The Lady and the Wise Man

Kettly Noel und Koffi Kôkô mit „Un Tango avec le Baron“ auf Kampnagel

Es ist ein Dialog zweier Körper – vor allem aber zwischen zwei starken Persönlichkeiten. Die grazile, bildschöne Kettly Noel und der in Benin und Frankreich lebende Voodoo-Priester, Tänzer und Choreograf Koffi Kôkô, beide alterslos, beide von einer expressiven Stärke, die man in dieser Art selten sieht.

Hamburg, 06/04/2014
Eine Frau in einem weißen langen Kleid. Ein Mann im schwarzen Shirt, schwarzen Hosen und weißem Frack-Oberteil schreiten langsam auf ein mit weißem Ballett-Teppich ausgekleidetes Bühnen-Rechteck. Sie steigen auf zwei weiße Würfel, die wie kleine Podeste im hinteren Bühnendrittel angeordnet sind, dem Publikum wenden sie den Rücken zu. Auf einer großen weißen Fläche, die die Bühne zum hinteren Raum hin begrenzt, werden Menschen projiziert – das im Raum sitzende Publikum. Die beiden Künstler sprechen es auf Französisch an. Nach einiger Zeit drehen sie sich um, auf der Leinwand hinter ihnen erscheint ein Film, in dem sie leicht verfrüht genau die Gesten machen, die sie jetzt auf der Bühne zeigen, ein präsidiales Gehabe, das man von Staatsmännern und gekrönten Häuptern kennt. Schließlich steigen sie herab von ihren Podesten und beginnen – jeder für sich – durch den Raum zu tanzen.

Mit diesem Entrée beginnt „Un Tango avec le Baron“, das Kettly Noel und Koffi Kôkô auf Kampnagel zeigten. Es ist ein Dialog zweier Körper – vor allem aber zwischen zwei starken Persönlichkeiten. Die grazile, bildschöne Kettly Noel und der in Benin und Frankreich lebende Voodoo-Priester, Tänzer und Choreograf Koffi Kôkô, beide alterslos, beide von einer expressiven Stärke, die man in dieser Art selten sieht. Gut eine Stunde lang entfalten sie über ihre immer wieder variierende Bewegungssprache einen Dialog zwischen einer mal keck-frivolen, mal überheblich-gelangweilten Lady und einem weisen, jung-alten Mann. In seinem Witz und ebenso in seiner Melancholie, vor allem aber in seiner Tiefe, die in Mimik und Gestik der beiden Tänzer zum Ausdruck kommt, ist das bestechend schön.

Der 'Baron', das ist eine "Anspielung auf den 'Baron Samedi', einem Geistwesen aus der Voodoo-Tradition, das mit Transformation, Leben und Tod in Verbindung gebracht wird", wie der Programmzettel verrät. Das weibliche Alter Ego dazu ist 'Madame Brigitte', Herrin über Gräber und Friedhöfe. Das Ganze hat allerdings so gar nichts Nekrophiles, das ist viel mehr Leben und Lebenlassen, und natürlich auch Sterben und Sterbenlassen. Aber immer überspannt von einer gelassenen Heiterkeit und Liebe. Was zum Schluss dann auch seinen Ausdruck darin findet, dass beide eng umschlungen in einer Art Walzer ins Dunkel verschwinden.

Kettly Noel und Koffi Kôkô werden begleitet von dem Kölner Musiker und Jazztrompeter Udo Moll, der via Computer diverse Geräusche einspielt, aber auch einen Tango und diverse andere Musikstücke. Und zwischendurch greift er selbst zu seiner Trompete. Eine Menage à trois, wie sie kongenialer kaum sein könnte.

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