Falsche Versprechungen
Robert Tewsley wird heimatlos
Robert Tewsley. Dancing Beyond Borders. Tanz über alle Grenzen von Iris Julia Bührle
/img/redaktion/tewsleybuch.jpg Horst Koegler nennt ihn einen Repräsentanten der britischen Ballettdiplomatie, und vergleicht die Laufbahn von Robert Tewsley mit der eines Botschafters. Insofern passt der Untertitel ganz gut, den Iris Julia Bührle ihrer zweisprachigen Biografie gegeben hat: „Dancing Beyond Borders, Tanz über alle Grenzen“. Robert Tewsley tanzt tatsächlich in aller Herren Länder, kaum dass er jenseits und diesseits des Atlantiks auf relativ reguläre Weise Karriere gemacht hat. Allein in den letzten Jahren gastierte er in Wien in dem Ballett „Mayerling”, war als Armand in einer japanischen Version der „Kameliendame” zu sehen. Zwischendurch tanzte er in „Sylvia”- und „Carmen”-Produktionen der Römischen Oper. Nicht zu vergessen: der Auftritt auf einer Gala im Rahmen der 50-Jahre-Feierlichkeiten des Stuttgarter Balletts.
Aber der Untertitel meint natürlich mehr. Er meint künstlerische Grenzen, die der Vorzeigesolist immer wieder überwunden hat. Erzogen in den Traditionen des Royal Ballet, schien ihm das Schicksal eines Danseur noble bestimmt. Doch dann ist es Glen Tetley, der dem 21-Jährigen in Toronto etwas anderes auf den Leib choreografiert, als er es bisher gewohnt war. „Schon seit den Proben zu ‚Daphnis und Chloe‘”, räumt er im Gespräch mit der Autorin ein, „liebte ich seine Bewegungssprache und die Art, wie er den ganzen Körper der Tänzer einsetzt”.
Diese Ganzheit ist es letztlich, die ihn als Darsteller am Ende auch zu den großen Handlungsballetten befähigt. Schon in Kanada sammelt er Stuttgart entsprechende Erfahrungen in nicht eben unwichtigen Balletten wie „Giselle”, „La Sylphide”, „Schwanensee”, „Manon” oder „Romeo”. Aber erst in Stuttgart wird er zu Balanchines Apoll, zu Crankos Onegin und zu Neumeiers Armand: alles Rollen, die ebenso Gefühl wie Gestaltung verlangen. Seit seinen Stuttgarter Auftritten hat Iris Julia Bührle den Weg von Robert Tewsley verfolgt und seine Vielseitigkeit in unzähligen Gesprächen hinterfragt, die in ihrem Buch immer wieder zum Ausdruck kommt.
Großzügig bebildert, leicht lesbar und in zwei Sprachen vorgestellt, ermöglicht es die Innen- und Außenschau eines Künstlers, auf den der „Musagète” tatsächlich passt, den er einst beim New York City Ballet verkörpert hat. Schließlich sonnt sich Robert Tewsley nicht selbstherrlich in seinem Ruhm. Mit einem Arts Management Studium hat er sich vielmehr die Möglichkeit geschaffen, einmal seine Musen nicht nur nach künstlerischen, sondern auch nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu führen. Kein Zweifel, über kurz oder lang wird man ihm als Direktor einer Ballettkompanie wieder begegnen, und den Chef zu spielen, wird sicher genauso grandios gelingen wie noch jeder Auftritt auf der Bühne.
Iris Julia Bührle: Robert Tewsley. Dancing Beyond Borders. Tanz über alle Grenzen. Zweisprachig Deutsch – Englisch. Königshausen & Neumann, Würzburg. 29,80 Euro Buch bei Amazon bestellen!
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