Starker Auftakt

„Running Sushi“ von Österreichs Performer-King Chris Haring bei der 19. Münchner Tanzwerkstatt Europa

München, 07/08/2009

Mögen Sie Sushis? Ich nicht. Aber das „Running Sushi“ von Österreichs Performer-King Chris Haring war jetzt ein starker Auftakt bei der 19. Münchner Tanzwerkstatt Europa. Dass Zuschauer durch Wahl eines (aus zwölf) dieser handgerollten Fisch & Reis-Happen den Ablauf der zwölf Stück-Szenen bestimmen, bleibt fürs Publikum zwar ohne spürbaren Zugewinn. Aber Haring hat in diesem Stück bewusst alles zitiert und sich anverwandelt, was der postmoderne Tanz an kreativen Strategien entwickelt hat: die Zufalls-Techniken des gerade verstorbenen US-Altmeisters Merce Cunningham, das synchrone Ausführen von Sprechen und Tanzen der großen Trisha Brown, die Grenzgänge hin zu bildender Kunst und Theater. Und schließlich, und das wirkt verblüffend neu, hat Haring sich noch am japanischen Manga-Comic orientiert. Seine exzellenten Tänzerdarsteller Stephanie Cumming und Johnny Schoofs mutieren zum Live-Manga-Pärchen zwischen Liebeslust und Eheknatsch, zwischen Hoffnung aufs Eigenheim und Abdriften ins Drogenfieber.

Aus ihrer knieenden Wartehaltung an den Schmalseiten einer Art Nô-Bühne betreten sie wechselweise oder gemeinsam das karge Plateau und starten ihr Körpertheater, gestenwild, total abgedreht, dabei uhrwerkspräzise. Jetzt als von rosigem Licht übergossenes kitschsüßes US-Popsong-Duo im Nackedei-Kostüm, dann zu whack, poing, crash, bang des Soundtracks zwei Sparring-Partner. Sie bewegen jeden Körperteil ruckartig isoliert, Schulter hochgezogen, Arm zeigend ausgestreckt, Hüfte seitlich ausgestellt – und das oft in einem Affentempo –, um dann zu flächigen Foto-Posen und Skulpturen einzufrieren. Wenn sie flüstern, reden, schreien, schnurrt die Sprache weg von dem, was sie körperlich andeuten. Gesagtes und Gemeintes fallen auseinander. Spätestens dann ist klar, dass Haring und sein Kollektiv Liquid Loft nicht nur ausgefuchste Theatertechniker, nicht nur blendende Entertainer sind. Diese witzigen, dadaistischen Bewegungs-Sushis aus der Welt der Comics sind auch sarkastischer Kommentar zu unserer kulturell verflachenden postpostmodernen Zeit.

heute Monika Gintersdorfer: "Othello, c'est qui", i-camp, 20.30 Uhr; Karten 089/ 54 818181

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