Einzelkämpfer

„Funk ex machina“ von Johnny Lloyd auf Kampnagel

Hamburg, 21/01/2011

Fünf Männer und eine Frau – sechs Individuen mit jeweils eigenem Hip-Hop-Bewegungsrepertoire: schnelle Schrittfolgen (meist am Platz), locker flexible Arm- und Handführungen, roboterhaft ruckartige Verschiebungen der Gliedmaßen und des Oberkörpers, plötzliche Dynamikwechsel. Die Bühne (Oliver Helf) ist leer geräumt bis auf drei zu Auftritten und Abgängen in den Raum gebaute Gänge, eine hochgebockte Leinwand, ein Kugelpendel mit Lichtern und den beiden Musikern im Hintergrund. Durch die Kleidung (Bent Angelos Jensen), teils mit losen Hosenträgern, tief hängendem Hosenboden, gestreiften Oberteilen sind die Protagonisten deutlich voneinander zu unterscheiden.

Herausragend: Robozee setzt mit einem Solo auf einem Gangdach Maßstäbe. Gewissermaßen knochenlos verwandelt er seinen Körper in einen Roboter, durch den Schübe von bewusst maschinenartig abgehackten Bewegungen laufen. Beinah noch faszinierender, virtuoser gestaltet er eine atemberaubend rasante Hände- und Fingerfolge im Spotlicht und abgefilmt auf der Leinwand. Diese Intensität erreichen seine vier Mitstreiter zwar nicht, brillieren aber dennoch mit gekonnten Soli. Die Bühnenspannung halten sie im Gegensatz zu Robozee nicht durch, die Frau spielt im Männerreigen kaum eine Rolle, agiert meist am Rande, wird letztlich mit der Parodie einer klassischen Variation abgespeist.

Rapper Sammy Deluxe steuert textliche Einschübe über die Unzulänglichkeiten des menschlichen Miteinanders bei. In die Aktion eingebunden wird er nicht. Ebenso wenig wie der unmotiviert auftretende Beatboxchor, dessen vokaler Beat rasch in ein Solo mündet. Abgang ohne Nachwirkung. Die Musik (+ Live Sampling) wird fantasievoll und auf die Stimmung genau von Sebastian Winkler und Sven Kacirek eingespielt, der Tonfarbenreichtum und die Rhythmusvarianten lassen aufhorchen.

Daraus ließe sich choreografisch mehr machen als Johnny Lloyd in der Lage war. Er schafft zu kaum einem Moment die Vernetzung der Tänzer, geschweige denn das hoch gestochene Ziel (Programmzettel), mittels einer „anarchischen Kunstform“ die „Erinnerungen an das Menschliche“ theatralisch darzustellen. Seine Tätigkeit scheint sich auf das Arrangieren von Auftritten und Abgängen beschränkt zu haben. Die Einbindung der Individuen mit ihren jeweiligen tänzerischen Besonderheiten gelingt kaum, meist splittert sich die Szene auf zu isolierten Einzelaktionen, die eingestreuten synchronen Abläufe mit zwei, drei oder mehreren Tänzern verdichten sich nicht zu starken Höhepunkten. Die Reihenfolge wirkt daher so beliebig wie die Nutzung des Bewegungsreservoirs. So ist „Funk ex machina“ ein streckenweise unterhaltsamer Abend mit zu vielen Spannungslöchern ohne kraftvolle Richtungslinie.

Weitere Vorstellungen: 21.1. bis 23.1., 19:30 Uhr Kampnagel - K6

www.kampnagel.de

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