Bettina Masuch bleibt am tanzhaus nrw
Der Vertrag von Bettina Masuch wird um 18 Monate verlängert. Sie bleibt somit bis Ende der Spielzeit 2021/22 Intendantin des Tanzhaus NRW in Düsseldorf.
Mit einem „Finale Furioso“ klingt die zwölfjährige Rheinopern-Ära von Generalintendant Tobias Richter, Ballettdirektor Youri Vàmos und Chefdirigent John Fiore aus. Das Ballett präsentiert in dieser letzten Spielzeit fast eine Vàmos-Retrospektive, tanzt zumindest so etwas wie „The Best of...“ (bis auf „Lucidor“ und „Anastasia“). Auf dem Programm stehen die Versionen des Ungarn von „Cinderella“, „Der Nussknacker“, „Schwanensee“, „Carmina Burana“, „Spartakus“ und „Julien Sorel“, ergänzt durch die einzige wirkliche Premiere, Anna Vitas Ballett „Andersens Welt“ (Uraufführung ist am 26. Oktober im Theater Duisburg; Düsseldorfer Premiere am 7. November).
Den Auftakt bildete am Wochenende die Düsseldorfer Premiere von Vàmos' „Giselle“. Hatte der zweiaktige Klassiker auf die berückende Musik von Adolphe Adam das Duisburger Publikum vor fast zwei Jahren zu Ovationen animiert, so mussten Vàmos und seine Kompanie sich jetzt mit höflichem Applaus begnügen. Dem Ballettchef schallten gar Buhrufe entgegen (möglicherweise für die dramaturgischen und choreografischen Änderungen, die er leider vorgenommen hat). Für Begeisterung sorgte allein der erst 20-jährige drahtige Rodrigo Almarales aus Havanna als Bauernbursche Philipe. Schärferes Profil verleiht jetzt auch der hoch gewachsene Italiener Valerio Mangianti dem Albrecht, wohingegen Kaori Morito als ehedem so zauberhafte Giselle im Ausdruck – nicht in der tänzerischen Qualität – weniger überzeugt.
Zuverlässig begleiteten die Düsseldorfer Symphoniker unter David T. Heusel. Allerdings ist Vàmos' Wahl eines allenfalls zweitklassigen Musikstücks für den Prolog nicht nachvollziehbar. Stimmig dagegen variiert er die romantische Geschichte von dem Bauernmädchen Giselle, das sich vom verkleideten Oberleutnant Albrecht den Kopf verdrehen lässt und wahnsinnig wird, als sie den Betrug durchschaut. Den „weißen“ Akt – nachts im Reich der untoten Wilis – verlegt Vàmos in ein Lazarett. Dass hinter der Idylle des Dorfes ein Krieg tobt, deutet Vàmos bereits im Vorspiel durch gewaltige Detonationen und Rauchschwaden an. Was anfänglich befremdlich wirkt, macht letztlich aber doch Sinn: Um menschliche Kämpfe, Verletzungen und Verwundungen geht es vor allem in „Giselle“. Die Brutalität des Lazarettalltags konterkariert Vàmos mit den Halluzinationen des schwer verletzten Albrecht. Plötzlich beginnt der düstere Palais-Saal, wo Verwundete und Sterbende von Sanitätern und Schwestern betreut werden, sich zu drehen und in Schräglage zu verschieben. Grünlich fluoreszierend tauchen tanzende Mädchen im unnatürlich leuchtenden Raum auf. Giselle huscht vorbei – ungreifbar, unnahbar, völlig gefangen in Trauer und Traurigkeit. Am Schluss steht Albrecht – wie im Prolog – wieder allein auf der Bühne: ein menschlich gescheiterter Mann.
Choreografisch wirkt diese „Giselle“ unschlüssig. Nicht umsonst zögerte Vàmos lange, sich an den Klassiker zu wagen, hatte er doch größten Respekt vor Mats Eks Interpretation und kongenialer zeitgemäßer Tanzsprache. Vàmos flüchtet sich wieder und wieder in Zitate des Originals. Das ist legitim und ja auch keineswegs neu – nur legt es den beklagenswerten Zustand seiner Kompanie in peinlicher Weise offen. Das „Finale Furioso“ der Rheinoper Düsseldorf/Duisburg ist nicht nur Demonstration einer fulminanten Ballung der Leistungen von Musiktheater und Ballett in dieser Ära, sondern auch ein Abgesang – nicht ohne Wut und Bitterkeit für viele - auf das klassische Ballett in der NRW-Hauptstadt und ihrem Partner Duisburg. Die Tradition begann mit Erich Walthers Berufung 1964 und wurde von seinen Nachfolgern Paolo Bortoluzzi, Heinz Spoerli und Youri Vàmos mit jeweils eigener, teils eigenwilliger choreografischer Handschrift weiter gepflegt. Die zum „Finale Furioso“ erschienene Broschüre „Ballett im Rückblick“ mit dazu gehöriger Mappe „Youri Vàmos und die Compagnie“ porträtiert das Rheinopern-Ballett von 1964 bis 2008. Mit Martin Schläpfers Wechsel vom Main an den Rhein im nächsten Jahr beginnt eine neue Zeitrechnung.
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