Ein Tanzprojekt zum Thema Wahnsinn im Heidelberger Zwinger

Am Wahnsinn gescheitert

Heidelberg, 27/01/2010

Tanz als Körperkunst ist ideal, um einen allgemeinen Ausdruck für menschlichen Wahnsinn zu entwerfen. Schließlich äußert sich der nicht nur auf der Ebene der Sprache, sondern immer auch in den Bewegungen und Gesten von Wahnsinnigen. Die Heidelberger Sammlung Prinzhorn hütet ein außergewöhnliches Archiv mit künstlerischen Arbeiten von Psychiatriepatienten. Hier ist menschlicher Wahnsinn auf Papier gebannt, in Bildern und Texten. Im Rahmen der aktuellen Ausstellung der Sammlung über „Surrealismus und Wahnsinn“ hat sich der Choreograf Carlos Cortizo mit den ausgestellten Exponaten beschäftigt. Aus der Recherche ist ein Tanzstück mit dem Titel „Ordnung durch Störung – Störung durch Ordnung“ entstanden.

Seinem Titel versucht Cortizo zunächst durch Reihen von bunten Bildern mit Schriftzeichen auf dem schwarzen Bühnenboden gerecht zu werden. Die Tänzerin Julia Christeiner zerstört die bestehende Anordnung, indem sie die Bilder zu anderen Reihen neu zusammenfügt. Ihr Tanz ist vom Publikum abgewendet, zeigt sie zumeist von hinten und somit ohne Gesicht. Mal holt sie mit den Armen aus, die dann verschränkt auf dem Rücken landen, mal mit den Beinen, die wie Tentakeln den Raum ertasten. Dabei behält sie stets die Bilderreihen im abgewendeten Blick und schafft andauernd neue Ordnungen. Mit Sätzen, die keinen oder wenig Sinn ergeben – Wörtern wie Kaiser oder Teufel – erfüllt die Tanzende auch die Vorstellungen von gesprochenem Wahnsinn. Natürlich darf in einer solchen Anordnung auch der entsprechende Soundtrack nicht fehlen. Geräusche aller Art sind dem Wahnsinn ja immer schon vertraut. Cortizo überschüttet sein Stück mit harten elektronischen Sounds, setzt sie mit großer Dramatik gegen die längeren stillen Momente. Alle Vorstellungen von Wahnsinn sind bedient, kein neuer Eindruck gewonnen. Schade, ist doch der Tanz wie geschaffen dafür.

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