„Giselle“ von David Dawson

„Giselle“ von David Dawson

Willkommen und Abschied

Courtney Richardson ist die neue Giselle, Natalia Sologub und Yumiko Takeshima verabschieden sich mit dieser Partie vom Semperoper Ballett

Großer Abend in Dresden. Die Wiederaufnahme von David Dawsons „Giselle“ nach Théophile Gaultier hat das Flair einer Premiere. Das Opernhaus ist ausverkauft, viele junge Zuschauer, begeisterter Szenenapplaus, Ovationen am Ende.

Dresden, 10/04/2014

Großer Abend für das Ballett in Dresden. Die Wiederaufnahme von David Dawsons „Giselle“ nach Théophile Gaultier, zur Musik von Adolphe Adam, unter der musikalischen Leitung von David Coleman hat das Flair einer Premiere. Das Opernhaus ist ausverkauft, viele junge Zuschauer, begeisterter Szenenapplaus, Ovationen am Ende.

Dawson verzichtet in seinem Ballett auf so gut wie alle Nebenhandlungen, er holt das tragische Geschehen mit seinem neoklassisch grundierten Stil und seinen Erfahrungen als Tänzer in Frankfurt bei William Forsythe in die Gegenwart. Dennoch verzichtet er nicht auf den romantischen Gestus, den die Musik vorgibt. David Colemann hat eine Fassung erstellt, die dem Original des Komponisten so nahe wie möglich kommt und mit Klarheit und Transparenz überzeugt. Die Damen und Herren der Staatskapelle mit den Solisten Kai Vogler, Violine, und Johanna Kubina, Bratsche, veredeln den Abend.

Einen Temporausch im ersten Akt beim „Hochzeits-Pas de cinq“ kann sich der Dirigent leisten, denn mit Tänzern wie Alice Mariani und Jón Vallejo als Brautpaar, Cantelle Kerr, Arika Togawa und Claudio Cangialosi hat er ein Tänzerquintett mit so gewitztem wie gewieftem Charme kreiert.

Als Giselle gibt Courtney Richardson ihr Debüt, kraftvoll und selbstbewusst, wenn sie sich durch den geliebten Albrecht getäuscht sieht, mit sensiblen Momenten der Zerbrechlichkeit. Fabien Voranger tanzt den Albrecht und bietet großartige Momente, etwa in seinen Soli des zweiten Aktes. Er beherrscht Dawsons Stil der hoch geführten Arme famos, weiß mit den gebrochenen Bewegungen umzugehen im Sinne einer Darstellung innerer Zerbrochenheit.

Es gibt noch eine Steigerung, wenn aus der ursprünglichen Korrespondenz mit der Erscheinung Giselles im Traumbild des zweiten Teiles sich ein Pas de deux der besonderen Art entwickelt, Traum und Wirklichkeit nicht mehr unterscheidbar sind.

Unbedingt zu nennen sind die Leistungen eines Tänzers wie Laurent Guilbaud als Hilarion. Auf der richtigen Seite, aber auf verlorenem Posten, Julia Weiss als Bathilde mit ihrem etwas an Mats Ek erinnernden Clan der arroganten Städter auf dem Landausflug und die hoheitsvolle, elegante Elena Vostrotina als Myrtha im Kreise der wunderbar individualisierten, verschleierten Traumwesen des zweiten Aktes.

Arne Walters Bühne mit dem hellen Halbrund für den ersten und die dunklen, verschwimmenden Begrenzungen unterm schweren Mond im zweiten Teil bieten so etwas wie den schützenden Raum für diesen am Ende so lichtvollen Abend. Zur Uraufführung vor fünf Jahren war Yumiko Takeshima die Giselle, von ihr sind auch die Kostüme dieser Inszenierung: Jene geheimnisvollen Schleier im nächtlichen Bild und die so feinsinnigen Farbabstufungen der Kleider für die Tänzerinnen und einer gewisse Lässigkeit bei aller Korrektheit für die hochzeitsfestmäßig fein gemachten jungen Männer.

In der Aufführung am 22. April wird sich Yumiko Takeshima als Giselle von der Bühne als Tänzerin verabschieden. Sie ist glücklich, dass diese Rolle für sie kreiert wurde. Daher beinhalte sie viele persönliche Einflüsse. „Ich muss Giselle nicht spielen, eigentlich tanze ich mich selbst.“ Befragt man sie zu ihren Jahren in Dresden, sagt sie, dass diese für sie bedeutend waren - „kreativ, herausfordernd und inspirierend zugleich“. Auch Natalia Sologub war in dieser Rolle zu sehen. Sie wird sich ebenfalls als Giselle, in der Vorstellung am 17. April, von der Bühne verabschieden. Für sie ist diese Partie eine ganz besondere: „Ich bin angetan von der Dramatik der Geschichte in der etwas zu spüren ist von der Macht der Liebe, die im Stande ist, alles zu vergeben und jedes Hindernis zu überwinden“, sagt sie. Künftig werden beide Tänzerinnen andere Schwerpunkte setzten, aber an eine Abkehr vom Tanz, vom Ballett, von der Bühne, ist nicht zu denken. Dazu Natalia Sologub: „Meinen Schwerpunkt möchte ich auf das Unterrichten legen und mein Wissen an die kommende Generation weitergeben, jedoch gab es auch schon Angebote für eine Rückkehr auf die Bühne.“ Yumiko Takeshima wird in ihrer Heimat Japan als Jurorin bei Ballettbewerben tätig sein und Workshops leiten. Weiter sagt sie: „Ich werde mich vorwiegend auf meine Tanzbekleidungslinie »Yumiko« konzentrieren und freue mich schon darauf, viele neue Designs vorzustellen. Zudem sind schon spannende Projekte im Bereich des Kostümdesigns in Planung, unter anderem auch gemeinsam mit David Dawson.“ Und nicht zu vergessen - das fügt sie hinzu - „Mein wichtigster Job ist es, Mutter zu sein.“ Wie zur Dresdner Uraufführung ist Raphaël Coumes-Marquet als Albrecht der Partner von Yumiko Takeshima bei ihrem Abschied, am 22. April, schon am 17., bei Natalia Sologub, ist es Jiří Bubeníček.

Termine: 11., 17., 20., 22.04.
 

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