Triumph fürs Béjart Ballet Lausanne

Wiederaufnahme von „Dionysos (Suite)“ sowie Uraufführungen von Gil Roman und Sthan Kabar Louët

Lausanne, 20/12/2010

Lausanne ist noch immer die Residenz des Béjart-Balletts, auch drei Jahre nach dem Tod des Meisters. Unter der künstlerischen Leitung von Gil Roman tourt die Kompanie weiterhin rund um die Welt, Ballett-Administration und Proberäume aber sind in der Stadt am Genfersee geblieben. Und diese zahlt kräftig mit an den Tanz. Als Gegenleistung bringt das Béjart Ballet Lausanne an seinem Stammsitz regelmässig kleinere Uraufführungen und neu einstudierte Béjart-Werke erstmals auf die Bühne.

Das jüngste Programm, das sei vorweggenommen, kam beim Premierenpublikum im dicht besetzen Lausanner Palais Beaulieu sehr gut an. Es war vor allem ein Triumph für Gil Roman, der nicht nur Béjarts „Dionysos (Suite)“ zusammen mit Michel Gascard für die heutige Kompanie neu einstudiert, sondern mit „Syncope“ auch ein höchst apartes eigenes Ballett kreiert hat.

Béjarts „Dionysos“-Ballett weist eine bewegte Vorgeschichte auf. Das abendfüllende Werk, 1984 in Mailand uraufgeführt, vermischte griechische Mythen mit Reminiszenzen an Nietzsche und Wagner, Frauenfiguren wie Cosima Wagner inbegriffen. Es war ein sehr pathetisches Ballett. Béjart erklärte es später selbst für misslungen. In guter Erinnerung blieb dagegen das auf vorwiegend heitere Griechenlandszenen reduzierte Stück „Dionysos (Suite)“ aus dem Jahr 1985. Die auf 50 Minuten beschränkte Tanzfolge zur Musik von Manos Hadjidakis führt uns von einer volkstümlichen griechischen Taverne über den Götterolymp hin zu einer Versammlung wild tanzender Männer in roten Hosen und mit nacktem Oberkörper (Kostüme von Gianni Versace!). Unter sie mischt sich Dionysos, vom sehr jung wirkenden Oscar Chacon aus Kolumbien hinreißend getanzt.

Gil Romans rund 40-minütiges neues Werk, „Syncope“, gibt sich nicht dionysisch. Sondern leichtfüssig, elegant und voller Ironie. Ein surrealistischer Bilderbogen ohne fassbaren Inhalt, mit Witz und Esprit getanzt von Elisabet Ros aus der älteren Béjart-Garde sowie vielen begabten, blendend aussehenden Neulingen. „Syncope“ heißt das Stück, weil die Komposition von Citypercussion (einer Gruppe kreativer Béjart-Musiker, leider nur vom Tonträger zu hören) nebst weiteren Überraschungen auch unverhoffte Taktverschiebungen enthält. Synkopen ereignen sich aber auch im medizinischen Sinn: kurze Ausfälle des Herzrhythmus, die den Tänzer David Kumpinski befallen. Gil Roman, der einstige Startänzer, der noch immer liebend gern selber auf der Bühne steht, verzichtet auf einen eigenen Auftritt in „Syncope“. Er beschränkt sich auf seine filigrane, leicht schräge Choreografiearbeit, wobei er klassische, moderne, asiatische und andere Elemente collagiert - wie einst sein Meister. Andere Mischungen lernen wir in der zweiten Uraufführung des Abends kennen, „Aliziam O-Est“ von Sthan Kabar Louët. Während 25 Minuten verbindet sich Tanz auf Spitzen mit Bewegungen aus Stammesritualen in Neu-Kaledonien, der Heimat des Choreografen. Louët war früher Rudra-Schüler in Lausanne und gehörte dann mehrere Jahre lang der Béjart-Kompanie an. In „Aliziam O-Est“ tragen die Tanzenden, Männlein und Weiblein, eine Kreuzung von Ballett-Tutu und Baströcken. Gewagt, dieser Mix auf allen Ebenen, und manchmal an der Grenze zum Kitsch (den gab’s bei Béjart ja auch!). Positiv fällt dagegen ins Gewicht, wie sorgfältig die Choreografie aufgebaut ist und wie spritzig-präzis getanzt wird.

Wenn das Béjart Ballet Lausanne nun bald wieder auf Tournee geht – nach Frankreich, Spanien, Polen und nach Deutschland – sollte es sich zu seinem eigenen Nutzen in einem Punkt verbessern: Nämlich informativere, weniger beliebig zusammen gewürfelte Programmhefte zu gestalten.

Premiere in Lausanne, Palais Beaulieu, am 18.12.10. Aufführungen bis 23.12.10.
www.bejart.ch
Das Béjart Ballet Lausanne ist am 1. und 2. Juli in Köln im Opernhaus mit „Aria, L’Oiseau de Feu“ und „Bolero“ zu sehen.

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