19. Schultanzbegegnung Baden-Württemberg

19. Schultanzbegegnung Baden-Württemberg

Spice Girls aus Fernost

Überragende Tanzdarbietung der Chinesinnen im Rahmen der 19. Schultanzbegegnung Baden-Württemberg

Heilbronn, 12/07/2011

Biegsam wie Weidenruten, sprungstark wie Katzen und zart wie Schmetterlinge: die Chinesinnen sind der absolute Hingucker bei der 19. Schultanzbegegnung Baden-Württemberg. Zum dritten Mal nehmen Tanzgruppen aus China teil, für die Ensembles aus der Tee-, Seiden- und Provinzhauptstadt Hangzhou (6,83 Mio. Einwohner; Marco Polo bezeichnete sie als die schönste Stadt der Welt), der Hafenstadt Ningbo (5,71 Mio. Einwohner) und der Kleinstadt Yiwu (700.000 Einwohner, alle drei gehören zur Provinz Zhejiang) ist das Gastspiel in der Heilbronner Harmonie eine Premiere. Mit Riesenapplaus begrüßt das Publikum die Mädchen aus dem Osten.

Feminin, elegant und ein wenig kokett spielen sie mit Fächern und Tüchern, da mag mancher meinen, dass der Exotik-Bonus Teil der Faszination sei. De facto sind es handwerklich hervorragend gemachte Choreografien, hinter denen ein bewegungsgestärktes Selbstbewusstsein steckt, ein durchdachtes Training, starke Verwurzelung in der Tradition sowie eine große Neugier für Innovationen. Seien es Traditionsstücke wie „Qiaohuadan“ oder moderat modernisierte Gruppentänze wie „Jasminblüten“, „Azaleen“ und „Spice Girls“ (Gewürzmädchen): im chinesischen Schultanz schätzt man die Überlieferung, greift neue Impulse auf und amalgamiert sie geschmeidig. Beim Namen Pina Bausch bekommt die Choreografin Chenyi Wang (Hangzhou) leuchtende Augen: „Im Stück ‚Spice Girls‘ wird ein scharfes Gericht tänzerisch zubereitet. Eine alltägliche Erfahrung, deshalb verwenden wir für unser Stück keine kunstvoll bemalten Fächer, sondern solche, wie sie jeder täglich benutzt“, so Wang, die damit zu erkennen gibt, dass man sich in China mit Tanztheater à la Wuppertal auseinandergesetzt hat.

Wie in Deutschland interessieren sich Jungs ab einem bestimmten Alter nicht mehr fürs Tanzen. Die beschäftigen sich in ihrer Freizeit lieber mit Fußball und Basketball, erzählen die Mädchen der Tanzgruppe des Zheijang College (Ningbo) und wollen wissen, welche Hobbys Gleichaltrige hierzulande haben. Die Schülerinnen sind zwischen 15 und 17 Jahre alt, sie leben im Internat und werden täglich zwei Stunden von Lu Quan trainiert. Das Niveau der Gruppe ist auch in China außergewöhnlich hoch. Sie gelten als semiprofessionell und wurden mehrfach bei regionalen wie nationalen Wettbewerben ausgezeichnet, obwohl es sich nicht um ein Ballett-Internat handelt und der Tanz auch an ihrer Schule kein reguläres Fach ist, sondern eine Arbeitsgemeinschaft, die sie freiwillig besuchen.

Zwischen Durchlaufprobe und Mittagessen ist Lu Quan zu einem Gespräch bereit. Statt viel zu reden, geben die zwölf Mädchen Kostproben aus dem Trainingsalltag. Dehnübungen spielen eine wichtige Rolle. Ohne Ballettstange - aufgestapelte Stühle, eine Bühnenkante oder einfach die Wand tun es auch. Es fällt auf, dass die meisten Dehnübungen mit ein oder zwei Partnern ausgeführt werden, und die beanspruchten Muskelpartien gleichzeitig weich massiert werden. Bei Drehungen mit gekippter Achse (wie aus dem Shaolin-Kampfsport bekannt), fokussieren nicht die Augen, sondern der Scheitelpunkt des Körpers einen gedachten Fixpunkt. Woher aber diese explosive Sprungkraft kommt, weiß der Teufel… Ebenso verblüffen Synchronizität und Harmonie. Gibt es dafür einen Geheimtipp? Im Wesentlichen seien zwei Aspekte wichtig, so Quan. Zunächst werde mehrfach die Musik gehört und durchgezählt, dann werden die festgelegten Bewegungsabläufe solange wiederholt, bis sie automatisiert, ohne zählen, vom Herzen kommen. Zum anderen nennt die Tanzprofessorin, die neben Tanztechnik und Choreografie auch Musiktheorie unterrichtet, den Teamgeist: „Die Mädchen machen viel zusammen, helfen sich gegenseitig beim Lernen, privat wie in der Schule.“ Besondere Atemübungen oder Tricks wie Zurufe gäbe es nicht. Auch die zwanzig Minuten Frühsport, den die 2500 Schüler und 200 Lehrer allmorgendlich nach der zweiten Stunde absolvieren, habe damit nichts zu tun. Übrigens kein Tai-Chi, der kleine Einblick sieht eher nach dem Erbe von Turnvater Jahn aus. www.schulmusik-online.de

 

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