Éric Trottiers und Karel Vaněks „Endless Refill“

Éric Trottiers und Karel Vaněks „Endless Refill“

Adel verpflichtet!

Pick bloggt: Éric Trottier & Karel Vaněk erhalten Stuttgarter Tanz- und Theaterpreis

Das Stück „Endless Refill“, dass ich am Theater Felina-Areal in Mannheim von den beiden sah, hat Biss und alle möglichen Facetten zwischenmenschlicher Freundlichkeiten bis Brutalitäten.

Mannheim/ Stuttgart, 27/04/2015

Dass ich ein Theaterfan bin, hat sich ja sicher inzwischen rumgesprochen – was nicht heißt, dass ich dem Tanz abhandengekommen wäre. Wenn ich ins Theater gehe, möchte ich gerne einen spannenden Abend erleben und das mag primitiv klingen, aber sei's drum: „L'art pour l'art“ kann nur bedingt befriedigen, von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Worüber ich berichten will, ist nicht für ein Theatergebäude ersonnen worden, sondern für ein Fabrikgelände, das die Kultur in Beschlag genommen hat. Und trotz des fehlenden Plüschs und weiß-goldenen Dekors ist dabei ein „Theater at its best“ herausgekommen. Die Koproduktion „Endless Refill“ (Černá Vaněk Dance & La_Trottier Dance Collective mit der Bühne Brotfabrik Bonn und dem Theater Felina-Areal Mannheim) der Choreografen Éric Trottier und Karel Vaněk für vier Männer, zu denen die Choreografen selbst als „Altersopfer“ zählen und die im vollen Saft stehenden Tänzer Lukás Lepold und Tobias Weikamp, ist einen tänzerischen Wettbewerb eingegangen.

Ist das etwa spannend? Ja und wie! Aber Sieger muss es nicht geben, die reiferen Herren sind zu Hochform aufgelaufen und die jungen, die sich ihrer Attraktivität mit Recht so sicher sind, dass sie nicht angeben müssen mit ihren Fähigkeiten, kosten dies bis an die Grenzen aus. Es geht auch nicht nur um irgendwelche Schritte oder Kunstfertigkeiten, die meist am Boden ausgeführt werden. Vielmehr spielt man miteinander unausgesprochene Rollen eben bis zu einem „Endless Refill“, zu einem mitreißenden Soundtrack von Jörg Ritzendorff bei feiner Beleuchtung. Das Stück – und es ist tatsächlich eins, auch wenn es keinen literarischen Hintergrund braucht – hat Biss und alle möglichen Facetten zwischenmenschlicher Freundlichkeiten bis Brutalitäten. Das Ganze ist auf einem Niveau des Nederlands Dans Theater III, auch wenn es nicht nur die ältere Generation bedient, in dieser Mischung erscheint es mir erstrebenswerter.

Wie fast immer bei solchen Novitäten bin ich mir nicht sicher, ob das alles, inklusive des vielsagenden Titels, einer Sezierung standhält. Aber wie gesagt, es ist ein spannender Tanz-Theaterabend. Und obwohl ich das eigentlich sehr selten nach einer Vorstellung tue, bin ich in die Garderobe gegangen, um den Herren zu sagen, dass dies eine ideale Visitenkarte für Tanz in Deutschland sei! Nun haben sie den Tanz- und Theaterpreis der Stadt Stuttgart bekommen, nebst einer Einladung für ein Gastspiel in den Sophiensaelen Berlin, und das ist fast ein Adelsprädikat. Man darf weiter gespannt sein was Trottier, ob mit oder ohne Vaněk und umgekehrt, sonst noch so zu bieten haben. Adel verpflichtet!

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