Fortsetzung nachdrücklich erwünscht

Die Birgit-Keil-Kompanie präsentiert „Klassiker der Moderne“

oe
Karlsruhe, 17/03/2010

Der Vergleich stimmt natürlich weder hinten noch vorn – aber einmal angenommen das Stuttgarter Ballett wäre die Schweiz, dann wäre das Ballett des Badischen Staatstheaters das Liechtenstein des Balletts. Jedenfalls wäre es die Kompanie, wo ich mein klassisches Ballettvermögen am sichersten anlegen würde. Es ist schon erstaunlich, was Birgit Keil (und ihr Partner Vladimir Klos) in sieben Spielzeiten in Karlsruhe aufgebaut haben, nachdem sich dort in der Nachfolge von Germinal Casado die Ballettchefs über die Jahre hinweg gegenseitig die Türklinke in die Hand gegeben hatten: eine eindeutig sich als Opernballett bekennende Kompanie klassischen Zuschnitts von eher kleinem Format mit unverkennbar eigener Identität (wovon sich einige unserer großmächtigen Staatsballette – etwa die von Berlin und Wien – eine Scheibe abschneiden könnten). Grundlage aller Ballettarbeit in Karlsruhe ist das Bekenntnis zur Danse d‘école als dem A und O des Vokabulars, das freilich unbegrenzt erweiterungsfähig ist für die Aufnahme aller nur denkbaren zeitgenössischen Idiome.

Daran erinnert der neue Abend der Kompanie, der mit den „Klassikern der Moderne“ einen Markstein setzt, noch bevor der designierte neue Intendant sein Amt antritt. Auf dem Programm drei Stücke: George Balanchines „Sinfonie in C“ aus dem Jahr 1947, Hans van Manens „Adagio Hammerklavier“, Jahrgang 1973, und von Uwe Scholz Mozarts „Klavierkonzert Es-Dur“, das „Jeunehomme-Konzert“, KV 271, des damals gerade achtundzwanzigjährigen Youngsters aus der Stuttgarter Choreografen-Schule. Doch wenn auch van Manens Version des „Adagio Hammerklavier“ an die Interpretation Christoph Eschenbachs (noch vor seinem Wechsel ans Dirigentenpult) gebunden ist, also nur zu seiner Schallplatteneinspielung getanzt werden soll: Ist sich die Badische Staatskapelle zu schade für die Bizet- und Mozart-Sinfonien, oder ist sie ein Opfer der Sparsamkeitsmaßnahmen geworden (denn dass sie mit beiden Werken überfordert wäre, wollen wir doch lieber nicht annehmen)?

Also drei Stationen auf dem Weg des Balletts nach dem zweiten Weltkrieg – rechtschaffen in chronologischer Abfolge, obwohl, was ihre theatralische Effizienz betrifft, eher umgekehrt ein Schuh daraus würde, denn die „Sinfonie in C“ überstrahlt mit ihrem Eskalations-Finale alles Nachfolgende. Sie hieß denn auch bei ihrer Pariser Premiere, mit der sich Balanchine aus Amerika nach Europa zurückmeldete, „Palais de cristal“. Kristallinisch funkelnd denn auch ihre Wiedergabe durch die Karlsruher Truppe, auf Hochglanz poliert die Riege ihrer Solisten und ihrer Gruppe – wie auch die anderen Ballette an diesem Abend: ein Modell der professionellen Arbeit, wie sie unter dieser Leitung Tag für Tag im Ballettsaal geleistet wird. Fortsetzung dringend erwünscht. Wie wär‘s mit einem Programm „Klassiker der Moderne 2“ mit Ashton, MacMillan und Kohler? Oder der Fortsetzung in die Gegenwart via Forsythe, Schläpfer und den „Goldberg-Variationen“ von Philip Taylor? Wir sind nach der Verlängerung des Vertrags von Birgit Keil jedenfalls gespannt auf die nächsten Spielzeiten.

 

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