Ein indisches Märchen
Wenn Sterne zu viel glänzen: „Die Bajadere“ hat an der Staatsoper viel Charme eingebüßt
Vladimir Malakhov über seine Wiener „Bajadere“ und seine nächsten Auftritte
Vladimir Malakhov kommt von den Proben aus der Wiener Staatsoper ins Café Mozart zum Kurier-Gespräch.
Vladimir Malakhov: „Ich tue alles, was mir möglich ist, um das Ensemble besser aussehen zu lassen, versuche den Tänzern auch den Inhalt des Stücks nahe zu bringen. Es geht hier nicht nur um Steps.“
Anmerkung: Kommenden Sonntag wird in der Staatsoper seine Einstudierung des großen klassischen Balletts „Die Bajadere“ (Musik: Ludwig Minkus, Ausstattung: Jordi Roig) wieder aufgenommen. Dem Interesse an Exotik im 19. Jahrhundert entsprechend, handelt „Die Bajadere“ von der indischen Liebestragödie zwischen der Tempeltänzerin Nikia, dem Krieger Solor und der Radscha-Tochter Gamzatti. Warum er 1999 in Wien ausgerechnet dieses anspruchsvolle Werk aus der Ära des französisch-russischen Ballettmeisters Marius Petipa für sein choreografisches Debüt ausgewählt hatte?
Vladimir Malakhov: „In Wien war es noch nie gespielt worden, auch sonst kannte der Westen dieses aufwändige Werk wenig. Abgesehen davon sind die großen Werke des 19. Jahrhunderts wichtig, um die Tänzer herauszufordern, sie in Form zu halten.“
Frage: Seit der politischen Öffnung des Ostens strömen russische Tänzer in den Westen und finden Engagements. Was macht sie besonders?
Vladimir Malakhov: „Das hat immer noch mit gewissen Schulen im Osten zu tun, nicht mit allen. Und natürlich zählen die Ballettschulen in Paris, London und Hamburg auch zu den ersten. Vielleicht wollen russische Tänzer einfach bedingungsloser tanzen als andere. Aber es ist nicht so, dass ununterbrochen ausgezeichnete Tänzer herangezogen werden. Bei meinem letzten Vortanzen in Berlin kamen 150 Mädchen und ich habe kein einziges engagiert. Es gibt Jahrgänge, die gut sind und dann wieder weniger.“
Anmerkung: In der Wiener „Bajadere“ sind in den Hauptrollen ausschließlich Russen besetzt.
Vladimir Malakhov: „Aus meinem Ensemble kommt Polina Semionova für die Titelrolle, Olga Esina tanzt Gamzatti. Ich halte sehr viel von ihr. Aber es genügt natürlich nicht, wenn man talentierte Tänzer engagiert. Man muss sie auch pfleglich behandeln und mit ihnen sorgsam Rollen und Auftritte einstudieren. Ich habe sie und auch Vladimir Shishov, der die Rolle des Solor tanzt, für ein paar Tage nach Berlin eingeladen, um sie intensiv vorbereiten zu können. Esina hat auch das Zeug, die Titelrolle zu tanzen. Im Juni wird sie das auch machen.“
Anmerkung: Aber die legendären russischen Inszenierungen sind natürlich nicht das Einzige, die ein Ballett-Ensemble tanzen sollte.
Vladimir Malakhov: „Als Intendant des Staatsballetts Berlin versuche ich für alles offen zu sein, auch für einaktige Werke und Uraufführungen. Das ist zwar für die Kasse nicht so gut, aber die Tänzer und das Publikum brauchen auch andere Nahrung.“
Anmerkung: Diese Offenheit geht so weit, dass sich Malakhov auch auf die zunehmend an Staats-Bühnen reüssierende Berliner Off-Choreografin Sasha Waltz eingelassen hat, die für ihn 2006 ein Solo choreografiert hat.
Vladimir Malakhov: Er lächelt: „Wir haben ein neues, größeres Projekt. Aber dazu kann ich wirklich noch nichts offiziell sagen.“
Anmerkung: Im Jänner nimmt Malakhov den Jerome-Robbins-Abend wieder ins Programm der Staatsoper Unter den Linden. Und wird selbst in „Afternoon of a faun“ erstmals seit Mai wieder tanzen. Der Startänzer hat zwei Operationen am rechten Knie hinter sich gebracht und macht seit Wochen drei Stunden täglich Physiotherapie.
Vladimir Malakhov: „Die letzten ärztlichen Befunde waren sehr gut, sodass ich zuversichtlich bin. Ich beginne mit ‚Faun’, tanze aber im Februar bereits mehrere Male in Japan. Und ich kann es wirklich schwer aushalten, bei den Vorstellungen immer nur zusehen zu können.“
Anmerkung: Berlin, das seinen Ballett-Intendanten schätzt, ist dabei, seinen bis 2009 laufenden Vertrag um mehrere Jahre zu verlängern. Allerdings wird sich die Bühnen-Situation bald verändern. Die Staatsoper Unter den Linden muss saniert werden und schließt 2010.
Vladimir Malakhov: „Wir werden nicht weniger Vorstellungen haben. Wir zeigen mehr in der Komischen Oper, Giorgio Madias ‚Alice’ war ein großer Erfolg, tanzen weiterhin in der Deutschen Oper und werden auch im Schiller-Theater auftreten. Außerdem gehen wir auf Tournee.“
Letzten Montag erhielt Vladimir Malakhov von der österreichischen Bundesministerin für Unterricht und Kunst, Claudia Schmied, das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen. „Beim Wiener Philharmonikerball im Jänner werde ich es tragen“, meint der österreichische Staatsbürger nicht ohne Stolz.
Mit freundlicher Genehmigung des Kurier
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