„…hier habe ich optimale Arbeitsbedingungen und ein Publikum, das Tanztheater liebt!“

Ballettdirektor Jaroslaw Jurasz erhielt „Theaterpreis 2009“ der Theatervereine des Nordharzer Städtebundtheaters

Halberstadt, 17/11/2009

Zum dritten Mal haben die Theatervereine Halberstadt und Quedlinburg des Vier-Sparten-Nordharzer-Städtebundtheaters den Theaterpreis verliehen. In diesem Jahr wurde Jaroslaw Jurasz für sein künstlerisches Wirken als Tänzer, Choreograf und Ballettdirektor geehrt. Er leitet seit 2003 die aus acht Tänzerinnen und Tänzern bestehende Kompanie und hat mit interessanten Tanzabenden, zum Teil als Uraufführungen, Ballett einem breiten Publikum weit über die Grenzen der Harzregion nahe gebracht hat. Mit mehr als 300 Vorstellungen im Jahr (auch in Niedersachen, Sachsen, Brandenburg und in Sachsen-Anhalt sowie den Sommerfestspielen in Altenbrak und im Harzer Bergtheater) ist das Nordharzer Städtebundtheater ein wichtiger kultureller Faktor. Dabei gehört die Ballettsparte zu den innovativsten künstlerischen Bereichen des kleinen Theaters und überrascht immer wieder mit ganz besonderen Tanzschöpfungen von Jaroslaw Jurasz. Aus Anlass der Verleihung des „Theaterpreises 2009“ sprach tanznetz.de mit dem Tänzer und Choreografen:

Herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung mit dem „Theaterpreis 2009“. Was bedeutet der Preis, der ja in erster Linie im Auftrag des Publikums ausgelobt wird, für Sie?

Jaroslaw Jurasz: Ich habe den Preis eigentlich nur stellvertretend für meine acht Tänzerinnen und Tänzer entgegengenommen. Sie sind es, die mit ihrem großen künstlerischen Einsatz den Erfolg unserer kleinen Company in den vergangenen Jahren erst möglich machten. Natürlich bin ich stolz, dass in der Laudatio auch meine Leistungen als Tänzer in „Der Traum vom Schwan“, „Dracula“! oder „Alexis Sorbas“ gewürdigt wurden. Aber für uns ist dieser Preis die schönste Anerkennung für unsere Arbeit, denn dahinter steht das Publikum und wir merken dies an der Resonanz nicht nur bei unseren Kammerballettabenden wie „Frida Khalo“ oder den beiden Shakespeare-Balletten „Othello“ oder in dieser Spielzeit „Hamlet“, wo wir mit der Auswahl einer ganz ungewöhnlichen Musik durchaus ein Risiko eingegangen sind.

Sie werden mit „Die Kameliendame“ in dieser Spielzeit die 20. Inszenierung hier seit 2003 kreieren. Wiederum ein Stoff nach einem großen Roman der Weltliteratur, wie auch ihre Ballettabende „Gefährliche Liebschaften“, „Othello“ und jüngst mit großem Erfolg „Hamlet“. Was reizt Sie am Genre des „Literaturballetts“?

Jaroslaw Jurasz: In diesen Werken geht es immer um starke Charaktere, um Lebensschicksale zwischen Liebe und Tod. Das reizt mich. Shakespeares „Macbeth“ gibt es in vielen Versionen als Ballett. „An „Hamlet“ hat sich bisher kaum ein Choreograf gerieben und das war für mich eine Herausforderung, auch weil wir eine Musik gefunden haben, die besonders junge Leute ansprechen sollte und für den grüblerischen Prinzen und seine Traurigkeit eine Metapher für seine Zerrissenheit ist. Ich habe noch viele Ideen, wie man nicht nur Shakespeares Stücke für das Tanztheater adaptieren kann. Wir versuchen für unsere kleine Company eine genau auf unser Leistungsvermögen - personell und technisch - das Optimale zu finden. Und hier habe ich die große Unterstützung nicht nur des Intendanten sondern des ganzen Theaters, alle Gewerke eingeschlossen. Deshalb bin ich hier sehr glücklich.

Auch in diesem Jahr überraschen Sie vor Weihnachten das Publikum mit einem ganz besonderen „Geschenk“. Am 21 .November hat Tschaikowskys Klassiker „Dornröschen“ Premiere. In den vergangenen Jahren waren es „Der Nussknacker“ und sogar Prokofiefs „Cinderella“. Wie bewältigen Sie mit den wenigen Tänzern diese großen Herausforderungen?

Jaroslaw Jurasz: Man muss dazu sagen, dass wir die Ballettabende in zwei Versionen - für Kinder und Erwachsene in unterschiedlichen Fassungen - einstudieren und, wie in diesem Jahr, bis auf Weihnachten insgesamt zwölf Mal aufführen. Wir schaffen das nur, weil jeder Tänzer als Solist und in Gruppe gleich in mehreren Rollen studiert wird, sich mehrmals blitzschnell verwandeln und in eine neue Rolle schlüpfen muss. Das ist sehr, sehr anstrengend, hat aber in den vergangenen Jahren bestens geklappt. Alle Vorstellungen waren ausverkauft, die Begeisterung war groß. Viele Besucher können sich diese großen Märchenballette anderswo in Berlin, Dresden oder Leipzig nicht leisten. Hier bekommen Sie Ballett, das mit Liebe gemacht und von meinen Tänzerinnen und Tänzern mit Hingabe und Begeisterung, manchmal bis zur Erschöpfung gezeigt wird. Das motiviert uns und wenn jemand ausfällt, haben wir kaum Möglichkeiten für teure Gäste als „Einspringer“. Dann tanze ich, nicht mehr den Prinzen, aber in „Dornröschen“ bin ich auf die böse Fee Carabosse, auf den Wolf oder den blauen Vogel vorbereitet. Ich habe durch administrative Aufgaben auch in der Leitung des Theaters zwar nicht mehr soviel Zeit, täglich mit meiner Company zu trainieren. Dafür bin ich oft abends allein im Trainingssaal und halte mich fit. Für alle Fälle, denn als Tänzer will ich noch lange nicht „abtreten“.

Sie fühlen sich also hier in der „Provinz“ wohl…

Jaroslaw Jurasz: Das kann ich uneingeschränkt sagen. Die Zusammenarbeit aller, auch der Zusammenhalt ist in Zeiten finanzieller Engpässe groß. In jedem Jahr habe ich drei Neuproduktionen, dazu mindestens zwei Wiederaufnahmen aus den letzten Jahren. Und mit den Aufführungen von Operetten und Musicals stehen wir in den von mir choreografierten Tanzeinlagen insgesamt in ca. 100 Vorstellungen im Jahr auf der Bühne. Da muss man doch glücklich sein!

 

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