Was machen die denn da?

Platz da für die Rampensau - Bei „Der neue Mensch“ darf jeder mal mittanzen

Hamburg, 13/10/2008

Ein heimlicher Tänzer steckt in jedem von uns! Glauben Sie nicht? Vielleicht schlummert er ja einfach noch in unbewussten Tiefen? Vielleicht wartet er nur auf sein Coming-out? Auf Kampnagel jedenfalls durfte er endlich einmal schamlos rausgelassen werden - als „Der neue Mensch“. Die Hamburger Gruppe „Ligna“ hatte da etwas vorbereitet: ein Radio für jeden Besucher, hübsch um den Hals gehängt, Kopfhörer-Knöpfchen in die Ohren und viel Platz für jede noch so spät berufene Rampensau.

Was beim Betreten des Theatersaals keiner wissen konnte: Die Zuschauer waren in vier Gruppen eingeteilt, denen unterschiedliche Anweisungen ins Ohr geflüstert wurden. Doch die Aufforderung „Nötigen Sie Ihr Gegenüber mit Gesten, vom Stuhl aufzustehen!“ läuft ins Leere, wenn der Sitzende just den Befehl erhält, die Augen zu schließen - und die wilden Gesten nicht mehr sehen kann. Das große Ganze erschließt sich erst, nachdem man alle vier Gruppen während der einstündigen Performance durchlaufen hat: Jeder ist Darsteller und Zuschauer zugleich, dank der klug ausgetüftelten Ansagen.

Die basieren auf (Bewegungs-) Ideen von Charlie Chaplin, Bertolt Brecht, dem Tänzer Rudolf von Laban sowie dem Theater-Reformer Wsewolod Meyerhold. Auch das erfährt man zwischendurch über die Kopfhörer. Deutlich billiger als ein Selbsterfahrungsworkshop, witziger als Impro-Theater und viel informativer als so manches Seminar zur Theatergeschichte. Und Spaß macht es obendrein, ein „neuer Mensch“ zu werden.

Mit dieser Uraufführung startete das Kunstfestival „Wir nennen es Hamburg“, das bis zum 4. Januar 2009 auf Kampnagel und im Kunstverein stattfindet. Rund 300 Künstler sind beteiligt. Das dreimonatige Festival will ein Gegenentwurf zu Projekten wie der Elbphilharmonie sein.

Links: www.kampnagel.de / www.kunstverein.de

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