Bis das Licht erlischt
Ceren Oran und Bassam Abou Diab bei der Tanzwerkstatt Europa
Janez Jansa eröffnet die 20. Münchner Tanzwerkstatt Europa
„Fake it!“ - „Frisch drauflosgefälscht“ ermutigt sich wohl selbst Janez Jansa, der mit dem so getitelten Stück die 20. Münchner Tanzwerkstatt Europa (TWE) in der Muffathalle eröffnete. Der Mann aus Slowenien hat Chuzpe. Das mit der Fälschung fängt übrigens schon bei seinem Namen an, der eigentlich Emil Hrvatin lautet. Als 2007 Sloweniens damaliger Ministerpräsident Janez Jansa die Medien gleichschalten wollte, ließen sich Hravtin und zwei weitere Künstler – in ironisch vorauseilendem Gehorsam – selber gleichschalten, indem sie sich amtlich in Janez Jansa umbenannten. Auf die große politische Geste, keine Frage, versteht sich Hrvatin/Jansa. Die große choreographische Geste blieb ihm, hélas, verwehrt.
Um Fälschung also soll es in seinem Stück gehen. Um ein Nachahme-Handwerk, das gerade in einer zum globalen Dorf zusammengeschrumpften Welt so noch nie dagewesene verbotene bis kriminelle Ausmaße annimmt. Woran denkt man da nicht alles? An die Massen von chinesischen Designer-Kopien. An Jungautorinnen, die sich im Internet bei anderen Autoren bedienen. Tatsächlich bedient sich auch Jansa bei anderen Choreographen: mit der Rechtfertigung, man habe in Slowenien, mangels Gastspielen der großen zeitgenössischen Tanzschöpfer, notgdrungen mit Video-/DVD-Raubkopien arbeiten müssen. Zugestanden, denn lernen muss die junge Generation von ihren Vorgängern. Und legitim, dass Jansa von dem Neoklassik-Erneuerer William Forsythe lernen wollte, von der Tanztheaterlegende Pina Bausch, von den berühmten US-Post-Modernen Trisha Brown und Steve Paxton, dem japanischen Butoh-Meister Tatsumi Hijikata.
Es sind die ganz ganz Großen der jüngeren Tanzgeschichte – die sich allerdings, und das ist die wunde Crux, garantiert nicht in den hier vorgeführten Stil-Beispielen wiedererkannt hätten, um es sehr freundlich auszudrücken. Während sich Jansas Tänzer körperlich gutwillig an den Vorbildern abarbeiten, liest man gleichzeitig, in englischer Sprache natürlich, deren berühmte Lebensläufe und Selbstaussagen auf einem großen Bildschirm plus allerlei über Urheberrechte. Text statt Tanz, so verkauft sich heutzutage Unausgegorenes. Die TWE-Workshop-Teilnehmer, die hier als Zuschauer (man kann es ja nachfühlen) glänzende Augen hatten, bekamen mit diesem Abend einen Zusatzkurs. Mehr war' s nicht, bei aller Liebe zu unserer Jubiläums-TWE. Aber noch haben wir ja fünf Programme vor uns.
heute: „Lachen“ von Antonia Baehr; i-camp, 20 Uhr 30. Karten 089/54 81 81 81
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