Konstanze Vernon

Ballerina, Ballettdirektorin und Ballettpädagogin

München, 03/08/2010

Von der Heinz-Bosl-Stiftung in München geförderte Studenten findet man in der ganzen Welt in den größten Kompanien. Das ist die Arbeit von Konstanze Vernon! Nachdem ich in der Presse von dem Rücktritt von Frau Vernon aus der Hochschule für Musik und Tanz in München gelesen habe, bin ich jetzt schnell nach München gefahren, um ihren Unterricht nicht zu verpassen! Doch Konstanze Vernon überraschte mich gleich mit der Aussage, dass Sie zwei große Lieben in ihrem Leben habe. Die eine wäre ihr Mann gewesen, der vor eineinhalb Jahren verstorben ist, und die andere Liebe ist der Tanz. Diese Liebe würde sie niemals aufgeben. Sie möchte keinesfalls aufhören und sagte mir gleich, dass sie bis zu ihrem Tod oder jedenfalls so lange wie möglich unterrichten wird! Es gäbe schließlich neben der Hochschule, aus deren Dozententeam sie ausscheidet, weiter die Bosl-Stiftung, an der sie unterrichten wird. Und beide Institutionen kooperieren eng miteinander. Darüber hinaus plane sie gerade zusammen mit Ivan Liška eine Juniorkompanie bzw. Masterclass.

Ich habe Vernons Spitzen- und Repertoireunterricht besucht. Acht Mädchen im vorletzten und letzten Ausbildungsjahr werden hier für das Endexamen vorbereitet. Die Kombinationen sind raffiniert schwierig, Frau Vernon entdeckt sofort den wichtigen Punkt bei jeder Schülerin: die Schulter, den Kopf oder das Becken, das richtig platziert die Technik, die Koordination der Bewegung zur Vollendung bringen soll. Die Schülerinnen verstehen ihre Korrekturen sehr gut und freuen sich, wenn es klappt! Der zweite Teil des Unterrichts bestand aus dem Coaching der Repertoirevariationen. Sehr gut ist die Wahl der verschiedenen Variationen, jede Schülerin hat eine andere, manche haben sie selbst ausgewählt und alle passen gut zu den Studentinnen! Da erkennt man bei Konstanze Vernon die pädagogische Erfahrung, sie weiß genau, wann sie etwas sagt und wann sie besser schweigt! Sie ist leidenschaftlich dabei, mit ihrer Stimme die Schülerinnen rhythmisch zu unterstützen und fordert mit viel Liebe die mehrmalige Wiederholung der technischen Schwierigkeiten.

Ich habe Konstanze Vernon meine sechs Fragen gestellt und sie hat mir mit ihrem aufrichtigen und ungezwungen ansteckenden Lachen folgendes geantwortet:


Wie und wann sind Sie zum Unterrichten gekommen?

Konstanze Vernon: Ich wusste schon mit sieben Jahren, dass ich Tänzerin werden will, und weil dieser Beruf so kurz ist, danach Lehrerin. Mit 35 Jahren, ich war Primaballerina in München, hat mir die Hochschule einen Vertretungs-Lehrvertrag für Leanore Ickstadt in Modern Dance angeboten! Denn ich tanzte gerade „Le Sacre du Printemps“ von Glen Tetley und sie dachten, wenn sie so schön Modern tanzt, kann sie es auch unterrichten! Ich habe mich für einen Jahr vorbereitet und bin gerade mit meinem Stoff ausgekommen. Von da an hatte ich Blut geleckt und wusste: Unterrichten, das ist meins!

Welche Meister haben Sie nicht vergessen? Und warum? 

Zuerst Tatjana Gsovsky, die mich maßgeblich prägte! Und Heinz Rosen, der mich nach München holte. Die Arbeit mit ihm war für mich sehr kreativ, er war ein Regisseur und kannte das Vokabular des Balletts nicht, er meinte immer: hier wird es dramatisch, da muss es ruhig sein, hier müsstest Du nach rechts und da zurück, probiere mal. Das war eine lehrreiche Zeit für mich, in der ich entdeckte, dass ich gut im freien Gestalten von Bewegung bin. Und natürlich verbrachte ich die schönste Zeit hier in München mit John Cranko! Als Lehrerin haben mir Olga Lepeschinskaja und Nora Shelesnova viel gebracht und von dem wunderbaren Michel de Lutry habe ich noch heute in meinen Unterricht ein paar Übungen.

Sind Sie der Meinung, dass man das Lehren lernen kann? Wenn ja, wie sollte Ihrer Meinung nach so eine Ausbildung aussehen? 

Methodisch ja! – Psychologisch nein!

Muss für Sie ein Lehrer professionell getanzt haben? 

Ja! Man muss dieses Vibrato gespürt haben, den Moment, bevor man raus auf die Bühne geht! Man muss auch wissen, wie man jemand tänzerisch auf seinen Höhepunkt bringt.

Was ist für Sie das Wichtigste zum erfolgreichen Unterricht? 

Die Harmonie zwischen Schüler und Lehrer, das Geben und Nehmen. Es muss Respekt da sein, aber keine Angst!

Welche Korrekturen sollen Ihre Schüler nicht vergessen? 

Es sind keine Korrekturen, es sind Ratschläge: Du musst immer dein strengster Kritiker sein. Du sollst nicht so lange tanzen, bis das Publikum sagt: „Erstaunlich, was sie/er in diesem Alter noch kann!“


Biografie
Konstanze Vernon, 1939 in Berlin als Tochter des Musikwissenschaftlers Friedrich Herzfeld geboren, wurde mit sieben Jahren Schülerin der bekannten Ballettpädagogin Tatjana Gsovsky. Bereits mit fünfzehn Jahren wurde sie in das Ballettensemble der Berliner Oper engagiert. Ein Stipendium erlaubte ihr zudem einen einjährigen Studienaufenthalt in Paris. Heinz Rosen, damaliger Ballettdirektor der Bayerischen Staatsoper, holte Konstanze Vernon 1963 als Solistin in sein Münchner Ensemble. Hier tanzte sie achtzehn Jahre lang als Ballerina des Ensembles nahezu alle großen Rollen des klassischen und modernen Repertoires. Zusammen mit ihrem Partner Heinz Bosl wurden sie beide zum Traumpaar des Münchner Publikums. Noch während ihrer aktiven Zeit als Tänzerin widmete sich Konstanze Vernon der Ausbildung des tänzerischen Nachwuchses. Sie unterrichtete zunächst stundenweise an der Hochschule für Musik in München und wurde hier nach Abschluss ihrer aktiven Tänzerlaufbahn Professorin.

Mit der Gründung einer Stiftung im Jahre 1978, der sie den Namen ihres verstorbenen Partners Heinz Bosl gab, schuf Konstanze Vernon zusammen mit ihrem Ehemann Fred Hoffmann die entscheidende Grundlage für eine völlige Neugestaltung der Tanzausbildung in Bayern. 1988 wurde Konstanze Vernon mit der Leitung und Umwandlung des Opernballetts in eine selbständige Ballettkompanie, das Bayerische Staatsballett, beauftragt. Für ihre Verdienste als Tänzerin und Pädagogin wurde sie 1982 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. 1990 erhielt sie den Kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München, 1991 den Deutschen Tanzpreis, 1993 den Maximiliansorden des Freistaats Bayern, 1997 die Bayerische Verfassungsmedaille in Silber und 1998 die Bayerische Verdienstmedaille Pro Meritis.
 

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