen diese in ihrem prallen Jubiläumsprogramm mit Tanz, Tanztheater und Film auf drei Bühnen, sogar auf Wandvorsprüngen und hochaufgebockten Stühlen. Man muss aus den leider nicht alle nennbaren 15 mitwirkenden TTM-Mitgliedern (insgesamt sind es 22) die schwedische Wahl-Münchnerin Jessica Iwanson herausheben. Nicht nur weil ihr sehr fein entworfenes Beziehungs-Duett „Andere Vögel“ aufs Schönste zeigt, dass sie, die einstige Graham-Schülerin, choreografisch nicht gealtert ist, sich vielmehr verjüngt hat. Sondern auch, weil viele TTMler (und deren Tänzer) in ihrer Iwanson-Schule studierten, manche ganz von ihr geprägt wurden. Dazu gehören unter anderen Andreas Abele, Anna Holter, Stefan Maria Marb und Johanna Richter. Mit dem immer sehr intensiven Volker Michl tanzte Richter ihren psychologisch ausgetüftelten Pas de deux zwischen Beziehungsritualen und -Gewohnheiten.

Micha Purucker, ebenfalls ein früher Iwanson-Schüler, zur Zeit wieder einmal auf Gastreise in Seoul, war mit einem Film-Zusammenschnitt seines neuen „black fog“ vertreten und dann mit witzigen Geburtstagsgrüßen live zugeschaltet. Auch Katja Wachter gehört zu den weiß-blauen Vorzeige-Choreographen, wovon man sich bei ihrem surrealen Sprach- & Akrobatik-Duett an zwei Tischen überzeugen konnte.

Die TTM hat hier ein Klima für den Tanz geschaffen. Jetzt braucht er noch ein richtig schönes eigenes Haus.

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