Königin im Reich der Finsternis

Patrick de Banas „Marie Antoinette“ als erste Uraufführung des Wiener Staatsballetts unter Manuel Legris in der Volksoper

Wien, 22/11/2010

Ein Leben voller Extreme: Marie Antoinette, Lieblingstochter Kaiserin Maria Theresias, Frau Ludwigs XVI. und Opfer der französischen Revolution, steht im Zentrum der ersten Uraufführung des Wiener Staatsballetts unter Manuel Legris in der Volksoper.

Nach Sisi und Kronprinz Rudolf betritt mit Marie Antoinette ein weiteres Mitglied der in Ballett und Musical so beliebten Familie der Habsburger die Bühne. Dass Choreografien vor historischem Hintergrund ein schwieriges Unternehmen sind, zeigt sich auch in Patrick de Banas „Marie Antoinette“. Dabei spricht der Verzicht auf eine Handlung zunächst für sein zweiaktiges Ballett, das aus Tanz nicht Geschichtsunterricht macht.

Viel mehr interessiert den in Hamburg geborenen und in John Neumeiers Ballettschule ausgebildeten Tänzer und Choreografen eine Schilderung der seelischen Zustände Marie Antoinettes im Tanz.

Olga Esinas ausgezeichnete Darstellung fällt nicht nur durch originelle Kostüme auf, kreiert von der Pariser Solotänzerin Agnès Letestu. Ihre Marie Antoinette ist immer eine Spur koketter und mutiger als die anderen, die noch Anklänge in barocken Tänzen nehmen.

Daneben gelingt es de Bana auch, mit „Das Schicksal“ (virtuos: Kirill Kourlaev) und „Schatten der Marie Antoinette“ (Elisabeth Golibina) zwei weitere Rollen im Tanz zu charakterisieren. Sie begleiten die historischen Figuren, sind ihrer Zeit voraus und interpretieren einzelne Szenen. Wie die Bühne der spanischen Architekten Marcelo Pacheco und Alberto Esteban spiegeln sie Ereignisse wider. Der Kontrast zwischen Glamour am Hof von Versailles, Freuden in Trianon und bedrückender Enge im Conciergerie-Gefängnis wird spürbar. Schade, dass sich die Tänzer im düsteren Licht oft wenig vom Hintergrund abheben.

Viel problematischer hingegen fällt die Zeichnung der übrigen Personen aus. So gut die Solisten und das Ensemble des Wiener Staatsballetts auch tanzen: Ein Stilmix aus klassischer Moderne mit Akrobatik voll fließender und eckiger Bewegungen reicht nicht aus, um aus Maria Theresia, Ludwig XVI. und weiteren Zeitgenossen interessante, erkennbare Bühnenfiguren zu machen.

Der wilde Tonband-Mix aus Barockmusik und einer Auftragskomposition von Luis Miguel Cobo wirkt, als wäre sie über die Choreografie gestülpt worden. Den Verzicht auf live gespielte Musik erklärt er nicht.

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier 

www.volksoper.at

 

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