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Fotoblog von Dieter Hartwig
Nicht so leicht, als Künstler Eigenes zu finden, sich gegen Konkurrenten zu behaupten. In dieser Situation sind die meisten der jungen TänzerChoreografen, die bei den Tanztagen in den Sophiensaelen ihre Chance nutzen. Dumm nur, dass man von einem Jubiläum, hier der 20. Ausgabe des beliebten Formats, etwas Besonderes erwartet. Das erhöht den Druck auf die Teilnehmer, und dem waren sie an diesem Abend mit seinen zwei Vorstellungen nicht gewachsen. Er begann im Hochzeitssaal, der meist dem Experiment gehört. Über das kamen beide Beiträge nicht hinaus.
Tanz und Choreografie in Athen, Arnhem, Montpellier, London hat Elpida Orfanidou studiert, kann einen Abschluss in Klavierspiel und Pharmacie vorweisen. Seit 2009 lebt in Berlin und stellte ihr Solo „Of High Importance“ vor. Zu leisem Wummmern vom Band betritt sie die Szene, schreitet die ausgiebig ab, setzt sich auf einen Hocker. Und redet. Ein paar Bröckchen Tanz streut sie ein, mit klassischem Gestus, redet wieder, diesmal ins Mikro. Mehr, sagt sie, fordere die Kritik von ihr. Das stimmt. Gänge im Raum, Abgänge, neues Eintreten – das war’s. Sie redet, bleibt körperlich sprachlos, könnte aber wohl, wenn sie wollte. In dieser Performance jedoch bleibt sie unter ihren gefühlten Möglichkeiten, offeriert Bonusmaterial. Zerkautes, gedehntes Absingen eines Elvis-Hits, Lesen von Aphorismen großer Geister, von Landsmann Aristoteles bis Oscar Wilde, Spiel mit rotem Tuch – all das unfertig und zusammenhanglos. Witzig ist nur bedingt, wenn die Versuche, etwas anzufangen, an der falschen Musik, dem unrichtigen Licht scheitern. Bedeutung ist Orfanidou, groß und nicht ohne Ausstrahlung, mit ihrem scheinbaren Verhindertsein noch schuldig geblieben.
Etwas besser konnte sich das israelisch-schweizerische Duo Mor Demer & Sandra Wieser präsentieren. „Based On A True Story“ konfrontiert, ebenfalls eine knappe halbe Stunde, zwei Frauen mit bewusst scheußlichen Kleidern in der Improvisation. Auch sie singen, setzen jedoch mehr auf Bewegung. Robben, stürzen, klammern, rempeln, hauen sich die Beine weg, bringen sich zu Fall. Ein paar Tanzfetzen reichen dann doch nicht, zumal viele Ideen nur angerissen, nicht aber durchgeführt werden. Sich die Schuhe abzunehmen ist noch kein Schluss. Schade um sichtbar verschenkte Potenzen.
Vor großem Auditorium durfte sich Eva Burghardt präsentieren. Wie fast alle Abende der Tanztage war auch ihr Solo „Shut up and love me“ im Hochzeitssaal ausverkauft. Und fing gut an. Als Zuschauer blickt man auf eine leere, von unten bestrahlte und deshalb scheinbar schwebende Stuhlreihe, ahnt, es würde um Theater auf dem Theater gehen. Über einem fahrbaren Rundpodest als Zentrum hängt ein Mikrofon. In blauem Glitzerkleid betritt die Tänzerin, Studium in Salzburg und New York, ansässig jetzt in Berlin, den Raum, stürzt, bleibt lange liegen. Schaurigschön tönt dazu vom Band ein Uralt-Country-Song. Im zweiten Anlauf, mit Sturzhelm, schafft Burghardt auf kleinem runden Rollbrett den Weg zur Mitte, begrüßt das Publikum, will wie Orfanidou mehr Licht und redet: Wie sehr sie sich nun freue und dass in der Zeit der Vorstellung sicher irgendwo ein Kind geboren und ein Mensch sterben werde. Immer wieder zitiert sie eine Armführung des klassischen Tanzes, kippt hintüber ab, weiß vom Schmerz in den Schulterblättern zu berichten und von einer Frau im Supermarkt, die in einer Blutlache liege. Auch hier kommt nichts zur Auflösung. Burghardt erhebt das aber zum Prinzip: Sie sei am Anfang immer am Besten, finde die Mitte sinnlos und baut so ihre Performance. Wieder und wieder tritt sie durch einen Rahmen mit Silberstreifen, um fortsetzen zu können, was ins Stocken gerät. Das ist eine Weile ulkig, wird Gameshow, jedoch unverbindlich und ohne Schärfe, und versackt unrettbar in Selbstläufigkeit, von fortwährender Umbau- und Fahraktion der Requisiten bis zum Essen aus dem Helm. Sie legt die alte Platte mit dem Country-Song auf, lauscht, will gehen, die Tür aber ist verschlossen. So findet die Performance doch noch ein Ende. 50 Minuten sind nicht die Welt, sagt Burghardt anfangs. Für sie, der man gern zusieht, war diese Welt dennoch Nummern zu groß. Weitere Gastspiele folgen.
Bis 15.1., Sophiensaele, Sophienstr. 18, Berlin
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